Woge der Begierde
dass jegliche Sorge, Mr. Westons Begehrlichkeit könnte sich auf ihren Bettel von Vermögen richten, hoffnungslos unbegründet gewesen war. Er bekundete nicht nur, keinerlei Interesse daran zu haben, nein, er bestand auch darauf, dass es zu dem Geld zählte, das für sie festgesetzt wurde. Bei dieser Erklärung von ihm löste sich ihre Angst auf, die in ihr gelauert hatte, und sie lächelte ihn an. Sie hoffte, dass er sie nicht für geldgierig hielt, aber seit dem Tod ihrer Mutter war es schwer gewesen, die magere Summe, die ihre Großmutter ihr hinterlassen hatte, zusammenzuhalten. Die Vorstellung, es seiner Kontrolle zu übergeben, hatte ihr größte Angst bereitet, aber jetzt entspannte sie sich, da sie es sicher wusste. Sie schnappte allerdings unwillkürlich nach Luft, als sie vernahm, wie viel er versprach hinzuzufügen - das war ein kleines Vermögen!
Charles lächelte ihr zu. »Was? Ist es nicht genug?«, fragte er fast beiläufig. »Ich kann noch einmal zehntausend Pfund darauflegen, wenn Sie wollen - und vergessen Sie nicht, wir müssen noch über Ihr Nadelgeld sprechen.« Er schaute zu Adrian und erkundigte sich: »Was halten Sie von dreitausend Pfund im Vierteljahr? Meinen Sie, das reicht, um sie angemessen zu kleiden?«
Da sie ihre gesamte kleine Familie für weniger als dreitausend Pfund im Jahr ernährt und gekleidet hatte, erschrak Daphne. Ehe sie nachdenken konnte, platzte sie heraus: »Ist das nicht etwas übertrieben? Ich denke, ich
käme mit deutlich weniger aus. Genau genommen weiß ich das sogar.«
Mr. Vinton hüstelte und sagte freundlich: »Meine liebe Miss Beaumont, ich bin mit dem Umfang von Mr. Westons Vermögenswerten vertraut und kann Ihnen versichern, dass es keinen Grund für Sie gibt, mit etwas ›auszukommen‹. Glauben Sie mir, dass die von Mr. Weston vorgeschlagene Summe nicht unvernünftig ist. Es ist ein großzügig bemessenes Nadelgeld, das ich Ihnen rate anzunehmen.«
»Nun gut«, erwiderte Daphne kleinlaut, aber als sie Mr. Weston anschaute, stand in ihrem Blick Unbehagen. Es war eine Sache, ein Ehrenmann zu sein und ihr die Ehe anzubieten, aber musste er zu allem Überfluss auch noch reich sein? Sie biss sich auf die Lippe. Die Umstände ihrer Verlobung erregten schon genug Klatsch. Er war schließlich der Cousin eines Earls, wohingegen sie - einmal unverblümt gesagt - bloß ein Niemand war. Zu erfahren, dass er zudem reich war, war einfach zu viel. Die Leute würden denken, sie hätte die Sache eigens so eingefädelt, überlegte Daphne bedrückt. Garstigere Menschen würden sicher glauben, dass sie eine Ränke schmiedende Harpyie war, die alles tun würde, um einen reichen Mann zu heiraten.
Charles spürte, dass etwas sie bedrückte; er musterte sie aus zusammengekniffenen Augen. Sicherlich war es nicht das Geld, oder?
Als sie sich erhoben und aufbrechen wollten, fasste er Daphne am Arm und sagte zu Mr. Vinton und Adrian: »Dürfte ich bitte kurz mit Miss Beaumont unter vier Augen sprechen?«
»Selbstverständlich«, erwiderte Mr. Vinton. Mit einem Lächeln zu Adrian sagte er: »Falls Sie gerne eine Tasse Tee hätten, könnten wir in die Bibliothek gehen.«
Adrian war nach einem neugierigen Blick von Charles zu Daphne einverstanden, und die beiden Männer verließen den Raum.
»Was ist?«, fragte Daphne, die ungewohnte Nervosität empfand, mit ihm allein zu sein. Besonders angesichts der Richtung, die ihre Gedanken erst vor Kurzem eingeschlagen hatten.
»Ich glaube, das ist meine Frage«, erklärte Charles. »Was ist los? Meinen Sie, das Geld reicht nicht?«
Entsetzt, dass er sie für so habsüchtig hielt, starrte Daphne ihn an. »Nein. Nein, bestimmt nicht. Sie sind sehr großzügig.«
»Was ist es dann? Und bitte machen Sie keine Ausflüchte. Etwas beschäftigt Sie. Was?«
Sie wich seinem Blick aus. »Ich wusste nicht, dass Sie so reich sind. Es … es war eine Überraschung.«
»Eine angenehme, hoffe ich doch«, bemerkte er.
Sie schaute ihn geradeaus an. »Es ist schlimm genug«, erwiderte sie unglücklich, »dass Sie gezwungen waren, mir einen Heiratsantrag zu machen und dass Ihr Cousin ein Earl ist, aber jetzt muss ich auch noch herausfinden, dass Sie überaus wohlhabend sind.« Sie schluckte und sah niedergeschlagen aus. »Es gibt schon so genug Gerede über unsere Verlobung, und jetzt werden die Leute denken, dass ich alles geplant und Ihnen eine Falle gestellt habe. Ich bin sicher, dass manche bereits glauben, ich hätte Sie verführt.«
Charles zog
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