Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11
vollgesaut.«
»Okay«, sagte Milo und lehnte sich zurück. »Die Operation erfolgte also im Frauengesundheitszentrum in Santa Monica.«
»Allerdings.«
»Wer hat Sie dorthin überwiesen?«
Sie rutschte auf dem Sitz hin und her, zupfte an einer Wimper. »Keiner. Weiß doch jeder, was die da machen.«
»Abtreibungen und Sterilisationen?«
»Ja, stört Sie das?«
»Wusste Chenise, was da gemacht wird?«
»Und ob.«
»Sie sagt nein.«
»Das ist gelogen. Sie hat Probleme, sich zu konzentrieren, die halbe Zeit ist sie in einer anderen Welt.« Ein kurzer Seitenblick zu mir. »Aber was soll das Getue? Es war ein klitzekleiner Eingriff. Am nächsten Tag ist sie schon wieder rumspaziert.«
»Sie sagt, sie hatte Krämpfe«, warf Boatwright ein.
»Na und? Ist das vielleicht was Schlimmes? Haben Sie nicht auch jeden Monat Krämpfe? Sie hatte Krämpfe und Blähungen... den ganzen Tag. Die Blähungen fand sie lustig. Hat sie laut und munter abgelassen. Bevor er sich eingemischt hat, war sie völlig zufrieden. Der blöde Hund. Als ob der Vater werden würde! Schwachsinn! Erzählt ihr, dass sie sterilisiert worden ist. Sie hat noch nicht mal begriffen, was das Wort bedeutet! Ich sage Ihnen, es war keine große Sache. Ging ganz flott. Die Blähungen kommen davon, weil sie einen vollpumpen, hier« - sie deutete auf ihren Schambereich -, »um besser sehen zu können, was los ist. Und dann gehen sie durch den Bauchnabel, und schwupps, schon ist es vorbei. Wie gesagt, am nächsten Tag ist sie schon wieder rumspaziert.<
Angela Boatwright sagte: »Das hört sich an, als ob sie noch mehr Frauen kennen, die das haben machen lassen.«
Mary Farney starrte sie an, und aus Trotz wurde purer Zorn. »Na und?«
Boatwright zuckte die Achseln.
»Also gut«, sagte Farney. »Ich hab’s auch machen lassen,
zufrieden? Dr. Cruvic hat gesagt, es wäre gefährlich für mich, wenn ich noch ein Kind kriegen würde. Einverstanden, Miss? Bekomme ich Ihre Erlaubnis?«
»Klar«, sagte Boatwright.
Mary Farney winkte ab. »Was wissen Sie denn schon? Nachdem ich Chenise bekommen hatte und die schließlich festgestellt hatten, dass sie nicht normal sein würde, hat ihr Vater mich sitzen lassen. Haben Sie Kinder, Miss?«
»Nein, Ma’am.«
Farney lächelte hämisch. »Lassen Sie sich von ihr nicht weismachen, sie hätte nichts gewusst. Sie hat schriftlich ihre Einwilligung gegeben. Schuld ist dieses kleine Arschloch, der ihr einredet, sie könnten Mom und Dad werden. Als ob es überhaupt von ihm gewesen wäre.«
»War es nicht?«, fragte Milo.
»Woher soll ich das wissen? Und selbst wenn, was heißt das? Er kann kaum lesen.Wenn überhaupt.Wie soll er da sie und das Baby versorgen?«
»Kann Chenise lesen?«, fragte ich.
»Ein bisschen.«
»Wie gut?«
Pause. »Ich hab’ sie lange nicht mehr testen lassen.«
»Aber sie hat die Einwilligungserklärung unterschrieben«, sagte Milo.
»Ich habe ihr gesagt, was es ist, und sie hat unterschrieben.«
»Wann hat Chenise zuletzt einen Intelligenztest gemacht?«, erkundigte ich mich.
»Keine Ahnung.Wahrscheinlich in der Schule.«
»Wahrscheinlich?«
»Meinen Sie, die würden mir sagen, was sie machen? Die legen doch bloß so dicke Akten an.« Dabei hielt sie die Arme einen halben Meter auseinander.
»Wie hoch war ihr IQ beim letzten Test?«
»Was, meinen Sie, sie hätte das nicht verstanden? Ich will Ihnen mal was sagen, ich bin ihre Mutter, und ich sage, dass sie einiges versteht. Zum Beispiel, wenn ich ihr fünf Dollar zum Einkaufen gebe, und sie will zehn, dann versteht sie genau, worauf es ankommt. Auch wenn sie zu spät nach Hause kommt und Ausreden erfindet. Kapiert? Es gibt nur gewisse Dinge, die sie nicht versteht. Kapiert?«
»Zum Beispiel?«, sagte Boatwright.
»Zum Beispiel, dass sie ihr Zimmer aufräumen soll. Dass sie die Unterhose anbehalten soll.«
Ihr Lachen klang brutal.
»Sie ist wie eine läufige Hündin. Seit sie elf wurde, steigen die Jungs ihr nach. Sie hat diesen anzüglichen Gang, und sie zwinkert ihnen zu. Seit Jahren rede ich mir den Mund fusselig, will ihr klarmachen, wohin das führt. Sie lächelt bloß und streckt ihre T - ihre Brust raus. Als ob sie sagen wollte, seht her, was ich habe, ich bin eine Frau. Und schließlich hat sie ja dann auch bewiesen, dass sie eine ist.«
Niemand sagte etwas.
»Ich liebe sie, okay? Bevor sie ihre Periode gekriegt hat, war sie ein süßes Kind! Aber seitdem habe ich nur noch Angst. Wegen Aids und so. Jetzt gibt es eine Sache
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