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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Smokingjacke zu sprengen, sein Gesicht war starr, seine Augen fixierten die Kamera, als wollte er sie angreifen. Er hielt seinen Marderpinsel wie ein Zepter in der Hand. Skye sah auf den ersten Blick, wo das Foto aufgenommen war, und ihr Herz begann zu hämmern. Sie schloss die Augen.
    »Sie schauen sehr elegant aus«, meinte die Krankenschwester. »Altmodisch, aber chic.«
    »Ja, richtig nobel.« Augusta war froh, das zutreffende Wort beisteuern zu können. »Sie trafen sich zweimal im Jahr, immer in Abendgarderobe. Sie sprachen über ihre Arbeit, nehme ich an. Sie waren alle ziemlich erfolgreich. Mein Mann war ein bekannter Maler, wissen sie.«
    »Wo ist das Foto aufgenommen worden? Ist das ein Schloss in Europa? Es sieht märchenhaft aus.«
    »Nein, hier in der Gegend, in New Hampshire. Oben in den Bergen, im Redhawk Club. Dort gibt es prachtvolle Gärten und lauschige Plätze zum Malen. Ein gutes Revier zum Jagen. Einige der Männer liebten die Jagd.«
    »War das ein reiner Männerclub?«
    »Ja.« In Augustas Ton schwang eine Mischung aus Stolz und Angriffslust mit. »Obwohl mein Mann die Zugangsbeschränkung lächerlich fand. Unsere Töchter schossen genauso gut wie ein Mann.«
    Skyes Herz klopfte zum Zerspringen. Sie hatte die Augen zugekniffen. Sie brauchte einen Drink, einen Schuss Morphium, egal, was, Hauptsache, es brachte Vergessen.
    »Künstler und Jäger?«, fragte die Krankenschwester. »Eine interessante Kombination, wie mir scheint.«
    »Beiden ist die leidenschaftliche Liebe zum Leben gemein. Mein Mann war immer der Meinung, dass die beiden Hand in Hand gehen.« Rasch blätterte sie die Seite um, als wäre ihr gerade noch rechtzeitig eingefallen, dass Skye anwesend war und welche Auswirkung die Unterhaltung auf sie haben könnte.
    Skye keuchte; es klang wie ein unterdrücktes Schluchzen.
    Die Krankenschwester, die ihren Puls gefühlt hatte, runzelte die Stirn und verstärkte ihren Griff, als könnte sie nicht glauben, dass sich der Herzschlag ihrer bettlägerigen Patientin aus heiterem Himmel beschleunigt hatte. Skyes Augen waren geschlossen. Ihr Kopf ruhte auf dem Kissen, das Gesicht war abgewandt. Sie versuchte an Caroline zu denken, um ihr Herz zu beruhigen, das zu zerspringen drohte.
    »Hm, noch mal das Ganze«, murmelte die Schwester und veränderte den Griff, mit dem sie Skyes Handgelenk umspannte. Skye spürte, wie ihre Finger die Vene entlangglitten, um den Puls zu ertasten. »Ich hatte nur Augen für diese gut aussehenden Männer und war abgelenkt. Ich muss falsch gemessen haben.«
    Gut aussehende Männer, dachte Skye. Das einzige Gesicht, das sie sah, gehörte Andrew Lockwood mit seinen braunen Augen, der geraden Nase und dem vollen Mund. Er war am Wegrand fünf Meilen unterhalb des Märchenschlosses gestorben. Sie versuchte das Bild aus ihrem Gedächtnis zu verbannen, den Schleier des Vergessens über seine Augen zu breiten. Sie versuchte den Frieden einer finsteren mondlosen Nacht heraufzubeschwören, in der die Geschöpfe des Berges vor den Jägern sicher sind.
    Was heißt hier sicher, dachte Skye, während sie in ihrem Krankenhausbett lag und ihre Gedanken bei Andrew in seinem Grab waren.
    4. Juni 1978
Lieber Joe,
es gibt so viele Orte auf der Welt, wo man sich verstecken kann. Hast Du, wenn Du durch die Berge, Wälder und unter den Klippen entlangstreifst, jemals darüber nachgedacht, wohin die verborgenen Wege wohl führen mögen? Einige reiche Männer haben hier einen Palast erbaut, der eigentlich nach Europa gehört. Sie behaupten, es sei ein Ort, der Sport und Kunst dient, aber in Wirklichkeit ist das reine Angeberei. Er ist abgelegen, befindet sich mitten in der Wildnis, wo es eigentlich nur Kiefern und Granitfelsen geben dürfte, aber nicht Mahagoni und Marmor. Ich denke, wenn es echte Künstler wären, müssten sie es besser wissen.
Meine Schwester Skye ist eine echte Künstlerin. Nicht nur, was ihren Charakter angeht, der unbeschreiblich feinfühlig und empfindsam ist. nein, nicht nur das. Du solltest erst ihre Arbeiten sehen. Mit einem einzigen Bleistiftstrich kann sie einen Strand, einen Felsen oder ein Gesicht auf ein Blatt Papier zaubern. Ich kenne niemanden, der mehr Talent hat als sie. Nicht einmal mein Vater kommt an sie heran. Was hältst Du davon? Von der Kunst, meine ich.
    Alles Liebe
Caroline
    15. Juni 1978
Liebe Caroline,
Kunst ist Klasse. Orte, an denen man sich verstecken kann, auch. Das ist ein spannendes Thema. In Newport gibt es davon jede Menge. Ich kann mir

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