Wo nur die Liebe Zählt: Die Creeds (German Edition)
wenn ich dich nicht direkt als ungesellig beschreiben würde, so magst du doch überhaupt keine Menschenmengen. Sie machen dich fix und fertig, schon vergessen? Saugen dir deine ganze Energie aus. Ich weiß, du bist jung, und hier in Lonesome Bend hast du dich in den letzten Jahren wahrscheinlich oft ziemlich einsam gefühlt, aber …“
Tricia zog eine Augenbraue hoch, dann schenkte sie den Tee ein. „Aber?“
„Es wäre nicht klug, jetzt irgendetwas zu übereilen“, meinte Natty, die Stirn besorgt gerunzelt. „Um Himmels willen, Tricia, nimm dir die Zeit, in Ruhe nachzudenken, bevor du dich wieder in etwas stürzt, dass du im Grunde bereits hinter dir gelassen hast.“
„Das musst du gerade sagen“, murmelte Tricia, während sie dachte, dass sie ihre leidenschaftliche Urgroßmutter wahrscheinlich nie mehr geliebt hatte als in diesem Moment. „Du bist in diesem Haus geboren worden, Natty. Du hast hier mit deinem Mann gelebt, hast deinen Sohn und deinen Enkel hier großgezogen. Und jetzt, ganz plötzlich, willst du in Denver leben – das nenne ich übereilt .“
„Ist es nicht. Doris und ich reden schon seit Jahren davon, irgendwann zusammen in ihrem Haus zu leben. Es ist kleiner und neuer als meines – und daher viel praktischer für zwei alte Damen. Lange konnte ich mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu wohnen als hier. Aber jetzt, tja, jetzt wächst mir das alles über den Kopf – die Rohre, die einfrieren könnten, die Heizungskosten, die jedes Jahr steigen, und dann, wenn der Frühling kommt, ist da der Garten mit den Blumenbeeten …“ Natty verstummte, ihre schönen blauen Augen füllten sich mitTränen. „Ich bin müde, Tricia, ich möchte einfach nicht mehr so viel Verantwortung tragen.“
Tricia nickte, dann trank sie einen Schluck Tee. Sofort fühlte sie sich besser, und ganz kurz fragte sie sich, ob die niedliche alte Dame in ihrem roten Jogginganzug vielleicht ein schnell wirkendes Antidepressivum in den Tee gerührt hatte.
„Ich will nur, dass du glücklich bist, Natty. Das ist alles.“
„Und ich will dasselbe für dich, Liebes.“ Nattys Blick wanderte zu Valentino, der nach wie vor friedlich schlief. „Und was hast du mit dem Hund vor?“, fragte sie flüsternd.
Bevor sie Natty sagen konnte, dass Conner Valentino abholen würde, nachdem sie und Sasha zum Flughafen aufgebrochen waren, spazierte Sasha strahlend in die Küche.
„Dad musste weg“, verkündete sie. „Er und Mom checken jetzt in dem Hotel aus, dann gehen sie Abendessen und dann …“ Ihre Augen glänzten vor Begeisterung und Vorfreude. „Und dann müssen sie auch schon zum Flughafen, um nach Seattle zu fliegen … wo du und ich schon auf sie warten werden!“
Sashas Aufregung war ansteckend. Tricia legte einen Arm um sie und drückte sie fest an sich.
Doch Sasha machte sich los, griff in die Tasche ihres rosa Sweatshirts und zog Tricias Handy hervor. „Das hast du oben auf der Küchentheke liegen lassen“, sagte sie. „Es hat ein paarmal geklingelt.“
Ihre Immobilienmaklerin hatte zwei Mal angerufen und eine Nachricht hinterlassen. „Tricia? Ich schätze, Sie sind zu Hause, auch wenn Sie nicht rangehen. Ich bin gerade auf dem Weg zu Ihnen und bin in ein paar Minuten da. Ich weiß jetzt, wer die beiden Käufer sind – Sie werden es nicht glauben. Ich muss Ihr Gesicht sehen, wenn ich es Ihnen sage.“
Tricia brauchte sie gar nicht erst zurückzurufen, dafür war es schon zu spät. Carlas Auto bog bereits in die Auffahrt ein.
„Du liebe Zeit“, rief Natty erschrocken. „Wenn du nur dein Gesicht sehen könntest. Was in aller Welt ist denn los?“
Aber Tricia antwortete nicht, sondern ging nur zur Hintertür und öffnete sie.
Carla, eine kleine Frau mit frechem Kurzhaarschnitt und großer Sonnenbrille, stieg gerade aus. Ihre hohen Absätze versanken in dem weichen Boden. Sie trug eine schicke Ledermappe unterm Arm. „Ich habe die Unterlagen und den Scheck für die Anzahlung dabei!“, rief sie strahlend.
Obwohl Tricia selbst merkwürdig wenig Freude empfand, konnte sie Carlas Begeisterung darüber, einen solchen Abschluss gemacht zu haben, natürlich verstehen. Von den scheuen Filmstars und den hochrangigen Wirtschaftsbossen einmal abgesehen, die lächerlich riesige, hinter hohen Espen verborgene Anwesen kauften und verkauften, hatte sie nicht viele Klienten. In Lonesome Bend wurden die Häuser meistens einfach von einer Generation an die nächste vererbt.
„Wollen Sie nicht wissen, wer die
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