Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition)
hatte?
Es irritierte Sander, dass er sich diese Frage überhaupt stellte. Er durfte auf keinen Fall zulassen, dass er wieder Gefühle für sie entwickelte. Finja und er passten im Grunde überhaupt nicht zusammen, das hatte sich im Laufe der vergangenen fünf Jahre überdeutlich herauskristallisiert.
Als sie hierher nach Dvägersdal gekommen waren, war Sander fest entschlossen gewesen, diese Farce von einer Ehe baldmöglichst zu beenden. Einzig um Linus’ willen waren sie überhaupt noch zusammen – das sollte er sich besser stets vor Augen halten und versuchen zu vergessen, was zwischen Finja und ihm passiert war.
Aber wirklich daran glauben, dass ihm das auch gelang, konnte er selbst nicht.
Sander war dankbar für die Ablenkung, als sein Handy plötzlich anfing, in der Brusttasche seines Hemdes zu vibrieren. Er holte das Gerät hervor und schaute aufs Display, ehe er das Gespräch annahm. Bei dem Anrufer handelte es sich um Matthew, seinen Assistenten in New York.
“Ja, Matt, was kann ich für dich tun?”
“Dich auf dem schnellsten Wege nach Stockholm aufmachen”, antwortete dieser wie aus der Pistole geschossen. “Oder besser noch: In den nächsten Flieger nach New York steigen. Noch ist es nicht zu spät, um zu retten, was …”
“Moment”, unterbrach Sander den Redefluss seines Assistenten. “Jetzt einmal schön langsam der Reihe nach, Matthew: Was ist los?”
“Es sind Gerüchte aufgetaucht, dass wir planen, die Belegschaft von
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auf die Straße zu setzen, sobald die Tinte auf dem Übernahmevertrag getrocknet ist. Die Angestellten laufen Sturm, und die Manager sind nervös. Wenn nicht bald etwas geschieht, platzt der Deal, und die harte Arbeit mehrerer Monate war umsonst.”
“Verdammt!” Wütend und frustriert schlug Sander mit der freien Hand auf die Tischplatte. “Wie konnte das passieren, Matt? Woher stammen diese Gerüchte – und warum erfahre ich erst jetzt davon? Es ist dein Job, mich über alles, was bei dir in New York passiert, auf dem Laufenden zu halten!”
“Tut mir leid, Sander, ich fürchte, ich habe die Bedrohung einfach nicht erkannt”, erwiderte Matthew mit entwaffnender Ehrlichkeit. “Seit du weg bist, geht alles drunter und drüber. Ich war ständig damit beschäftigt, irgendein Buschfeuer zu löschen, sodass ich mich auf meine eigentlichen Aufgaben gar nicht mehr konzentrieren konnte.”
“Also gut”, sagte Sander. Er wusste, dass es unfair war, Matthew Vorwürfe zu machen. Wenn einer für die Situation, in der sie jetzt steckten, verantwortlich war, dann er selbst. “Ich rufe sofort Preston-Meyers an, um ihn zur Rede zu stellen. Als Betriebsratsvorsitzender muss er etwas gehört oder geahnt haben. Und gerade er sollte wissen, dass wir eine solche Massenentlassung gar nicht durchführen könnten, selbst wenn wir wollten.”
“Ich bitte um Verzeihung, Boss, aber ich glaube nicht, dass du es bei einem Telefonat belassen solltest. Die Leute haben das Vertrauen in uns verloren, und wir müssen dringend etwas unternehmen, um es wieder herzustellen. Wenn du nicht persönlich herkommen kannst, solltest du zumindest eine Mitarbeiterversammlung einberufen und per Videokonferenz mit den Angestellten sprechen.”
Sander nickte nachdenklich. Matthew hatte recht, der erfolgreiche Abschluss der Fusion stand auf dem Spiel. Er konnte es sich nicht leisten, untätig zu bleiben. Und im Grunde kam ihm ein guter Grund dafür, einmal für eine Weile aus Dvägersdal und damit aus Finjas direktem Umfeld zu verschwinden, ganz recht.
“In Ordnung. Ich fahre in einer Stunde los. Informiere bitte die Führungsetage von
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darüber, dass ich morgen Nachmittag per Liveschaltung von Stockholm aus zu den Mitarbeitern sprechen möchte – sie sollen alles dafür in die Wege leiten. Und um weiteren Zwischenfällen vorzubeugen, werde ich bis zum Ende der Woche in Stockholm bleiben. Meine Frau besitzt dort eine Zweitwohnung, sodass ich mich nicht einmal um ein Hotelzimmer kümmern muss.”
Er hörte, wie Matthew am anderen Ende der Leitung aufatmete. “Ich bin froh, dass du dich so entschieden hast. Es wäre mir zwar lieber, du würdest endlich wieder nach New York kommen, aber fürs Erste wird es schon gehen. Ich melde mich wieder, sobald ich die Bestätigung wegen der Mitarbeiterversammlung von
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habe.”
Sie beendeten das Gespräch. Einen Moment lang blieb Sander noch auf seinem Platz sitzen und starrte gedankenverloren ins Leere. Dann stand er auf und machte sich
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