Wo Licht im Wege steht
glauben Sie, hat er mit Ihrer Tante eigentlich vor?«
»Ich vermute, daß er ihr etwas verkaufen will.«
»Sie erzählten Bertha Cool, Sie befürchten, er werde ihr Aktien verkaufen?«
»Ja, das sagte ich ihr.«
»Es würde Sie nicht stören, wenn er Ihre Tante zu einer kleinen finanziellen Transaktion veranlassen könnte?«
»Mr. Lam«, sagte sie nachdrücklich, »wenn es diesem Herr nur darauf ankäme, meiner Tante zwanzig- oder dreißigtausend Dollar abzuluchsen, dann würde mir nicht sehr viel daran liegen. Was ich jedoch befürchte, ist, daß sich Tante Amelia allzusehr mit ihrem Herzen engagiert. Sie verstehen? Und das wird sie wesentlich teurer zu stehen kommen.«
»Sie glauben, er gibt vor, ernsthafte Absichten zu haben?«
»Ja.«
»Würde Ihre Tante wieder heiraten?«
»Ich glaube schon, unter gewissen Umständen. Sie... Nun, sie treibt es allmählich mit ihren Flirts reichlich weit, und es gibt da einen gewissen Punkt, wo es beginnt, geschmacklos zu werden, und...«
»Ich verstehe schon, was Sie sagen wollen.«
»Was konnten Sie denn inzwischen herausfinden?« fragte sie dann. »Hat sich gestern etwas ereignet?«
»Nein, ich folgte ihm bis in sein Hotel.«
»Wie heißt er? Und wo wohnt er?«
»Sein Name ist Thomas Durham, und er wohnte im Westchester-Arms-Hotel. In der vergangenen Nacht zog er aus.«
»Er zog aus?«
»Ja.«
»Und wohin?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie sind ja wirklich ein tüchtiger Detektiv!«
»Einen Augenblick bitte! Ich hatte eine Anweisung, diesen Mann zu beschatten, um festzustellen, wo er wohnt und wer er überhaupt ist. Das war alles. Sie hatten keine ganztägige Beobachtung gefordert und bezahlten auch nicht dafür!«
»Aber ich wünschte ein bißchen mehr über ihn zu erfahren.«
»Das werden Sie schon noch«, beruhigte ich sie. »Ich finde ihn schon wieder.«
»Weshalb er auszog, weiß man nicht?«
»Nein. Aber ich werde es herausbekommen. Und gerade dazu müssen Sie mir noch einige Informationen geben.«
»Also fragen Sie!«
»Wir wollen mit Ihnen beginnen. Sie waren verheiratet?«
»Ja.«
»Und was wurde aus Ihrer Ehe?«
»Sie ging in die Brüche.«
»Wer war der Mann?«
»Ein gewisser Bushnell, wie Sie selbst vermuten dürften. James Bushnell. Mrs. Bushnells kleiner Junge, Jimmy.«
»Oh«, sagte ich, »der gute kleine Jimmy! Nun - und was war so schlecht an ihm?«
»Ach, dies und jenes und ein bißchen von allem möglichen!«
»Wie lange leben Sie nun schon allein?«
»Ein Jahr.«
»Werden Sie von ihm unterhalten?«
»Was geht das Sie an?«
»Nun, ich darf doch wohl fragen.«
»Und ich gab Ihnen bis jetzt die Antworten.«
»Sind Sie finanziell von Ihrer Tante abhängig?«
»Nein.«
»Haben Sie noch andere Verwandte?«
»Nein.«
»Mit anderen Worten, Sie sind Tantchens einzige Erbin?«
»Ich nehme an, daß ich nach ihrem Tode ihre Erbin sein werde, aber natürlich kann sie mit ihrem Vermögen tun, was sie will.«
»Sehr aufschlußreich sind Ihre Antworten gerade nicht.«
»Ich beantworte Ihre Fragen, so gut ich kann.«
»Aber freiwillig sagen Sie kein Wort mehr.«
»Ich habe doch Sie beauftragt, mir Informationen beizubringen, nicht umgekehrt.«
»Mir erscheint Ihre Haltung Ihrer Tante gegenüber ziemlich distanziert.«
Ihre Stimme war voller Wärme, als sie antwortete. »An mir liegt das nicht. Sie ist meine einzige Verwandte, und sie steht mir nahe. Zeitweise vermißt sie mich. Dann hat sie wieder diesen Männerfimmel. Bisher hat sie stets eine neue Heirat abgelehnt, weil sie glaubte, man habe es nur auf ihr Geld abgesehen. Sobald sie allein ist, ruft sie mich und wünscht, daß ich mit ihr zusammen bin. Vor einigen Wochen hatte sie einen Autounfall, und seither hat sie ab und zu Ischiasanfälle. Sie glaubt, daß sie von den Verletzungen bei dem Unfall herrühren. Sie macht eine Riesengeschichte daraus und sitzt in einem mit Luftkissen gepolsterten Rollstuhl.«
»Und was sagt die Versicherungsgesellschaft?«
»Sie denkt, der Unfall sei durch sie verschuldet.«
»Und sie ist ein bißchen mannstoll?«
»So kann man es ausdrücken.«
»Dann sieht es allerdings schlecht aus. Wenn ihr auch ein kleiner finanzieller Verlust nichts schaden würde...«
»Sicher nicht, aber ich weiß nicht, was sie sich diesmal vorstellt. Ich kann sie einfach nicht verstehen, das heißt, einerseits kann ich es schon begreifen, aber ich kann es nicht...«
»Billigen?« fragte ich.
»Wer bin ich schon, daß mich jemand um mein Urteil
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