Woge der Begierde
das nicht tun.«
Es war für beide ein schwieriger Augenblick, Charles traute seiner Selbstbeherrschung nicht, und Daphne war verlegen und beschämt wegen des abrupten Endes der leidenschaftlichen Zärtlichkeiten. Seine Entschuldigung verstärkte ihr Unbehagen nur noch, aber sie ärgerte sie auch. Es tat ihm leid? Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Sie würde dafür sorgen, dass es ihm leid tat, so leid, dass er es nie wieder vergaß. Aber erst wollte sie wissen, was sie falsch gemacht hatte.
Mit abgewandtem Gesicht, damit sie ihn nicht ansehen musste, als er aufstand und sich neben sie setzte, erkundigte
sie sich mit gepresster Stimme: »Habe ich etwas getan, was dir nicht gefallen hat? Ich denke, ich verdiene es, zu erfahren, weshalb du mich zurückweist.«
Charles stieß ein hohles Lachen aus, und sie drehte sich um und starrte ihn mit wütend funkelnden Augen an. Er hielt die Hände hoch, als gälte es, einen Schlag abzuwehren und schüttelte währenddessen den Kopf. »Dich zurückweisen? Ich?«, fragte er in trockenem Ton. »Gütiger Himmel! Ich weise dich doch nicht zurück. Ich halte mich gerade nur noch rechtzeitig davon ab, unehrenhaft zu handeln. Und nicht gefallen - ha, das hat nichts mit dem zu tun, was hier eben fast geschehen wäre.« Er schüttelte weiter den Kopf. »Du bist eine blinde kleine Närrin, wenn du nicht begreifst, dass ich einfach nicht die Finger von dir lassen kann, trotz bester Absichten. Alles, was nötig ist, damit ich alle Ehre in den Wind schlage, ist, mit dir allein zu sein.«
Sie schaute ihn ungläubig an. »Du hast aufgehört wegen der Ehre?«
»Hm, ein lächerlicher Grund, ich weiß«, erwiderte er mit einem ironischen Lächeln. »Es fällt mir selber schwer, das zu glauben, und wenn einer meiner Verwandten oder Freunde dahinterkommt, ist mein Ruf dahin. Aber das ändert nichts an den Tatsachen.«
Sie starrte ihn weiter an, erwog seine Worte. Ein Teil von ihr bewunderte seine Einstellung, ein Teil von ihr wünschte sich, er möge nicht ganz so ehrenhaft sein, und ein weiterer Teil von ihr war so entzückt und erleichtert wegen seiner Antwort, dass sie ihm die Arme um den Hals hätte werfen mögen. Sie hatte ihn nicht enttäuscht oder ihm nicht gefallen. Er begehrte sie. Ein leises Lächeln spielte um ihre Lippen. Er begehrte sie so sehr, dass er seine Finger nicht von ihr lassen konnte.
Unter ihren Wimpern heraus sah sie ihn nachdenklich an, und ihr Puls beschleunigte sich, als sie sah, dass er sie beobachtete.
Ihre Blicke trafen sich, er lächelte und schüttelte den Kopf. Er hob eine ihrer Hände an seine Lippen, küsste ihren Handrücken. »Keine Tricks, meine Liebste«, warnte er sie, und etwas in den Tiefen seiner jadegrünen Augen sandte ihr einen Schauer, halb Erregung, halb Angst, über den Rücken. »Es wäre nicht fair«, fügte er leise hinzu, »wenn du mich zu sehr in Versuchung führst. Meine Beherrschung ist bestenfalls hauchdünn, und ich glaube nicht, dass es dich freuen würde, wenn du mich vom rechten Weg abbringst.«
Ihre Augen wurden schmal. »Du lastest mir die Verantwortung für deine Ehre auf?«
»Nur, wenn du mich in Versuchung führen willst.«
»Aber das ist nicht fair«, widersprach sie, während ihr köstlich verbotene Gedanken durch den Sinn gingen, genau das zu tun; sie fragte sich, ob sie es wagte, seine Beherrschung auf die Probe zu stellen. Apropos Versuchung! Sie kämpfte gegen den Drang, ihre Verführungskünste auszuprobieren, um zu sehen, ob sie ihn zu weit treiben konnte, aber schließlich entschied sie, dass er in einer Sache recht hatte: Es würde sie nicht glücklich machen, wenn sie ihn dazu trieb, sich unehrenhaft zu verhalten. Es war völlig unfair, aber nachdem er Ehre ins Spiel gebracht hatte, hatte er sie vor die Wahl gestellt, ob sie selbst sich ehrenhaft verhalten wollte oder nicht. Daphne nahm Ehre sehr ernst, vor allem ihre eigene, mindestens so wie Charles seine, und daher schob sie voller Bedauern alle Überlegungen beiseite, ihre Künste an ihm zu erproben. Nicht, dass sie sich völlig sicher war, dass ihre Künste die erhoffte Wirkung
auf Charles zeigen würden, aber nach den Ereignissen von eben, dachte sie mit einem leisen zufriedenen Lächeln, sprach doch einiges dafür.
Charles beobachtete ihr Mienenspiel und erkannte den Augenblick, da sie die Idee verwarf, zu versuchen, ihn zu verführen. Es tat ihm fast leid, dass sie sich für den ehrenwerten Weg entschieden hatte, aber es gefiel ihm auf einer anderen
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