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Wo ist Thursday Next?

Wo ist Thursday Next?

Titel: Wo ist Thursday Next? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Fforde
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erreichen sei.
     
    »Sie ist immer noch nicht da«, sagte ich, als ich in die Küche kam. »Vielleicht kann ich heute Nachmittag mit ihr reden, wenn ich Commander Herring den Bericht vorbeibringe. Findet ihr, ich bin richtig angezogen für Whitby, oder soll ich   …«
    Ich verstummte, weil etwas nicht stimmte. Sprockett und Mrs Malaprop schauten mich an wie enttäuschte Eltern.
    »Sagen Sie es ihr«, verlangte Mrs Malaprop.
    »Es geht um Whitby«, sagte Sprockett.
    Ein schrecklicher Gedanke erfasste mich. Da wir uns in der Fiktion befanden, endeten lange unerfüllte Romanzen oft mit einer Tragödie, ehe sie überhaupt anfingen. Was dann unweigerlich zu lebenslangen Grübeleien darüber führte, was hätte sein können. Solche zähen und letztlich immer ergebnislosen Selbsterforschungen füllten Hunderte von Büchern. Die Aussicht darauf war noch weitaus schlimmer als ein tatsächliches Ende Whitbys.
    »Ist er tot?«
    »Nein, Ma’am, tot ist er nicht. Vor zwei Minuten war er jedenfalls noch ziemlich lebendig.«
    »Er ist hier gewesen? Warum ist er denn nicht mehr da?«
    Sprockett hüstelte höflich. »Es tut mir leid, das sagen zu müssen, Ma’am. Ich musste Mr Jett wegschicken.«
    Ich starrte ihn fassungslos an und konnte gar nicht glauben, was ich da hörte. »Warum haben Sie denn so was gemacht?«
    »Ma’am, ich muss Ihnen leider sagen, dass er Ihrer nicht würdig ist.«
    »Was?«
    Er gab mir einen Zeitungsausschnitt, der ungefähr zwei Jahre alt war. »Ich muss Sie dringend bitten, das zu lesen, Ma’am, auch wenn es schmerzlich für Sie sein sollte.«
    Also las ich den Zeitungsausschnitt.
    »Als Reporter bedaure ich zutiefst, Ihnen von einer Untat berichten zu müssen«, hieß es in dem Artikel, »die so scheußlich ist, dass daneben die schlimmsten Horrorgeschichten verblassen. Letzten Dienstag hat ein Unbekannter einen Autobus mit Nonnen in Brand gesetzt, die auf dem Weg waren, zwölf elternlose junge Hunde zu einem ›Wer-hat-den-schönsten-Welpen?‹-Wettbewerb zu bringen. Bedauerlicherweise ist der herzlose und abscheuliche Täter noch immer flüchtig und auf freiem Fuß   …«
    Verwirrung und Enttäuschung stiegen aus meiner Brust auf, und ich konnte nicht weiterlesen. Whitbys Name wurde in dem Artikel zwar nicht erwähnt, aber das beigefügte Foto des Mannes, den Jurisfiktion in diesem Zusammenhang gern befragt hätte, ließ keinen Zweifel, um wen es sich handelte. Es zeigte einen teuflisch grinsenden Whitby Jett mit einem Zwanzig-Liter-Kanister Benzin.
    Ich wusste nicht, was schlimmer war   – dass Whitby offenbar Dutzende von Nonnen verbrannt hatte oder dass ich mich endlich dazu aufgerafft hatte, mit ihm essen zu gehen, und mir dann in dieser Art der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.
    »Ist das wirklich wahr?«
    »Ich fürchte, ja. Es tut mir leid, Ma’am. War es falsch von mir, ihn wegzuschicken?«
    Ich seufzte und starrte auf den Bericht, den ich immer noch in der Hand hielt. »Nein, es war richtig. Rufen Sie doch bitte einTaxi. Ich werde Herring das erzählen, was er hören will. Dann ist heute wenigstens einer glücklich. Wenn Sie wollen, können Sie mitkommen.«
     
    Ich brauchte zwanzig Minuten, um Carmine aus ihrem Schlafzimmer zu locken. Ich sagte ihr, es wäre alles nicht so schlimm, weil Sprockett den Kobold gefangen und die Beute gerettet habe. Auf diese Weise sei Horace
technisch
gar nicht wirklich ein Dieb. Ich musste ihr sogar sagen, dass er   – für einen Kobold   – gar nicht so übel aussehe. Und nein, er habe ihr bestimmt nicht nur deshalb so nette Dinge gesagt, damit sie ihn reinlässt. Im Übrigen habe sie heute Nachmittag Buchdienst, weil ich jetzt wegmüsse.
    »Ja, okay, gut«, sagte sie, wollte mich aber nicht ansehen. Als ich das Haus verließ, starrte sie immer noch voller Wut auf die gemusterte Tapete im Wohnzimmer.

12.
Jurisfiktion
    Fast wäre das Große Remake schon in der Planungsphase beerdigt worden, weil das Budget der BuchWelt wieder einmal völlig überzogen war. Aber dann war Unterstützung von völlig unerwarteter Seite gekommen. Eine regelrechte Epidemie von trickreicher Buchführung im AußenLand machte es nötig, dass in der Fiktion ein neues Genre geschaffen wurde: Kreative Buchführung. Obwohl am Anfang manche behaupteten, das sei doch eigentlich »gar kein richtiges Genre«, erwiesen sich die neuen BuchWelt-Bewohner als äußerst nützlich. Dank ihrer Fähigkeit, aus dünner Luft Billionen-Gewinne zu machen, konnte das Große Remake wie

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