Wofuer die Worte fehlen
Schlafengehen
.
Geräuschlos öffnet sich die Tür. Der Schwarze Ritter tritt herein, schlieÃt leise die Tür und dreht den Schlüssel im Schloss herum
.
Ein leises Wimmern kommt vom anderen Ende des Raumes.
Ein drohendes Zischen entfährt dem Mund des Schwarzen Ritters zusammen mit dem gleiÃenden Strahl aus den Augen, der die StraÃenlampe erlöschen lässt
.
Auch das leise Wimmern ist erstorben
.
Der Schwarze Ritter geht mit schweren Schritten auf das Bett im hinteren Raum zu, er öffnet die schwarze Schnalle seines Umhangs, der geräuschlos zu Boden fällt. Dann beugt er sich über die kleine Gestalt vor ihm, die reglos daliegt und beide Hände fest auf Mund und Augen gedrückt hält
â¦
Es kommt am Ende doch heraus, dass Nils die Fotos und das Video aufgenommen und ins Internet gestellt hat. Juri, Kristians bester Freund, hatte ihn dabei beobachtet, aber zunächst geschwiegen. Erst als die Lehrer nicht aufhörten Kristian zu verdächtigen, rückte er mit der Wahrheit heraus.
Nils muss die Schule verlassen, Kristian bekommt eine Verwarnung und muss eine Therapie bei der Beratungslehrerin machen.
Frau Wischer ist ziemlich nett, sie ist die Klassenlehrerin von Sakura und unterrichtet Deutsch in seiner Klasse. Obwohl das nicht sein Lieblingsfach ist, weil er nach wie vor groÃe Probleme mit langen Texten hat, versteht er sich gut mit ihr. Sie ist auch die einzige Lehrerin, die nicht schimpft, wenn er mit dem Stuhl umkippt oder plötzlich aus der Klasse läuft, weil er Bauchschmerzen hat.
Und sie ist auch die Einzige, die vielleicht verstehen würde, was passiert ist, wenn er es ihr erzählen könnte.
Aber das ist natürlich ganz und gar undenkbar. Er muss sie austricksen, anlügen, um den Vater und überhaupt die ganze Familie zu retten. Der Vater ist mit ihm alle möglichen Fragen durchgegangen. »Pass ja auf, was du sagst. Die interpretieren da sonst was Falsches rein, und das wollen wir doch nicht. Wie steht die Familie denn da? Du weiÃt, es geht um die Ehre! Du hast gehört, was Onkel Vladimir gesagt hat. Wir fürchten um das Leben von Oma Herta.«
Kristian liebt seine Oma. Nur weil er nicht schweigen kann, darf sie nicht sterben oder auch nur krank werden. Denn dann müsste die Mutter wieder hinfahren.
Kristian ist etwas verlegen, als Frau Wischer ihn freundlich in ihr Sprechzimmer bittet.
»Nun erzähl mal, Kristian. Wie verstehst du dich denn normalerweise mit deinen Eltern?«
»Gut«, sagt er.
»Bist du glücklich, so wie es ist?«
Das hat er seine Schwester neulich auch gefragt, denn sie hat doch alles, was man sich wünschen kann: einen Freund, der sie liebt, einen kleinen Sohn, eine Wohnung und eine Arbeitsstelle. Katarina hat nur gelacht. »Der Anfang vom Glück ist das Ende aller Sehnsucht«, hat sie geantwortet. »Und so einen Zustand gibt es eigentlich gar nicht. Nur für kurze Momente. Ich habe noch so viele Wünsche.«
Kristian seufzt leise. Was soll er denn sagen? Wenn sich das Glücklichsein nach den unerfüllten Wünschen richtet, dann wird er wohl niemals glücklich werden.
Frau Wischer deutet sein Seufzen als Antwort.
»Was bedrückt dich? Geht es um deinen Vater oder deine Mutter oder �«
Erschrocken unterbricht er sie: »Nein, so ist das nicht. Es ist alles ⦠alles ist ⦠okay. Es gibt keine Probleme.«
»Wie verbringst du denn die Abende? Gehst du raus oder bleibst du zu Hause?«
»Nachmittags geh ich raus zum FuÃballspielen oder ich treffe mich mit Freunden, nur so zum Chillen.«
»Und abends?«
»Manchmal zeichne ich.«
»Ich weiÃ, du bist ein begabter Manga-Künstler. Was ist denn deine Lieblingsfigur? Arbeitest du an einer bestimmten Geschichte?«
Beinahe wäre er in die Falle getappt und hätte ihr vom Schwarzen Ritter erzählt. Aber sein Vater hat ihn zum Glück vorgewarnt: »Sei auf der Hut! Sie wird versuchen dich auszutricksen.Solche Psychotanten sind extra geschult, damit sie aus den Leuten Sachen herausholen, die die gar nicht sagen wollten.«
Und so erzählt er ihr einfach die Geschichte des letzten Naruto-Mangas in der Hoffnung, dass japanische Comics nicht zu ihrer Lieblingslektüre gehören.
Sie hört aufmerksam zu, aber irgendwie hat Kristian das Gefühl, dass sie eine andere Geschichte erwartet hat. Und tatsächlich. Kaum hört er auf zu erzählen,
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