Wölfe der ewigen Nacht (German Edition)
Sylvester mich das erste Mal geküsst .
Als sie wieder auf das Datum der Rechnung sah, bemerkte sie, dass das schon fast drei Jahre her war. Sie sah sich die Fotos an. Eines zeigte Sylvester beim Schlafen.
Wir haben gestern seinen Geburtstag gefeiert.
Ein weiteres zeigte sie zusammen mit ihm im Bett.
Unsere erste gemeinsame Nacht.
Auf den Eintrittskarten stand nichts, was sie etwas enttäuschte. Ihre eigene Schrift zu sehen und sich nicht daran erinnern zu können, wann man das geschrieben hat, war beängstigend. Sie legte die Bibel ebenfalls in ihre Tasche. Als sie wieder ins Wohnzimmer kam, stand Sylvester am Fenster und sah hinaus.
»Ich bin dann so weit fertig.« Mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen drehte er sich um und nahm ihr die Tasche ab. »Hatte ich nichts Persönliches, als ich bei dir eingezogen bin?« Er zuckte mit den Schultern.
»In deiner damaligen Wohnung waren nur eine Matratze, eine Kommode und ein Kühlschrank. Mehr als diese Tasche und deine Schultasche hast du nicht mitgebracht.« Sie nahm die Umhängetasche vom Sofa und drehte sich zur Wohnungstür.
Josi grinste ein letztes Mal in die Kamera.
»Morgen um die gleiche Zeit?« Erik nickte und schloss dann das Programm. Plötzlich klopfte es an ihrer Tür.
»Josi? Wir gehen jagen. Kommst du mit?« Sie verdrehte die Augen. Für ihre Brüder war dieses Leben hier in Russland alles. Die Burg, das Dorf, die Frauen aus dem Dorf ... Sie durften überall allein hingehen. Nur Josi nicht. Jedes Mal, wenn sie sich mit ihrem Vater darüber stritt, brachte er das alte Argument »Ich hab schon eine Tochter verloren und es hat mir das Herz gebrochen. Wenn ich dich jetzt auch noch verliere ...« und sie konnte nichts dagegen sagen. Es war ja nicht so, dass sie hier in der Burg eingesperrt war. Sie musste nur überall, wo sie hinging, jemanden mitnehmen.
»Josi? Hast du mich gehört?« Sollte sie mitgehen? Sie seufzte.
»Ich muss mich nur noch anziehen.« Vielleicht konnte sie ja ein paar arme Rehe retten. Oder einen Hasen. Sie schmunzelte. Ihre Brüder behandelten sie immer noch wie ein kleines Mädchen, das verwöhnt werden musste. Als sie daran zurückdachte, wie sie zu den Wolkows gekommen war, verdüsterten sich ihre Gedanken.
Sie war damals noch sehr jung gewesen, aber diese wenigen Monate vor ihrer Befreiung hatten sich ihr ins Gedächtnis gebrannt. Als ihr Vater sie in seine Burg gebracht hatte - sie war damals halb Tod gewesen - hatte er sie immer wieder Jekaterina genannt und so getan, als würde er sie kennen. Nachdem sie sich wieder erholt hatte, verkroch sie sich und redete mit niemandem. Ihr Vater brachte jeden Tag ein neues Kleid oder Spielzeug zu ihr und ihre Brüder versuchten, sie mit Süßigkeiten zu locken. So ging das mehrere Monate.
An einem schönen Wintermorgen standen sie dann plötzlich vor der Burg. Hexen. Ihre Anführerin, eine Brünette mit freundlichen, grünen Augen, hatte um Obdach für eine Nacht gebeten. Widerwillig hatte ihr Vater zugestimmt und die Hexen im entlegensten Winkel der Burg untergebracht.
Als sie am Abend zusammen aßen, betrachtete die Brünette Josi sehr interessiert. Ihrem Vater schien das ganz und gar nicht zu gefallen. Sie hatte damals noch nichts von seiner Abneigung gegenüber Hexen gewusst. Nach dem Essen bat die Frau um ein vertrauliches Gespräch mit ihrem Vater. Josi folgte ihnen in sein Arbeitszimmer und belauschte das Gespräch.
»Wir werden sie mitnehmen, wenn wir die Burg verlassen.« Noch nie in ihrem Leben hatte sie ihren Vater so gesehen wie damals, als er die Hexe anschrie, dass sie ihre dreckigen Hurenhände von seiner Tochter lassen soll. Die Hexe war ruhig geblieben und hatte ihm die ganze Wahrheit offenbart.
»Sie ist zum Teil wie ich. Ihre Mutter war eine entfernte Verwandte von mir, die sich mit einem Raben eingelassen hatte und vom Zirkel verstoßen wurde. Sie gehört zu meinem Blut, nicht zu deinem.« Alexej war hochrot geworden und packte sie an den Oberarmen. »Sie ist meine Tochter! Und ich werde sie vor solchen abartigen Höllenwesen wie dir fernhalten. Sie wird nie wieder so leiden, wie in der Zeit, die sie nicht in meiner Obhut war!« Die Hexe hob ihre Hand und schleuderte Alexej gegen eine Wand um ihn dort mit ihrer Magie festzuhalten.
»Sie ist von zu großer Bedeutung für unseren Herrn, als dass ich sie bei einem ... räudigen Wolf lassen würde.« Das war der Moment, indem alle Dämme brachen. Sie stürmte in das Zimmer und lief
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