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Wo ist Thursday Next?

Wo ist Thursday Next?

Titel: Wo ist Thursday Next? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Fforde
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plötzlich eine unsichtbare Fluse auf seinem Jackett zu entdecken. »Carmine spielt Thursday einfach, nun ja, wie soll ich sagen   …?«
    »Lesbarer?«
    »Na ja, sie ist eine A4   – Sie sind eine A8.   Da erwartet man natürlich auch etwas mehr Tiefe.«
    »Vielen Dank!«
    »Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Carmine kann mit größeren Leserzahlen nicht umgehen, und falls sie das jemals lernt, ist sie sowieso weg. Dann wandert sie ab in die Hochliteratur oder ins Menschliche Drama. Ihr Job ist gesichert. Außerdem«, sagte er grinsend, »wenn es tatsächlich zu einer Abstimmung käme, wäre ich immer auf Ihrer Seite.«
    »Na, da bin ich Ihnen aber dankbar«, sagte ich trübsinnig. »Die richtige Thursday Next ist Ihnen also lieber als eine, die man besser verkaufen kann?«
    »Ja, natürlich   – und wenn wir nicht so viel gelesen werden, habe ich mehr freie Zeit und kann mehr Gedichte schreiben. Das ist ein herrlicher Luxus. Sie glauben gar nicht, wie
faszinierend
das Dichten ist.«
    Das war natürlich nicht das, was ich hören wollte, und ich war durchaus nicht unglücklich, als er nach ein paar Minuten wieder ging. Ich las in Ruhe die Zeitung zu Ende und kehrte dann zu meinem Buch zurück. Unterwegs begegnete ich unserem Requisitenmeister, der für alle beweglichen, interaktiven Gegenstände in der Serie verantwortlich war.
    »Es ist uns gelungen, Ihren Wagen zu reparieren«, sagte er. »Aber seien Sie vorsichtig damit bei der Verfolgungsjagd. WennSie einfach nur scharf bremsen könnten, ohne das viele Schleudern, wäre ich Ihnen sehr dankbar.«
    Wir unterlagen einer strengen Sparpolitik. Aus Anlass des Großen Remake hatte der GattungsRat klammheimlich die Budgetierung der Bücher verändert. Anstelle der monatlichen Pauschale pro Buch mussten wir jetzt von »Leserstipendien« leben, das hieß, für jede Lesung gab es eine bescheidene Zahlung mit einem labyrinthischen System von Boni und Prämien für die Erreichung bestimmter Ergebnisse. Theoretisch hätten wir sogar Drittmittel einwerben dürfen, aber jeder direkte Kontakt zum AußenLand war verboten.
    Dass sich die Bewohner der BuchWelt unzufrieden über das neue System zeigten, wäre die Untertreibung des Jahres gewesen. Jedes Buch, das weniger als hundert Leser die Woche hatte, wurde von einem doppelten Hammer getroffen: Einerseits fehlte das Geld, um das Handlungsgewebe und die Atmosphäre des Romans aufrechtzuerhalten, andererseits fehlte das Feedback der Leser, die diesen Umstand hätten ausgleichen können.
    Als ich schließlich nach Hause kam, hatte Pickwick bereits den Tisch zum Mittagessen gedeckt. Sie musste jedem Trend und jeder Mode in der BuchWelt nachlaufen. Neuerdings hatte sie das »Reality-Fieber« erfasst. Sie bestand darauf, dass wir uns jeden Tag an den Mittagstisch setzten, obwohl es gar nichts zu essen gab und wir auch nichts brauchten. Sie versuchte auch durchzusetzen, dass wir Gesellschaftsspiele spielten   – jeden Abend. Das wäre noch nicht mal so schlimm gewesen, wenn sie nicht unbedingt bei jedem Spiel hätte gewinnen wollen. Und einem Dodo dabei zuzusehen, wie er bei
Fang-den-Hut
zu betrügen versucht, ist nicht gerade lustig.
    Carmine saß in der Küche und sah etwas grün um die Kiemen aus. Auf dem Kopf hatte sie einen Eisbeutel. Pickwick hockte auf dem Büfett und versuchte ein fertiges SuDoKu wieder auseinanderzufieseln, während sie Carmine wütende Blicke zuwarf.
    »Gibt’s Probleme?«, fragte ich.
    »N-n-nein«, stöhnte Carmine. »Ich g-g-glaube, *ich* habe*gestern* N-n-nacht bloß ein *bisschen* viele B-b-bindestriche geraucht.«
    Sie stöhnte, schloss die Augen und drückte sich den Eisbeutel noch etwas fester auf den Scheitel.
    »Wenn Sie bei der Arbeit high sind, kriegen Sie Ärger«, sagte ich in pädagogischer Empörung. »Und ich, als Ihre Ausbilderin, auch.«
    »Ja, ja«, murmelte Carmine mit fest geschlossenen Augen. »Es wird schon. ¿Aber k-k-können Sie *bitte* dieses S-s-spatzenhirn da-dazu bringen, den Schnabel zu halten?«
    »Entschuldigen Sie«, sagte Pickwick hochfahrend, »aber hat dieses bekiffte Flittchen von mir geredet?«
    »¿Wieso? G-g-gibt’s hier *noch* ein anderes S-s-spatzenhirn!?«
    »Okay, okay«, sagte ich. »Beruhigt euch mal, ihr beiden. Was ist das Problem?«
    »¡Das S-spatzenhirn *besteht* darauf, mich anzustarren *und* zu s-s-seufzen!«
    »Stimmt das?«
    Pickwick plusterte sich beleidigt auf. »Sie hat einen Kobold mit nach Hause gebracht! Die Mistkerle machen bloß Ärger.

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