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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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Schokolade.
    Er sagte, heute werde er die Schachtel mit den Vögeln mitnehmen, und morgen werde er nach der Arbeit im Supermarkt kommen und den Korb holen, damit er an derStraßensperre nicht zu viele Pakete habe, auch so werde man ihm wohl Schwierigkeiten machen, man werde sagen, die Vögel seien gestohlen, er werde sagen, wieso gestohlen, da ist die Adresse vom Laden, gehen Sie doch hin und fragen nach.
    Madonna übernahm es, den Laden am Morgen aufzumachen und vor den Zeitungen und der Milch da zu sein. Bis ich über das Schicksal des Ladens in unserem neuen Leben entschieden hatte, machte ich die größte Katze zur Aufpasserin über die Sahne. Was konnte schon passieren, dieser Laden lag vermutlich sowieso in den letzten Zügen.
    Amjad sagte: »Du schläfst viel, wie wirst du es schaffen, so früh aufzustehen, und wie erwischst du den Autobus und alles.«
    »Was für ein Autobus? Ich schlafe nachts hier in der Nähe.«
    »Wo?«
    »Bei ihr, bei dem Mann, der ihre Wohnung gemietet hat.« Sie wandte sich um, prüfte ihre Lippen in der Schneide des Brotmessers, holte aus der Schublade ihren schwarzen Lippenstift und malte sich den Mund an, wobei sie in das Messer schaute.
    Amjad konnte sich nicht beherrschen. »Was, du schläfst mit ihm?«
    »Was heißt da mit ihm schlafen, es heißt bei ihm, nicht mit ihm. Der alte Bock ist fünfzig, sieht es so aus, als würde ich mit ihm schlafen?«
    »Und warum lässt er dich bei sich schlafen?«
    »Ich putze manchmal für ihn, oder ich wasche die Wäsche, ich mache alle möglichen Sachen für ihn und bekomme dafür Bett und Frühstück.«
    »Na gut, alle möglichen Sachen  … Willst du Datteln?«Amjad lächelte vor sich hin. Die Vögel, die sie ihm gebracht hatte, galten ihm als Sühne für kleine und große Sünden.
    Ich trank langsam meinen Kaffee, Madonna und Amjad unterhielten sich über eine Sängerin, die sie gestern im Fernsehen gesehen hatten, die Tiere lärmten in ihren Kartons, Wind blies gegen die Ballons, die vor dem Laden zum Kauf angeboten wurden, ein Junge kaufte einen Kaugummi, eine Frau Eier, ein Mann fragte, wo die Haltestelle von Nummer 31 sei. Ich hatte ganz vergessen, dass das Leben dahinfließen kann wie Wasser aus dem Wasserhahn, eine bittere Sehnsucht packte mich, ich wusste nicht, nach wem, aber ich tröstete mich damit, dass mir das Gefühl nicht abhandengekommen war. Mit dieser guten Nachricht stand ich auf, nahm die Schachtel mit der kleinen Katze, die für den Sohn des Alten bestimmt war, verließ Madonna und Amjad, stellte die Schachtel auf den Rücksitz des Mazda und holte Nadav aus dem Kindergarten ab.
    Nadav fragte, ob sein Vater im Krankenhaus sei, und wann er gesund werde und nach Hause komme. Wie üblich kam die Hilfe von oben im Handumdrehen, ein Ballon schwebte am Himmel und ließ ihn vergessen, was er gefragt hatte. Er legte den Hals zurück, betrachtete den Nylonvogel, der am Sportplatz der Engel dahinschwebte, und fragte, ob dieser Drache, wenn er Augen hätte, ganz Jerusalem sehen könne. Ein Müllcontainer versperrte uns den Weg, und Nadav senkte den Blick wieder zur Erde und betrachtete die enge Durchfahrt, die uns der Müllcontainer ließ, und er erinnerte sich an seine Frage.
    »Also, wann kommt Papa heim?«
    »Es dauert noch sehr lange, bis er wieder gesund ist, wir müssen Geduld haben.«
    »Ein Mädchen hat gesagt, ihre Großmutter sei blitzschnell gestorben.« Er gab mir die Hand, die weich und warm war. »Was für eine Krankheit hat Papa?«
    »Es fehlt ihm eine bestimmte Substanz.«
    »Wie heißt das Zeug, das ihm fehlt?« Ein Muskel spannte sich in seiner Hand, sie wurde hart und ließ mir keine Wahl.
    »Emotion.« Eine ehrenhafte Ausrede. Er sollte nicht morgen im Kindergarten erzählen, sein Vater habe kein Gefühl.
    »Emotion?« Er ließ meine Hand los und hüpfte über zwei Platten auf einmal. »Emotion, Emotion, Emotion.« Endlich hatte die Krankheit einen Namen, die Welt war präziser und klarer geworden. Bis wir das Auto erreichten, wiederholte er immer wieder das Zauberwort, er glaubte, man würde seinem Vater ein paar Portionen Emotion mit einer Spritze geben, oder als Pulver oder Tabletten, und er würde aufstehen und würde zurückkommen, und alles wäre wieder wie vorher. Er stieg ins Auto, sah den Karton, berührte ihn, hörte, dass etwas darin raschelte, und fuhr zurück. »Mama, was ist das?«
    »Ein Geschenk von Madonna für Herrn Levis Sohn.«
    Diese Neuigkeit schob die Emotion in den Hintergrund. Eine Freude

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