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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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einen waren mit Klebeband repariert worden. Der Schreibtisch war ebenso ordentlich wie sein Arbeitszimmer zu Hause. Exakt bündig mit der Tischkante waren Examensarbeiten ordentlich gestapelt. Außerdem standen zwei altertümliche Urnen darauf, eine mechanische Schreibmaschine und, auf grünem Löschpapier angeordnet, ein halbes Eiersalatsandwich auf Wachspapier sowie eine noch ungeöffnete Dose Sprite Light. Nicht ein Flecken, nicht ein Krümel.
    Als Seacrest hereinkam, trocknete er sich gerade die Hände mit einem Papierhandtuch ab. Er trug einen grauen Pullover mit V-Ausschnitt und eine graue Wollkrawatte. Die Ärmelränder des Pullovers waren ausgefranst, und seine Augen sahen trübe aus. Er ging um mich herum, setzte sich hinter den Schreibtisch und betrachtete das Sandwich.
    »Guten Morgen«, sagte ich.

    Er nahm das Sandwich und biss ein Stück ab. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Wenn Sie einen Augenblick Zeit haben, würde ich Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
    »Worüber?«
    »Ihre Beziehung zu Ihrer Frau.«
    Er legte das Sandwich hin. Er hatte mich nicht aufgefordert, Platz zu nehmen, und ich stand immer noch.
    »Meine Beziehung zu meiner Frau«, wiederholte er leise.
    »Ich will nicht aufdringlich sein …«
    »Aber Sie sind es trotzdem, weil Sie von der Polizei bezahlt werden.«
    Er brach ein Stückchen Brotkruste ab und kaute langsam.
    »Professor, wenn es Ihnen im Moment nicht passt -«
    »Ach, verschonen Sie mich damit.« Er kippte seinen Sessel leicht nach hinten. »Wissen Sie, erst seit Ihrer kleinen nächtlichen Stippvisite mit Sturgis ist mir klar geworden, dass ich tatsächlich unter Verdacht stehe. Was sollte das überhaupt? Wollten Sie mich überraschen? Haben Sie gehofft, ich würde mich selbst belasten? Ob es mir im Moment nicht passt, wollen Sie wissen? Es passt mir nie .«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich hasse diese Stadt. Hier will doch jeder seine eigene, miese Sensationsstory schreiben. Sagen Sie Sturgis, er lebt schon zu lange in L. A., er sollte den Dingen mal richtig auf den Grund gehen.«
    Sein Gesicht war dunkelrot angelaufen. »Wahrscheinlich hätte ich mich gar nicht wundern sollen. Bestimmt gibt es irgend so ein idiotisches Handbuch für Detectives, in dem steht, der Ehemann sei immer zu verdächtigen. Und die ersten beiden Schnüffler sind mir gleich von Anfang an aggressiv begegnet. Aber was sollen Sie eigentlich dabei? Bildet er sich wirklich ein, Sie könnten mich mit Ihrem psychologischen Scharfsinn beeindrucken?«

    Kopfschüttelnd biss er wieder in das Sandwich, mit einer harten, jähen Bewegung, als ob es gefährlich und unwiderstehlich zugleich wäre.
    »Es macht mir nichts aus, unter Verdacht zu stehen«, sagte er. »Ich habe nichts zu verbergen, also schnüffeln Sie nach Herzenslust herum. Und was meine Beziehung zu meiner Frau betrifft, wir waren beide nicht gerade umgänglich, also sollte Ihnen die Tatsache, dass wir zusammengeblieben sind, einiges sagen. Außerdem, was für einen Grund hätte ich haben sollen, sie zu töten? Geld? Ja, sie hat im letzten Jahr ein Vermögen gemacht, aber Geld bedeutet mir gar nichts.Wenn ihr Nachlass geregelt ist, spende ich vielleicht alles irgendeiner Wohltätigkeitsorganisation.Warten Sie’s ab, falls Sie mir nicht glauben. Also was für ein Motiv hätte ich sonst noch haben können?«
    Er lachte. »Nein, Delaware, mein Leben hat sich nicht verbessert seit Hopes Tod. Schon als sie noch lebte, war ich ein Einzelgänger. Jetzt, wo ich sie verloren habe, bin ich völlig allein, und ich stelle fest, ich will das nicht mehr sein. So, und jetzt lassen Sie mich bitte in Ruhe meinen Lunch essen.«
    Als ich zur Tür ging, sagte er: »Ein Jammer.Wieso ist Sturgis so unkreativ? Wenn er sich stur an sein Handbuch hält, wird die ohnehin schon geringe Chance, die Wahrheit herauszufinden, noch kleiner.«
    »Sie sind nicht gerade optimistisch.«
    »Die Polizei hat mir bisher ja auch keinen Anlass dazu gegeben. Vielleicht sollte ich einen Privatdetektiv engagieren. Aber ich wüsste nicht, an wen ich mich da wenden sollte.« Er lachte ein tiefes, bellendes Lachen. »Ich habe noch nicht mal einen Anwalt. Und nicht aus Mangel an Gelegenheit. Irgendjemand muss dem Nationalen Club der Rechtsverdreher meine Telefonnummer gegeben haben, aber vielleicht riechen diese Schweine auch, wo jemand unglücklich ist.
Gleich nach dem Mord habe ich etliche Anrufe pro Tag bekommen, dann wurden es weniger. Selbst jetzt versucht es hin und wieder noch

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