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Wo ist Thursday Next?

Wo ist Thursday Next?

Titel: Wo ist Thursday Next? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Fforde
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kam praktisch jeden Morgen hierher, um bei meinem Nicht-Kaffee die Zeitung zu lesen. Wenn Thursday tatsächlich vermisst wurde, schien
The Word
das nicht zu wissen. In den Schlagzeilen tauchte jedenfalls nichts davon auf. Der Leitartikel beschäftigte sich mit dem Erfolg,den die Überformate beim GattungsRat erzielt hatten. Die Überformatigen Bücher hatten sich darüber geärgert, dass immer wieder behauptet wurde, sie nähmen zu viel Platz im Regal ein. Sie hatten deshalb verlangt, als eigenes Genre anerkannt zu werden, und der GattungsRat hatte zustimmen müssen. »Wir freuen uns darauf, unsere eigene Insel beziehen zu können«, hatte ein Vertreter der Überformate gesagt. »Natürlich wird sie eine gewisse Größe haben müssen, und danach wird jetzt gesucht.«
    Speedy Muffler hatte sich über Truppenbewegungen an den Grenzen der Scharfen Romane beschwert, die er als »Aggression« bewertete. Daraufhin hatte Senator Jobsworth sofort dementiert: »Vor den Friedensgesprächen am Freitag wird es bestimmt keine Truppenbewegungen geben.«
    »Und wenn Thursday verschwunden ist«, sagte ich mir, »wird es keine Friedensverhandlungen geben.«
    »Na? Führen Sie Selbstgespräche?«
    Erschrocken hob ich den Kopf. Vor mir stand Acheron Hades, der ausgewiesene Bösewicht und Oberschurke aus dem
Fall Jane Eyre.
Im Buch war er ein irrer Mörder, der seine Freude daran hatte, Menschen mit dem Skalpell das Gesicht wegzuschneiden, aber in seiner Freizeit sammelte er Briefmarken und schrieb schrecklich schlechte Gedichte.
    »Friedensgespräche«, sagte ich und zeigte ihm die Überschrift.
    »Davon halte ich gar nichts«, sagte er. »Speedy Muffler ist ein Spieler, der volles Risiko fährt. Jede Vereinbarung am Verhandlungstisch wird am nächsten Morgen wieder gekippt. Das Einzige, womit man ihn stoppen kann, ist eine konzertierte militärische Aktion.«
    Acheron stand nicht allein mit dieser Meinung. Es gab nur noch wenige, die der Ansicht waren, es müsse auch ohne Krieg gehen. Die meisten fragten sich bloß noch, ob er wohl
live
übertragen und ihr eigenes Genre davon betroffen sein würde.
    »Wenn es zwischen der FemLit und den Scharfen Romanen zum Krieg kommt, wird Dogma bestimmt auch hineingezogen«, sagte ich trübsinnig.
    »Und Comedy auch«, bestätigte Acheron. »Sie haben gesagt, sie würden ihr Territorium bis zum letzten Kichern verteidigen.«
    Die Tür ging auf und der König und die Königin kamen herein. Sie sahen ziemlich mitgenommen von ihrer Party aus. Ich nickte ihnen zu, und sie bestellten jeder einen Cappuccino, was Paul in eine größere Panik versetzte   – ich glaube, er hatte noch nie einen Cappuccino gemacht.
    »Ach, übrigens«, sagte Acheron. »Ich finde, Carmy ist die beste Zweitbesetzung, die wir je hatten.«
    »Carmy?«
    »Äh, Carmine. Ihre Interpretation ist großartig. Werden Sie das Mädchen behalten?«
    »Ich habe   … das noch nicht entschieden.«
    »Also ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich nichts dagegen hätte«, erwiderte er. »Sie darf mich jeden Tag in der Woche besiegen.« Er starrte einen Augenblick in seine leere Tasse. »Kann ich etwas mit Ihnen besprechen?«
    »Geht es um Ihre Gedichte?«
    »Nein, um Bertha Rochester.«
    »Beißt sie wieder?«
    Acheron zeigte mir seine Hand, die blutige Bissspuren zeigte.
    »Das hat sicher wehgetan«, sagte ich. »Ich hatte Sie ja gewarnt, ihr den Maulkorb erst im letzten Augenblick abzunehmen. Andererseits stürzen Sie die arme Frau ja zu Tode. Also ein
bisschen
muss sie sich schon wehren dürfen.«
    »Ja, genau«, sagte er. »Das ist der andere Punkt: Muss sie mich unbedingt so
anklagend
anschauen, wenn ich sie vom Dach stoße? Da wird mir immer ganz komisch im Magen.«
    Im Gegensatz zu Acheron, der ganz anders war als seine Rolle, war Bertha
wirklich
verrückt. Sie war nach einem brutalen sechsundvierzig Jahre langen Dienst als Anne Catherick in der
Frau in Weiß
zu uns gekommen und jenseits jeder Genesung. Man musste unsere Bertha Rochester ständig auf dem Dachboden einsperren. Das war aus Sicherheitsgründen einfach unumgänglich.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte ich. Und nach einer Pause: »Warum   … finden Sie Carmine denn so gut?«
    »Ihre Interpretation ist respektvoll, aber von einer nervösen Anmut, die ebenso
noir
wie sensibel ist.«
    »Und Sie finden das besser als meine Interpretation?«
    »Nicht besser«, sagte Acheron diplomatisch. »Sondern anders. Das ist auch nicht falsch«, sagte er vorsichtig und schien

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