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Wo unsere Träume wohnen

Wo unsere Träume wohnen

Titel: Wo unsere Träume wohnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: KAREN TEMPLETON
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andächtig betrachtete, bevor er ihn auf die ausgestreckte Zunge legte. Die Liebe zu ihm wärmte ihr Herz. „Stimmt“, sagte sie leise.
    Violet stellte die Becher neben die Kaffeemaschine und kehrte zum Tisch zurück. Julian schaute sie kauend an. „Hat Stacey schon ihr eigenes Zimmer?“
    „Nein. Bisher schlafen wir alle im Vorraum. Um Heizöl zu sparen.“
    „Manche Frauen brauchen ihr eigenes Nest, in das sie sich hin und wieder zurückziehen und … sie selbst sein können.“ Er runzelte die Stirn, und Violet nahm sich einen Keks. „Wie viele Kalorien haben die?“
    Sein Gesicht entspannte sich. „Es sind Zauberkekse – sie verlieren die Hälfte an Kalorien, sobald sie von einem Bundesstaat in den nächsten wechseln.“
    Violet lachte, verführt vom Gebäck, dem Zauber des Augenblicks und Rudys Humor. „Schade, dass ich nicht so gut backen kann.“
    „Sie kochen nicht?“
    „Natürlich koche ich – bei meinem Frühstück werden Ihre Knie weich. Aber ich bin Irin – Iren backen nicht. Jedenfalls nicht so.“ Sie lächelte. „Während alle anderen damit beschäftigt waren, ihre kulinarischen Fähigkeiten zu perfektionieren, mussten wir versuchen, nicht zu verhungern.“ Aus Solidarität mit ihren toten Vorfahren griff sie nach dem nächsten Keks. „Ihr Vater ist kein Ungar?“
    „Nein.“ Ein Walnusssplitter klebte an seiner Unterlippe. Hastig schaute sie zur Seite und ging zur Kaffeemaschine, um die Becher zu füllen. Sie goss Milch in den Bob-der-Baumeister-Becher, und Julian leerte ihn, als hätte er eine Woche in der Wüste verbracht. Sie gab ein wenig in ihren Kaffee und hielt den Karton hoch. Rudy schüttelte den Kopf. Violet reichte ihm seinen Kaffee.
    Er nickte dankbar, nahm einen Schluck und hob anerkennend den Becher.
    „Mehr, bitte!“ Julian streckte ihr sein leeres Glas entgegen wie ein armes Waisenkind aus Oliver Twist. Bevor Violet reagieren konnte, goss Rudy ihm Milch ein. Julian strahlte ihn an, und Violets Herz machte einen kleinen Sprung. Ich habe dein junges Leben ruiniert, dachte sie. Aber sein Vater hatte ihn verlassen, nicht sie.
    „Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte Rudy besorgt.
    Sie wischte sich die Kekskrümel von den Fingern. „Alles bestens. Abgesehen davon, dass Sie wahrscheinlich keine Gummihandschuhe in kleiner Größe besorgt haben, stimmt’s?“
    Gegen Mittag hatte Stacey Kopfschmerzen von all den Tränen, die sie seit dem Morgen unterdrückt hatte. Bisher war sie in sämtlichen Fächern ihren neuen Mitschülern entweder so weit voraus, dass sie sich zu Tode langweilen würde, oder so sehr im Rückstand, dass sie es niemals aufholen konnte. Außerdem hatten alle sie zwar neugierig angestarrt, aber niemand war besonders freundlich zu ihr gewesen.
    Als sie mutterseelenallein in der Cafeteria stand und sich wie eine Aussätzige fühlte, kam ein Junge mit zottigem roten Haar und Hasenzähne, den sie schon einmal irgendwo gesehen hatte, auf sie zu. „Bist du nicht das Mädchen, das mit meinem kleinen Bruder in den Waschraum gegangen ist?“, fragte er, und Stacey wäre am liebsten im Erdboden versunken.
    „Ja“, erwiderte sie und hielt verzweifelt nach einem freien Platz Ausschau.
    „Ich heiße George. Und du?“
    „Stacey.“ Sie rückte von ihm ab. Mit einem Kleinkind abzuhängen, war kein guter Start in einer neuen Schule.
    „In welcher Klasse bist du?“
    „In der siebten.“ Ihr Blick fiel auf einen Tisch am Fenster. Doch als sie ihn ansteuerte, stürzten sich vier andere – kichernde und gackernde – Mädchen darauf.
    „Ich bin erst in der dritten“, verkündete George und folgte ihr. „Eigentlich sollte ich in der vierten sein, aber ich musste den Kindergarten wiederholen.“
    „Das ist bitter“, murmelte Stacey.
    „Nein, Kindergarten ist cool. Es gab jeden Tag was zu essen, und die Aufgaben haben Spaß gemacht. Nicht wie hier. Ich hasse Mathe, du auch?“
    Was war los mit dem Kind? „Erst seit ich hier bin“, knurrte sie. „Sag mal, willst du nicht mit deinen kleinen Freunden essen oder so?“
    „Die sind noch nicht alle hier. Hey, meine Mom und mein Bruder und ich wohnen bald bei dir und deinem Dad“, sagte er begeistert.
    Stacey fuhr herum. „Das steht noch nicht fest!“
    „Aber Mom hat es mir erzählt“, protestierte er betrübt. „Sie hat gesagt, dein Dad hat es ihr angeboten, und sie findet die Idee gut. Weil wir dann nicht mehr alle auf der blöden Ausziehcouch in Tante Betsys Keller schlafen müssen. Sie ist gar nicht

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