Wofuer es sich zu sterben lohnt
Brust.
Eine weitere halbe Stunde später stiegen sie vor einem Hotel, das ebenfalls an einem Hang lag, aus dem Taxi.
Die Auffahrt war protzig, und zwei bewaffnete Wächter begrüßten sie mit einem Lächeln. Hinter ihnen saßen drei Polizisten, von denen zwei mit automatischen Waffen aus gerüstet waren.
Der Swimmingpool überraschte, weil er geformt war wie ein Kreuz und weil das Wasser darin so heiß war, dass es dampfte.
»Das kommt direkt aus dem heißen Erdinneren, genau wie auf Island«, erzählte Sven. »Fassen Sie mal rein.«
Das tat Monika.
»Wie ist das möglich? Wir sind doch zweieinhalbtausend Meter über dem Meer.«
Sven lachte und fing enthusiastisch mit Erklärungen an. Er und Marika waren beide Vulkanologen. Es gab offenbar eine ganze Welt von Berufen, von denen Monika noch nie gehört hatte.
Die beiden erzählten wild durcheinander, dass Äthiopien durchaus nicht hoch über dem glühenden Erdinneren, son dern auf einer Ausbuchtung glühenden Magmas lag. Dass sich die geschmolzene Steinmasse so dicht unter der Erd oberfläche befand, dass sie das Wasser aufheizte, das hier klar und warm an ihnen vorüberströmte.
»Das klingt gefährlich.«
»Vom Vulkanstandpunkt aus gesehen ist das hier die ak tivste Gegend der Welt. Aber es ist schon lange her, dass die se Vulkane für Menschen oder Tiere gefährlich waren.«
»Falls man nicht reinfällt und sich Arme und Bei ne bricht«, fügte Marika hinzu und küsste Sven auf den Kopf.
Es klang für Monika nicht gerade beruhigend zu wissen, dass sie auf einer dünnen Erdkruste balancierte, die not dürftig einen kochenden Klumpen aus geschmolzenem Stein bedeckte. Sie hatte das Gefühl, vorsichtig gehen zu müssen, wie auf dünnem Eis.
Es war ein seltsames Gefühl, mitten in einer Ermittlung tatenlos an einem Schwimmbecken zu liegen und von Kin dern umgeben zu sein, die schrien und planschten wie an irgendeinem beliebigen Ferienort.
Die kleine Sara, die bald in ihre neue Heimat reisen wür de, schien es nicht zu stören, dass die Menschen um sie he rum plötzlich so viel bleicher geworden waren. Ein Lächeln ist ein Lächeln, und sie lächelte zurück, zahnlos und opti mistisch, wann immer jemand sie anlächelte.
Monika ließ ihre Haut von der Sonne wärmen. Sie blin zelte und sah ihr Blut durch ihre Augenlider. Das sollte diesmal aber dort bleiben. Bei ihrem letzten Fall hatte sie im Dienst ungeheuer viel Blut verloren. Das wollte sie in Zukunft nach Möglichkeit vermeiden.
Unter ihr, nicht weit entfernt, leuchtete das brennende Erdinnere ebenfalls rot. Daran wollte sie nicht denken.
Sie freute sich auf die Begegnung mit ihrem äthiopischen Kollegen. Montag um drei Uhr, hatte er gesagt. Sie fand das ein wenig spät, aber sicher hatte er Wichtigeres zu tun, als verschwundene schwedische Schüler zu suchen.
Obwohl der nächste Tag also ein Arbeitstag war, konnte sie ausschlafen, bis sie um zehn Uhr von selbst aufwachte. Sie frühstückte in aller Ruhe auf der Hotelterrasse und ließ ihren Blick über die Stadt schweifen.
Dächer aus Wellblech, die meisten alt und braungrau ver färbt, bildeten ein unregelmäßiges Mosaik. Von unten her drängte die Vegetation wie grüne Flammen nach oben - manche hoch, andere niedrig, noch andere von roten Blü ten bedeckt. Weiter unten in der Innenstadt waren unregel mäßige Gruppen von Hochhäusern zu sehen.
Sie beschloss, dorthin zu gehen. Ihr Stadtplan zeigte eine organisch gewachsene Stadt, die Straßen beschrieben Bo gen, sie waren miteinander verschlungen und änderten ihre Richtung. Monika wollte sich an die großen Straßen hal ten, so verlockend die Gassen dahinter auch sein mochten. Dort wuschen Frauen, dort spielten Kinder, dort wurde in winzigen Läden alles Mögliche verkauft.
Sie ging langsam, versuchte, sich dem Rhythmus der Stadt anzupassen, dem Atem der Stadt. In einem kleinen Café trank sie einen Macchiato und kam sich nicht mehr vor wie eine normale Touristin.
Plötzlich sah sie Theo.
Darauf war sie nicht vorbereitet. Sie hatte ihn mühsam suchen und ihn endlich finden wollen. Statt auf der Stra ße über ihn zu stolpern, aber da stand er am Straßenrand, zusammen mit einigen Freunden, alle seltsam gekleidet in schwarze Hose, schwarze Weste und weißes Hemd.
Sollte sie einfach zu ihm gehen? Aber riskierte sie dann nicht, ihn zu verscheuchen? Sie würde ihm kaum hinter herlaufen können. Und während sie versuchte, sich für ein Vorgehen zu entscheiden, sah sie einen weiteren jungen
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