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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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war gute Arbeit, Dan.«
    »Danke.« Dan grinste. Er nahm einen kräftigen Schluck aus seiner Bierflasche. Von unten drang der Lärm der Mannschaft herauf, die feierte und die Augenblicke des Triumphs immer wieder aufleben ließ.
    »Wo steckt Sam?«
    »Er isst gerade.«
    Joe nickte. Sam hatte seine Sachen gepackt. Als Joe an seiner Kabine vorbeigegangen war, hatte er den Rucksack und den Seesack in einer Ecke stehen sehen, reisefertig.
    »Wir werden das Holzgerippe morgen mit Strebebalken schützen, nur zur Sicherheit«, sagte Joe.
    »Ich würde vorschlagen, wir gehen nachher noch einmal mit der Winde runter und holen die Truhe hoch. Wir können heute Nacht tauchen, Joe, Wir sollten …«
    »Morgen, Danny.« Joe mochte es nicht, wenn seine Männer ihm ungebetene Ratschläge erteilten. Er war der Kapitän, und er hatte beschlossen, mit wissenschaftlicher Umsicht vorzugehen. Dan war Bergungsspezialist aus Miami, einer von den professionellen Piraten. Er verstand etwas von seinem Handwerk, kreuzte aber gerne die Klingen mit den Meeresforschern. Piraten waren von Berufs wegen und von Natur aus auf Beute bedacht.
    »Joe, das ganze Wrack könnte ins Rutschen geraten und absaufen!«
    »Ich sagte morgen«, erwiderte Joe und ließ ihn stehen.
    Er ging zur Reling hinüber und versuchte seinen Ärger in den Griff zu bekommen. Er hatte an vielen Bergungsaktionen teilgenommen und miterlebt, wie die Ungeduld einen Schlussstrich unter das ganze Unternehmen gesetzt hatte. Das Wrack war zusammengebrochen, das Gold unwiederbringlich verloren. Crewmitglieder hatten dabei den Tod gefunden. Deshalb war Vorsicht geboten, es galt, Schritt für Schritt vorzugehen. Aber Dan hatte auch Recht. Das Gold war zwar gefunden, doch das bedeutete nicht, dass es morgen noch da war. Das Meer stand nie still.
    Joe war kein Ausbund an Geduld. Er brannte darauf, die Sache zum Abschluss zu bringen, von Black Hall wegzukommen. Wäre das Wrack stabiler gewesen, wäre er sofort getaucht, hätte die Truhe mit der hydraulischen Winsch hochgezogen, sein Geld bis zum Morgengrauen gezählt und sich davongemacht. Die Versuchung war groß.
    »Willst du nichts essen?« Sam war mit einem Stück Pfirsichkuchen an Deck gekommen.
    »Doch, gleich; ich habe die Karten überprüft.«
    Sam runzelte die Stirn. Bei dem Versuch, seine schief sitzende Brille gerade zu rücken, fiel die Gabel, die er auf dem Teller balancierte, klirrend zu Boden. »Hier, für dich.«
    »Danke.« Joe nahm den Teller, während Sam die Gabel mit dem Zipfel seines T-Shirts abwischte. Die Blicke der Brüder trafen sich, und sie grinsten. In den Semesterferien, wenn Joe zu Hause gewesen war, hatte es immer Kämpfe wegen des Abwaschs gegeben. Da beide diese Arbeit hassten, hatten sie Möglichkeiten gefunden und perfektioniert, sich vor ihr zu drücken.
    »Oh, gut«, erklärte Joe, als er einen Bissen probierte. »Übrigens, wolltest du mir sagen, dass du von Bord gehst, oder hattest du vor, dich sang- und klanglos aus dem Staub zu machen?«
    »Nein, ich hätte es dir schon gesagt.« Sam versuchte mit dem Daumennagel die winzige Schraube am Bügel des Brillengestells festzudrehen.
    Joe wartete gespannt und sah zu, wie sein Bruder ungeschickt versuchte die Schraube in den Griff zu bekommen. Er musste sich zurückhalten, um Sam die Brille nicht aus der Hand zu nehmen.
    »Ich hatte vor, morgen zu gehen.«
    »Hm.«
    »Hatte ich mir jedenfalls überlegt.«
    »Ja?«
    Sam blickte hoch. Er wartete darauf, dass Joe ihn zum Bleiben überredete. Joe spürte eine eiserne Faust in seiner Magengrube. Er aß weiter, um sich abzulenken, aber es fiel ihm schwer, auch nur einen Bissen runterzubringen. Der Appetit war ihm vergangen, und außerdem hatte er seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen, seit dem Ball, genauer gesagt. In seinem Innern tobten die widersprüchlichsten Gefühle.
    Joe wollte, dass Sam blieb, aber gleichzeitig konnte er es kaum erwarten, alleine zu sein. In den kurzen Augenblicken gestern Nacht, als er vom Schlaf übermannt worden war, hatte er von Caroline geträumt. Er hatte die Arme um sie gelegt und sie geküsst, doch beim Erwachen hatte er an ihrer beider Eltern gedacht, an das Drama, an die Szene, die ihre Mutter gemacht hatte.
    »Du kannst dich offenbar nicht entscheiden«, sagte Joe schließlich.
    »Nicht ganz.«
    »Dann erzähl mir einfach, was für das eine und was für das andere spricht«, sagte Joe bedächtig.
    »Okay.« Sam hockte sich auf die Reling. Er zog das Unglück an wie ein Magnet

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