Woge der Begierde
und April gemeinsam in der Kutsche saß, winkte Charles Daphne nur lässig zu und ging dann zu seinem wartenden Pferd, um mit Trevillyan nach Lanyon Hall zurückzureiten.
Soweit es Charles betraf, konnte die Hochzeit nicht rasch genug stattfinden. Ihn plagte nicht nur ständiges Verlangen, wann immer er in Daphnes Nähe war oder auch nur an sie dachte, was auch seine Nachtruhe beeinträchtigte, er hatte auch langsam genug von Lanyon Hall und seinem Gastgeber. Der Viscount war insgesamt recht umgänglich und auch kein schlechter Gesellschafter, aber er verlieh immer wieder seiner Verbitterung über den Umstand Ausdruck, Sir Huxleys Vermögen verlustig gegangen zu sein, und Charles war langsam die versteckten Andeutungen über die Ungerechtigkeit des Schicksals ganz allgemein und junge Welpen, die mehr Glück als Verstand hatten, leid. Sicherlich trank der Viscount zu viel und hatte Charles’ Ansicht nach eine zu große Vorliebe für Flasche und Glücksspiel. Auf der anderen Seite war es nicht so, als ob er den Viscount verabscheute - Trevillyan war nicht schlimmer als jeder beliebige andere junge Mann, und er nahm an, dass er in Raouls Freundeskreis als feiner Kerl gegolten hatte.
Auf dem Ritt nach Lanyon Hall in dieser Nacht überlegte Charles, welche Richtung sein Leben eingeschlagen hätte,
wenn er sich nicht entschlossen hätte, Trevillyan einen Besuch abzustatten. Er lächelte über sich selbst. Er schuldete dem Mann viel, mehr, als er ihm je vergelten konnte. Eine unangenehme Kälte breitete sich in ihm aus, wenn er daran dachte, dass er, wenn er nicht zu Besuch gekommen wäre, nie Daphne kennen gelernt hätte. Es war ihm gleich, dass Trevillyan insgeheim die anstehende Eheschließung beklagte, weil er glaubte, Charles werde seine Ritterlichkeit bald schon bitter bereuen. Es war nun einmal Tatsache: Wäre er nicht hergereist und wäre Daphne nicht in sein Leben geschleudert worden, hätte er weiter sein rastloses, einsames Dasein geführt, hätte nie die tiefe Freude und Leidenschaft erfahren, die er jetzt erlebte, hätte nie etwas davon geahnt.
Bloß daran zu denken, nach Stonegate zurückzukehren ohne Daphne an seiner Seite, erfüllte ihn mit Widerwillen. Daphne, erkannte er mit fast so etwas wie Demut - und Charles war nur selten demütig -, hatte ihn vor einem kalten, sinnleeren Schicksal bewahrt, und zum ersten Mal begriff er, was Nells Eintritt in Julians Leben für diesen bedeutet hatte.
So wie Wyndham Manor nicht länger das einsame, strenge Herrenhaus war, das es vor Julians Ehe mit Nell gewesen war, so würde sich auch Stonegate unter Daphnes Hand verwandeln. Wie ein lebhafter Frühlingswind würde ihre Gegenwart all die alten, hässlichen Erinnerungen vertreiben, und Stonegate würde wieder zu dem gemütlichen einladenden Heim werden, an das er sich aus seiner Kindheit erinnerte. Ehe meine Mutter gestorben ist und Vater Sophia ins Haus gebracht hat, dachte er. Aber er wollte sich nicht von der Vergangenheit beherrschen lassen, wollte sich nicht erlauben, sich in den dunklen Gedanken zu verlieren, die ihn so oft plagten. Wieder dankte er im Geiste dem Herrgott,
dass er ihm Daphne geschickt hatte. Er lächelte. Selbst wenn sie mit Bruder und Schwester und ein paar Geistern kam. Adrian und April empfand er nicht als Problem - er mochte sie beide sehr gern und freute sich an ihrem jugendlichen Überschwang. Die Geister allerdings …
Charles war erleichtert, dass das Problem der Gespenster wenn auch nicht gelöst, so doch weniger drängend geworden war. Was auch gut war, fand er, wenn man bedachte, wie wenig Zeit sie im Augenblick hatten. Er hatte gehofft, in den vergangenen Tagen die Chance zu erhalten, mit Daphne zusammen mehr über Sir Wesley und das weinende Gespenst herauszufinden, aber die Umstände hatten das verhindert. Sie hatten sich unter vier Augen kurz über das ungelöste Problem unterhalten, aber da die Geister für den Moment Ruhe gaben, waren sie willens, offensichtlich schlafende Hunde nicht zu wecken. Bald genug würde er auf Beaumont Place leben, und dann wären er und Daphne imstande, sich gemeinsam mit den verschiedenen Erscheinungen zu befassen, die im Haus ihr Unwesen zu treiben schienen. Ein langsames Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Und er wäre auch endlich in der Lage, seine Frau zu lieben, wann immer ihm der Sinn danach stand. So sehnte er sich seinen Hochzeitstag beinahe herbei, freute sich auf das, was die Zukunft für ihn bereithielt und war zum ersten
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