Woge der Begierde
Aprils Chancen. Mit nur einem Wort der Countess könnte ihr ganz London zu Füßen liegen. Und wenn der Earl ihm hilft, könnte Adrian Mitglied in den exklusivsten Herrenclubs der Stadt werden. Unter der Ägide des Earls und der Countess of Wyndham wäre ihre gesellschaftliche Stellung gesichert.«
»Und du denkst nicht, ich könnte das alles auch?«, erkundigte er sich mit hochgezogenen Brauen und war leicht erstaunt, wie sehr es ihn störte, dass Daphne sich an jemand anderen wenden wollte, um ihre Geschwister in der guten Gesellschaft zu etablieren.
»Könntest du das?«, fragte Daphne offen und berührte ihn am Ärmel. »Oh, Charles. Würdest du das tun? Es wäre mehr, als ich mir je hätte träumen lassen, wenn sie in den besten Kreisen aufgenommen würden. Ihnen stünden alle Türen offen, alle Möglichkeiten.«
Während Charles in Daphnes Gesicht schaute und die Liebe für ihre Geschwister und den Stolz auf sie darin las,
fragte er sich mit fast so etwas wie Verzweiflung - und nicht zum ersten Mal, ob sie ihn wohl je so voller Liebe ansehen würde. Ihm kam der niederschmetternde Gedanke, dass er in Daphnes Welt erst an dritter Stelle nach Adrian und April kam, und zwar mit weitem Abstand. Er war jetzt nicht direkt eifersüchtig, wenigstens glaubte er das nicht, aber er wünschte sich, dass seine Rivalen um ihre Zuneigung nicht ihr Bruder und ihre Schwester wären. Bei einem männlichen Nebenbuhler hätte er genau gewusst, wie er ihn ausschalten konnte, aber gegen April und Adrian war er machtlos. Wenn es sich um zwei selbstsüchtige, niederträchtige und undankbare Blagen gehandelt hätte, könnte und hätte er sie rücksichtslos erledigt, aber was sollte er tun, wenn er gegen einen so entwaffnend freundlichen jungen Mann wie Adrian und ein so reizendes junges Ding wie April antreten musste? Sie stammten vielleicht nicht aus einer gesellschaftlich so einflussreichen und vornehmen Familie wie er selbst, aber ihre Abstammung war achtbar, und dank Adrians kürzlich geerbten Titels und des dazugehörigen Vermögens gab es nichts, was ihrem Aufstieg in die höchsten Kreise entgegenstand. Charles lächelte. Wer konnte den beiden schon widerstehen? Sie verdienten die besten Chancen, die Daphne sich für sie wünschte. Zu seiner Verwunderung stellte er fest, dass er ebenso sehr wie Daphne wollte, dass sie in der Gesellschaft vorankamen. Er schüttelte über sich selbst den Kopf, wie rasch er sich gewandelt hatte und sich nun genauso berechnend verhielt wie sonst Väter und Mütter.
Charles schaute zu Julian, Marcus und Adrian, die zusammenstanden und sich unterhielten. »Ich verfüge vielleicht nicht über das Ansehen des Earl of Wyndham oder die gesetzte Beständigkeit meines Cousins Marcus, aber es
gibt nur wenige Türen, die mir verschlossen sind«, erklärte er offen, »und als sein Schwager wäre ich gerne bereit, Adrian Zutritt zu den besten Gesellschaftskreisen zu ermöglichen.« Er schnitt eine Grimasse; die Aufrichtigkeit zwang ihn, hinzuzufügen: »In Aprils Fall allerdings … ich denke, dass es vielleicht besser wäre, sie Nell und dir zu überlassen.« Er grinste. »Die eine oder andere der führenden Gastgeberinnen würde vielleicht eine junge Frau schief ansehen, die ich in die Gesellschaft einzuführen versuchte.«
»Ist dein Ruf so schlimm?«, erkundigte sich Daphne unbehaglich. Sie war neugierig, was für ein Leben er geführt hatte, ehe er nach Cornwall gekommen war. Sie wusste, dass er mit dem Earl verwandt war, dass seine Familie angesehen und er selbst reich war, einen Landsitz sein Eigen nannte, aber darüber hinaus … war er wie eine leere Leinwand für sie.
Charles rieb sich das Kinn. »Lass es mich mal so ausdrücken: Vor ein paar Jahren noch hätten Mütter mit hübschen heiratsfähigen Töchtern sie am liebsten weggesperrt, wenn ich in der Nähe war.« Er lächelte einnehmend. »Die meisten Herren dagegen hatten nichts an mir auszusetzen.«
»Lassen Sie sich von ihm nicht hinters Licht führen«, sagte Julian, der sich zu ihnen stellte. Marcus und Adrian folgten ihm dicht auf den Fersen. Mit einem breiten Lächeln zu Charles fuhr Julian fort: »Ich kann Ihnen versichern, meine Liebe, dass er ein echter Wüstling war. Ein gut aussehender, charmanter Tunichtgut, ein tollkühner Reiter und ein vom Glück verwöhnter Spieler.«
»Und vergiss nicht«, meldete sich Marcus zu Wort, »geschickt mit den Fäusten, ein Teufel mit dem Degen und ein Draufgänger.«
»Das alles«, pflichtete
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