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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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auch.«
    Er schwieg, ich hörte sein Atmen und dazwischen ein Schlucken und im Hintergrund Bluesmusik aus dem Radio. Das Blut stieg mir von den Beinen, dem Bauch und der Brust nach oben und strömte durch meine Halsschlagader in den Schädel, bis er zu platzen drohte.
    »Das war’s, Gideon, diese Regelung ist zu Ende. Ich will nicht mehr. Komm nach Hause, geh wieder zum Gericht oder wohin auch immer, aber komm zurück. Ich rede mit dir, antworte! Wann kommst du zurück?«
    »Ich kann nicht, Amiki.«
    Ich kann nicht, Amiki. Ich erschrak. Was war es, was diese Worte so bedrückte, dass sie derart zerquetscht herauskamen.
    »Dann eben nicht.« Das Blut strömte in meine Beine zurück, die Schwerkraft verdoppelte sich. Ich war allein zwischen zwei mageren, von der Stadtverwaltung gepflanzten Bäumen, als ich verstand, dass das, was war, nicht mehr sein würde.
    »Du brauchst Hilfe, Gideon, gib mir deine Adresse, und ich komme.«
    Er wollte nicht, dass ich kam, er gab mir weder seine Adresse noch den vollen Namen jener Nadja. Es ist in Ordnung, sagte er, es wird vorbeigehen, er brauche nichts, nur Ruhe und Zeit.
    Amjad spürte, etwas war passiert, mein geschorener Schädel verriet das Blut, das mir in den Kopf gestiegen war. Er zog den Stuhl hinter der Theke hervor, stellte ihn für mich vor den Eingang, und ich setzte mich. Zugvögel flogen am Himmel zwischen dem Billigmarkt und unserem Lebensmittelgeschäft und über die Siedlungen, sie flogen zwischen der schwächer werdenden Sonne oben und den schwächer werdenden Menschen unten und umgingen das dünne Erbarmen, das im Elul vom Himmel tropfte. Amjads Hände waren frei, sie hatten nichts zu rücken, zu heben, zu halten, sie öffneten sich für nichts und schlossen sich um nichts.
    »Ich könnte dir eine weitere Arbeit anbieten, zwei, drei Stunden am Tag.«
    »Was für eine Arbeit?« Er ging um eine Plastiktüte herum, die über den Gehweg schwebte, und drehte mir nicht das Gesicht zu.
    »Das Haus eines alten Mannes in Ordnung halten, einkaufen, sauber machen und so weiter. Sie bezahlen gut.«
    »Warum nehmen sie keine Thailänderin oder jemanden aus dem Ausland?«
    »Der Alte müsste halb tot sein, damit man ihm eine Philippinin oder eine Thailänderin genehmigt, der Alte geht noch auf seinen eigenen Beinen, zieht sich an, wäscht sich. Er spricht. Aber er ist ein schwieriger Mann, deshalb sind sie bereit, mehr zu bezahlen.«
    »Wie viel für die Stunde?«
    Ich wusste Schoschanas Tarif nicht, und wie hoch sie die Verrücktheiten ihres Vaters in Schekel einschätzte, wie sie Geschrei und Flüche bewertete, was sie an Schweigen und Trauer hinzufügte und welche Summe am Schluss herauskam. Ich versprach ihm, mich zu erkundigen, und während ich sprach, gerieten neben dem Laden zwei Hunde aneinander, der kleinere forderte den großen heraus, und der große stieß ein warnendes Gebell aus, als wollte er sagen, wart’s ab, wart’s ab. Aber der kleinere wartete nicht, er wollte sofort eine Entscheidung herbeiführen und bellte abgehackt, und der große posaunte zurück. Der Staub, der von diesem Kampf aufgewirbelt wurde, drang in Amjads Augen.
    »Was treiben sie da, sie kämpfen um die Ehre«, sagte er und rieb sich die Augen, holte ein altes Brötchen aus der Kiste mit den Waren, die zurückgingen, und warf es zwischen die Hunde. Der Große drehte es um, schlug seine Zähne hinein und hielt es in der Schnauze, bellte und vergaß, dass er dazu das Maul aufmachen musste, das Brötchen fiel heraus, der Kleine machte einen Satz, packte es und rannte pfeilschnell davon. Geschlagen und hechelnd stand der Große da und bellte die Schmach, die man ihm angetan hatte, laut heraus, sein Gebell überquerte die Straße, hinüber zum Billigmarkt, aber dort wurden die Wagenwie üblich geschoben und elektronische Augen öffneten ihnen die Tür und schlossen sie hinter ihnen.
    »Alles auf der Welt ist Geld und Ehre.« Amjad hob die Augen und betrachtete die Zeichen der Zeit, die Vögel, die schwächer werdende Sonne, die Farbe des Himmels, die daran erinnerte, dass das Leben sich bewegte, dass die Zeit nicht stehen blieb.
    »Wo wohnt der alte Mann, von dem du geredet hast?«
    »In einem Dorf, ein paar Minuten von der Stadt entfernt.«
    »Spielt es für sie eine Rolle, ob ich diese Arbeit übernehme oder meine Frau?«
    »Er ist ein schwieriger Mann, und deine Frau ist zart, er könnte ihr Beleidigungen an den Kopf werfen.«
    »Wenn es nur Worte sind, macht es nichts, Worte kann sie

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