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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sein, oder?«
    Er zielte mit der freien Hand wie mit einer Pistole. »Da regt sich jeder furchtbar über die Zehnjährigen auf, dabei kommt doch schon bei Dickens Kinderkriminalität vor, nur sind diese Kids heute technisch auf dem neuesten Stand, hab’ ich recht?«
    »Fehlende Selbstkontrolle«, sagte ich.
    »Und zwar auf der gesellschaftlichen Ebene. Wenn äußere Kontrollmechanismen wegfallen, wird der Internalisierungsprozeß - die Entwicklung eines Gewissens - gelähmt, und die Folge davon sind dann Millionen von Wilden, die in der Gegend rumlaufen und von ihren Impulsen beherrscht werden. Wie dieses Stück Scheiße, das Hope ermordet hat. So gottverdammt dumm! «
    Er holte ein Feuerzeug hervor und zündete sich eine neue Zigarette an. Die Hände zitterten leicht.
    »Glauben Sie mir, wenn ich könnte, würde ich das wirkliche Leben studieren, aber dann käme ich ja nie mehr aus der Schule raus. Hope hatte mich auf den richtigen Kurs gebracht. Sie hat gesagt, ich sollte nicht versuchen, den Nobelpreis zu bekommen, sondern mir etwas Machbares aussuchen, es abschließen und anfangen zu arbeiten.«
    Er inhalierte den Rauch. »Es wird nicht leicht werden, einen neuen Doktorvater zu finden. Man hält mich hier für den Faschisten des Instituts, weil ich keine Platituden ertrage und an Disziplin glaube.«
    »Und Hope hatte damit keine Schwierigkeiten?«
    »Hope war eine Kombination von erstklassiger Forscherin und guter Mutter: hartnäckig, ehrlich, selbstsicher genug, um einen den eigenen Weg gehen zu lassen, wenn man erst mal bewiesen hatte, dass man nicht bloß Stroh im Kopf hat. Sie war stets unvoreingenommen, nicht gewillt, das zu tun
oder zu sein, was man von ihr erwartete. Also haben sie sie umgebracht.«
    »Sie?«
    »Sie, er, irgendein fanatischer, geisteskranker, total kaputter Wilder.«
    »Haben Sie irgendwelche Theorien zum Motiv?«
    Er warf einen Blick nach hinten, auf die Glastüren des Psychologiegebäudes. »Ich habe lange darüber nachgedacht, aber viel ist nicht dabei rausgekommen. Schließlich musste ich einsehen, es war Energieverschwendung, weil ich keinerlei Unterlagen hatte, bloß meine Gefühle. Und meine Gefühle haben mich fertiggemacht. Deshalb habe ich auch so lange gebraucht, bevor ich mit meiner Forschung weitermachen konnte. Bis gestern Abend konnte ich mir meine Unterlagen einfach nicht ansehen. Aber jetzt ist es an der Zeit, wieder in die Gänge zu kommen. Hope würde das wollen. Entschuldigungen und Ausflüchte hat sie nie akzeptiert.«
    »Wer ist denn auf die Idee zu diesem Tauschgeschäft gekommen, Arbeitsunterlagen gegen Wagenreparatur?«, wollte ich wissen.
    Er starrte mich an. »Ich habe Phil angerufen, und er hat mir erzählt, der Wagen würde schlecht anspringen, also habe ich ihm meine Hilfe angeboten.«
    »Dann kannten Sie sich also schon vorher.«
    »Nur durch die Arbeit mit Hope. Phil ist im Grunde ein Einsiedler … nun denn, war nett, mit Ihnen zu plaudern.«
    Er ging ein paar Stufen hinauf.
    Ich sagte: »Was haben Sie von diesem Disziplinarausschuss gehalten?«
    Er blieb stehen, zog an der Zigarette und lächelte. »Ach, das schon wieder.Was ich davon gehalten habe? Ich fand, es war eine exzellente Idee, die sich einfach nicht richtig durchsetzen konnte.«

    »Manche Menschen meinen, der Ausschuss war ein Fehler.«
    »Manche Menschen meinen, Lebensqualität sei gleichbedeutend mit Anarchie.«
    »Dann finden Sie also, man hätte ihn aufrechterhalten sollen?«
    »Natürlich, aber das war ja völlig ausgeschlossen. Der Vater von diesem reichen Flegel hat ihn auflösen lassen, weil die Uni nach denselben Prinzipien funktioniert wie jedes andere politische System: Geld und Macht. Wenn das Mädchen, das er belästigt hat, einen stinkreichen Daddy gehabt hätte, wäre der Ausschuss heute noch gesund und munter.«
    Er rauchte die Zigarette bis zum Filter hinunter, sah den Stummel an und schnippte ihn weg. »Tatsache ist, Frauen werden immer körperlich schwächer sein als Männer, und ihre Sicherheit darf nicht einfach dem Gutdünken jedes Penisträgers überlassen bleiben. Die einzige Möglichkeit, so etwas Ähnliches wie Gerechtigkeit zu erreichen, sind Regeln und Gesetze.«
    »Disziplin.«
    »Und ob.« Er strich den Lederaufschlag des Mantels glatt. »Sie fragen mich nach dem Ausschuss, weil Sie denken, Hopes Tod könnte irgendwas damit zu tun haben. Dass einer von diesen miesen kleinen Kackern sich an ihr gerächt hat. Aber das waren alles Feiglinge.«
    »Feiglinge können zu

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