Wo niemand dich sieht
etwas ganz Eigenartiges. Ich wollte vor Cotter nichts sagen, aber wir sind ja schließlich Berufskollegen - sozusagen.«
»Sie haben was Interessantes rausgekriegt?«
»Ja, aber ich weiß nicht, ob’s überhaupt was bedeutet. Man hat Charlie ermordet und dann sein Haus auf den Kopf gestellt. Ich hab meine Leute angewiesen, alles auf Fingerabdrücke zu untersuchen. Hab selbst alles durchsucht. Nichts. Nichts von Interesse jedenfalls. Was immer der oder die Mörder auch gesucht haben mögen, sie müssend wohl gefunden haben. Und die Mordwaffe wurde ebenfalls mitgenommen.«
Sie holte tief Luft. »Vielleicht können Sie mir ja helfen, ich werde jedenfalls nicht schlau draus. Als DocLambert mich anrief, sagte er, dass Charlie, kurz bevor er starb, noch was gesagt hat.«
Mein Herz schlug auf einmal schneller, ich weiß nicht, wieso. Ich wartete.
»Doe Lambert sagte, Charlie wäre total panisch gewesen, hätte jede Menge Zeugs vor sich hin gemurmelt, aber das Einzige, was er wirklich verstehen konnte, war: >Ein Riesending, war zu viel, dann hatten sie mich.< Dann starb er, meinte DocLambert. Kapieren Sie das vielleicht?«
»Lassen Sie die Leiche vom Gerichtsmediziner in Portland untersuchen«, drängte ich, »und zwar gleich.«
»Aber wieso?«
»Weil ich dieses komische Gefühl im Bauch hab, so ein richtiges Brennen, und dieses Brennen sagt mir, dass dieser Mord kein Zufall war. Charlie Duck wollte mit Ihnen reden. Er wollte mit mir reden. Ich wünschte, er hätte es schon gestern getan, aber offenbar glaubte er nicht, dass er in Gefahr wäre. Aber das war er. Jemand hat ihm eins über den Schädel gegeben, ein Riesending, das war zu viel für ihn, und dann hatten sie ihn.«
»Mac, aus Ihrem Munde klingt das wie ein billiger Kriminalfilm. Sie wissen schon, das Opfer versucht noch zu sagen, wer es ermordet hat, bevor es stirbt? Also, so läuft’s im richtigen Leben nicht.«
»Wer war Charlie Duck eigentlich?«
»Ein pensionierter Kriminalbeamter aus Chicago. Hat sich schon vor gut fünfzehn Jahren in den Ruhestand versetzen lassen.«
Erneut legte mein Herz einen höheren Gang ein. »Hören Sie, Maggie. Jilly rast über ’ne Klippe. Ein pensionierter Bulle wird ermordet. Vielleicht hat das eine mit dem andern ja überhaupt nichts zu tun, aber ich möchte da lieber ganz sicher sein.«
»Aber sein Tod hat doch bestimmt nichts mit Jillys Unfall zu tun. Das ist doch unsinnig.«
»Lassen Sie diese Autopsie machen. Der Name des Arztes ist Ted Leppra. Rufen Sie ihn umgehend an, Maggie. Machen Sie sich auf die Socken.«
Ein Riesending, war zu viel, dann hatten sie mich.
Was ging da vor?
Jilly war allein. Sie las Zeitung. Als sie mich sah, verharrte sie mit einem Mal vollkommen reglos. Ich war mit zwei langen Schritten bei ihr. »Was ist?«
Sie lächelte nun zu mir auf und legte die Zeitung beiseite. »Nichts, Ford. Jetzt sehe ich wieder wie ein Mensch aus, findest du nicht? Bist du gekommen, um dich von mir zu verabschieden?«
»Nein, ich kam, um mit dir zu reden.«
Wieder erstarrte sie, als wollte sie mich nicht dahaben, nicht mit mir reden. Warum?
»Jilly, du bist meine Schwester. Ich kenne dich schon mein Leben lang. Ich liebe dich. Wenn du versucht hast, dich umzubringen, dann sag mir bitte, wieso. Ich werde tun, was ich kann, um dir zu helfen. Bitte rede mit mir.«
Ich kannte sie gut genug, um die Lüge in ihren Augen zu erkennen und fügte daher rasch hinzu: »Nein, sag jetzt nicht, dass du dich nicht mehr erinnerst, so wie zu Maggie. Sag die Wahrheit. Hast du versucht, dich umzubringen, Jilly?«
»Nein, Ford, so was Dummes würde ich nie tun. Ehrlich gesagt, ich hab einfach die Kontrolle über den Porsche verloren. Ich hab lauthals gesungen, bin viel zu schnell gefahren und dann in einer Kurve ins Schleudern gekommen. Das ist die Wahrheit, Ford, ich schwör’s.«
»Rob Morrison sagt, du wärst noch mal aufs Gas gestiegen, als du auf diese Klippe zugerast bist.«
»Da irrt er sich«, beharrte Jilly. »Er irrt sich. Glaub mir, ich hab einfach die Kontrolle verloren. Vielleicht bin ich ja sogar noch mal aufs Gaspedal gekommen, als ich durch die Leitplanke raste, ich weiß nicht mehr. Kann schon möglich sein.
Ford, es geht mir gut, ganz ehrlich. Fahr wieder heim. Du bist noch immer nicht hundertprozentig fit. Oder besser, nimm dir ’ne Woche frei und flieg zum Lake Tahoe. Angeln würde dir doch sicher Spaß machen, oder?«
»Ich überleg’s mir.«
»Also, falls wir uns nicht mehr sehen sollten,
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