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Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition)

Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition)

Titel: Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Engström
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einem Weg gesucht hatte, um sich an ihrer Schwester zu rächen. Finja hatte gewusst, dass Greta früher einmal heimlich in ihn verliebt gewesen war. Ihn zu heiraten musste ihr wie die ultimative Vergeltung erschienen sein: Sie nahm sich den Mann, nach dem Greta sich so lange aus der Ferne verzehrt hatte.
    Auge um Auge, Zahn um Zahn.
    Sander atmete tief durch und zwang sich, den Zorn, der wie ein alles verzehrendes Feuer in ihm aufloderte, niederzukämpfen. Das war lange her, und er hatte Finja für diese Demütigung büßen lassen, indem er sie mit Nichtachtung strafte und sich ganz und gar in seine Arbeit vergrub. Vielleicht sollte er langsam einmal fragen, ob er sie nicht all die Jahre in einem allzu negativen Licht betrachtet hatte.
    Auch wenn ihr Verhalten von damals sicher nicht zu entschuldigen war – Menschen machten nun einmal Fehler. Und die Tatsache, dass sie sich so liebevoll und fürsorglich um Linus kümmerte, bewies doch, dass sie auch durchaus positive Eigenschaften besaß.
    Dennoch konnte er nicht so einfach aus seinem Gedächtnis streichen, was damals geschehen war. Die Erinnerungen hatten sich in sein Herz und in seine Seele gebrannt. Wenn man jemanden wirklich liebte, wog ein Verrat umso schwerer. Sander sann schon lange nicht mehr auf Rache – aber vermochte er deshalb einfach so zu vergeben und zu vergessen?
    Er wusste es nicht.
    Mit einem vernehmlichen Räuspern machte er Finja und den Jungen auf sich aufmerksam. “
Hej
, ihr zwei, da seid ihr ja!” Er wandte sich an Linus. “Na, Sportsfreund, alles wieder in Ordnung?”
    Linus wischte sich mit dem Ärmel seines Sweatshirt die Tränen aus dem Gesicht und nickte ernst. “Ja. Tante Finja hat gesagt, dass ich keine Angst haben muss, weil ihr nicht zulasst, dass ich von euch weggeholt werde. Und ich glaube ihr.”
    Sander lächelte gerührt.
    Meine Familie, dachte er mit einem Gefühl von Zufriedenheit, das eigentlich gar nicht zu seiner Situation passte. Das ist meine Familie …
    Finja und er waren füreinander nicht viel mehr als Fremde, die das Schicksal aneinandergekettet hatte. Und nach dem Auftritt von Linus’ Großeltern soeben konnte man davon ausgehen, dass ihnen auch in der Frage um die Vormundschaft des Kleinen noch einiges bevorstand.
    Trotzdem war es genau das, was er empfand.
    “Fiiiiinjaaaaaa … Finjaaaaa …”
    Erschrocken schlug Finja die Augen auf. Um sie herum herrschte Dunkelheit, in der die roten Leuchtziffern ihres Radioweckers unnatürlich grell wirkten, ohne den Raum dabei nennenswert zu erhellen.
    Zwei Uhr zweiundvierzig.
    Wie erstarrt lag Finja da und lauschte angespannt in die Finsternis. Sie vernahm die typischen Geräusche des Hauses, das wie jedes alte Gebäude seine ganz eigene Stimme besaß: knarrende Balken, ächzende Wände und ein leises Heulen und Klappern, wenn der Wind über die Fensterläden strich. Doch die geisterhafte Stimme, die sie gehört zu haben glaubte, war verstummt.
    Hatte sie sie vielleicht nur geträumt?
    Zitternd amtete sie aus. Erst jetzt merkte sie, dass sie die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte. Beruhig dich, sagte sie zu sich selbst. Du bist einfach nur überreizt und nervös – völlig normal, wenn man bedenkt, was in den letzten Wochen alles auf dich hereingestürzt ist.
    Doch das war nicht der Grund für die schlimmen Träume, die sie nun schon seit dem Einzug in ihr Elternhaus beinahe jede Nacht quälten und in denen Vergangenheit und Gegenwart sich vermischten. Dann glaubte sie wieder Audreys Stimme zu hören, die nach ihr rief. Audrey war gekommen, um sie zu sich zu holen, in ihr Reich hinter dem Fels und …
    Aufhören!
    Finja zwang sich, tief durchzuatmen, doch auch das half ihr nicht dabei, sich zu entspannen. Ihr Herz hämmerte wie wild, und jedes Mal, wenn sie die Augen schloss, sah sie Audrey vor sich.
    Und dann hörte sie plötzlich Schritte und erstarrte. Sie kamen von oben, aus dem Raum direkt über ihr. Dem Raum, der seit den Ereignissen in jener schicksalhaften Mittsommernacht nicht mehr benutzt und von ihren Eltern stets fest verschlossen gehalten worden war.
    Audreys Zimmer.
    Finja schlug eine Hand vor ihren Mund, um nicht laut aufzuschreien. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie in die Dunkelheit.
    Wie konnte das sein? Sie hatte sich, als Sander, Linus und sie hier eingezogen waren, persönlich davon überzeugt, dass die Tür zu diesem Zimmer nach wie vor verriegelt war. Sie wusste nicht, wo ihre Mutter den Schlüssel versteckt hatte und ob er

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