Wo ist Thursday Next?

Titel: Wo ist Thursday Next? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Fforde

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ist unmittelbar nach dem Großen Remake auf den Markt gebracht worden«, sagte der Wachmann. »Aber gesehen hab ich noch keinen.«
    »Die müssen ziemlich überstürzt in Produktion gegangen sein«, sagte Sprockett. »Das ist nicht ohne Risiko, wenn sie noch in der Erprobungsphase sind.«
    Ich machte Sprockett den Vorschlag, sich in das nächstgelegene Stubbs zu setzten und einen oder zwei Kaffee nicht zu trinken, bis ich zurückkam, was er dankbar annahm.
    Ich trug mich ins Gästebuch ein, ließ eine Risikobewertungüber mich ergehen, die mir »Löschung, geschwollene Knöchel oder Ertrinken« in Aussicht stellte, und erhielt einen Besucherausweis. Dann durfte ich über den Kiesweg zum Haus gehen. Da ich mich jetzt innerhalb des Buches befand, war der Blick nach oben anders als draußen. Statt des gekrümmten Innenraums der Kugel, in dem alle möglichen Bücher herumflogen, waren hier nur weiße Wolken zu sehen, die über den blauen Himmel zogen. Die Bäume wiegten sich leise im Wind, und die Blumenrabatten bildeten eine delikate farbige Symphonie. Das war eine der schönsten Eigenschaften des LeserFeedbacks. Wenn Leser ein Buch nach ihren eigenen Vorstellungen ausschmücken, kommt immer das Wetter zuerst, dann kommen die Farben, die Symmetrie, Bäume, Bauwerke und ihre Einrichtung und schließlich die Haptik. An den Gesang der Vögel denken die Leser meist nicht, deshalb muss dieser auch heute noch eigens bereitgestellt werden. Da ich mich in einem der ungelesenen Bereiche des Buches befand, waren die Vögel allerdings nicht im Einsatz oder bevölkerten vielleicht sogar einen anderen Roman. Auch bei den Klassikern herrscht eine gewisse Ökonomie; die Austen-Vögel und die Brontë-Vögel sind ein und dieselben – wenn Sie genau hinhören, werden Sie’s merken.
    Ich erreichte den Eingang des Schlosses und nannte dem Türsteher, der weitestgehend wie ein Frosch aussah, meinen Namen. Er starrte mich lange an und riss seine gewaltigen Augen dabei so weit auf, dass ich mein Taschentuch bereithielt, für den Fall, dass sie ihm herausfallen sollten. Das taten sie dann aber doch nicht, und nachdem er eine Minute lang nachgedacht hatte, schien er sich zu entspannen und sagte: »Sie sehen ihr wirklich sehr ähnlich, nicht wahr?«
    Und du siehst aus wie ein Frosch, dachte ich, unterließ es aber, ihm das zu sagen.
    »Sie sind seit langem der Erste, der mich nicht mit ihr verwechselt«, sagte ich. »Wie haben Sie es gemerkt?«
    »Die echte Thursday hat mich immer ignoriert und ist einfach wortlos an mir vorbeimarschiert«, erwiderte er. »Also nicht arrogantoder so, sondern irgendwie respektvoll. Aber gesagt hat sie nie was.«
    »Werden Sie oft ignoriert?«
    »Ja, und zwar nicht nur von gewöhnlichen Leuten. Wissen Sie, ich bin schon von einigen der ganz Großen ignoriert worden.« Dann zählte er an die zwanzig Prominente auf, die ganz regelmäßig so taten, als wäre er Luft. Besonders begeistert war er von David Copperfield, den er schon fast dreihundert Mal begleitet hatte, »ohne je eines Blickes gewürdigt zu werden«.
    »Das muss doch ziemlich kränkend sein.«
    »Nein, keineswegs. Ich bin Lakai«, erklärte er. »Unsichtbar zu sein ist der zentrale Punkt unserer Ausbildung. Richtig ignoriert zu werden ist eine Kunst, der eigentliche Maßstab für unser berufliches Können. Mein Vater stand siebenundsechzig Jahre lang in Diensten des ersten Lord Spongg und ist nicht
einmal
beachtet worden. Er ist als glücklicher Mann gestorben, der seinen Auftrag im Leben erfüllt hatte.«
    Der Frosch-Lakai lächelte stolz. »Wenn man von den Mächtigen der BuchWelt ignoriert werden will«, sagte er, »dann ist man hier an der richtigen Stelle.«
    »Da haben Sie wirklich Glück«, sagte ich, um ihn bei Laune zu halten. »Manche Leute werden nie ignoriert.«
    »So sehe ich das auch«, sagte er, leckte genüsslich an seinem Bleistift und prüfte sein Klemmbrett. »Und was ist der Grund für Ihren Besuch?«
    »Ich habe einen Termin bei Mr Lockheed vom Verkehrsunfalldienst.«
    Der Frosch-Lakai konsultierte die Liste auf seinem Klemmbrett.
    »Korrekt. Hier entlang, bitte.«
    Die riesige Eingangshalle war leer, bis auf einen runden Mahagonitisch in der Mitte, auf dem eine Vase mit Blumen stand. Der Weg zu Herrings Abteilung führte uns am Ballsaal vorbei, in dem die Jurisfiktion-Agenten ihr Briefing erhielten. Von hier aus wurden sie in alle Ecken der BuchWelt geschickt, wo sie sich mit mörderischen Gegnern herumschlagen und