Wo Träume im Wind verwehen
auf und ließ seine Hand über die nackte Brust gleiten. Dann drehte er sich halb vom Fenster weg und begann den Reißverschluss seiner Jeans zu öffnen. Er wirkte geistesabwesend. Sein Gesicht, vom Mondlicht erhellt, sah versonnen aus. Vielleicht dachte er daran, wie berühmt er eines Tages sein würde. Oder an die Kellnerin, die er soeben verlassen hatte.
»Hast du dich gut amüsiert?« Skyes Stimme aus der Dunkelheit ließ ihn zusammenzucken.
»Oh, du bist noch wach?«
»Ja.«
»Normalerweise bist du schon weggetreten.«
Der Hieb saß. Skye wusste, er meinte damit, dass sie um diese Zeit normalerweise betrunken war und einen Filmriss hatte. Aber sie hatte den ganzen Abend keinen Tropfen angerührt. Sie fühlte sich, als hätte sie Schüttelfrost, ihre Hände zitterten unter der Bettdecke. Ihr Körper befand sich in der Entgiftungsphase, und der Entzug war nicht leicht. Sie hatte einen trockenen Mund und Kopfschmerzen, aber es war einen Versuch wert. Sie wollte achtsam sein, wollte die Dinge wahrnehmen, wie sie waren, alles, selbst ihren Mann, der mitten in der Nacht von einem Rendezvous nach Hause kam. Skye hatte es satt, sich zu verstecken.
»Ich bin wach, wie du siehst«, sagte sie ruhig.
»Aha.«
»Wo warst du?«
»Wie bitte? Soll ich dir über jeden Schritt Rechenschaft ablegen? Wenn du die Sorte Mann willst, hättest du Peter heiraten sollen.«
»Das ist mir inzwischen auch klar, aber ich möchte es trotzdem wissen. Also, wo warst du?«
»In meinem Atelier. Ich habe in der Scheune gemalt.«
»Das sind nicht die Sachen, die du sonst beim Malen trägst.«
»Woher willst du denn das wissen? Die Ärzte haben Recht, es wird offenbar allerhöchste Zeit für einen Entzug, Skye. Du scheinst wirklich ein Problem zu haben. Meistens bist du nämlich viel zu betrunken, um zu merken, was ich beim Malen trage.«
»Heute Abend bin ich nicht betrunken«, erwiderte Skye ruhig.
»Was sonst?«
»Ich will die Scheidung.«
Das brachte ihn zum Schweigen. Er zog sich weiter aus und nippte an seinem Wein. Vermutlich überlegte er krampfhaft, wie er beides haben konnte – Skye mit ihrem Geld, ihrem Namen und ihrem Prestige, und eine Frau im Bett, die er begehrte.
Simon stand nackt im Mondlicht. Er war groß und hager, und sein Körper sah in dem bläulichen Licht nass aus. Wieder trank er von seinem Wein und strich sich über die Brust. Dann kam er langsam auf Skye zu. Er setzte sich auf die Bettkante und bot ihr einen Schluck an. Sie schüttelte den Kopf. Er stellte das Glas auf den Nachttisch und griff unter die Bettdecke.
Er ließ seine Hände unter ihr Nachthemd gleiten, strich über ihre Haut, liebkoste ihre Brüste. Skye war lange nicht mehr auf diese Weise berührt worden. Sie biss sich auf die Lippe, wölbte sich ihm entgegen. Er küsste ihren Hals, seine Zunge tanzte über ihre Haut. Sie begehrte ihn so sehr, dass sie am liebsten aufgestöhnt hätte. Aber sie riss sich zusammen.
»Simon?«
»Ja?« Er liebkoste weiter ihren Hals, während seine warmen Hände ihre Hüften und ihren Bauch streichelten.
»Geh von meinem Bett runter.«
»Das ist doch nicht dein Ernst!«
»Runter, habe ich gesagt! Heb deine Klamotten vom Fußboden auf und hau ab, und zwar sofort. Glaubst du etwa, es würde mir Spaß machen, mich von dir anfassen zu lassen, nachdem du mit einer anderen zusammen warst? Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Ich will die Scheidung.«
»Das soll doch wohl ein Witz sein!« Er richtete sich kerzengerade auf und funkelte sie an.
»Es ist mein voller Ernst.«
Er sprang auf. Eilends stieg er in seine Kleider, lief kopflos im Zimmer umher und fluchte, hasserfüllte Worte ausstoßend. Er konnte ihr seinen Willen nicht mehr aufzwingen. Nie wieder. Der Mut, den sie am Strand Clea und Caroline gegenüber aufgebracht hatte, schien sich auf den Rest ihres Lebens zu übertragen. Sie war gerüstet, einen Schlussstrich unter alles zu ziehen, was ihr schadete.
Simon verließ den Raum. Skye hörte seine Stiefel auf der Treppe und dann die Tür hinter ihm ins Schloss fallen, als er das Haus verließ. Zitternd griff sie nach dem Telefon, das neben ihrem Bett stand.
Es war fünf Uhr morgens, ein Mittwoch – kurz vor Tagesanbruch –, aber sie wählte trotzdem Carolines Nummer. Sie wusste, dass Caroline stets für sie da war, wo und wann auch immer. Seit der Auseinandersetzung am Strand hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen, aber das war Skye egal. Sie musste sich mit ihrer Schwester
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