Wogen der Leidenschaft - Roman
gute Idee. Schon vorhin nicht, und jetzt auch nicht.«
» Wir sind zwei reife Erwachsene– und ich möchte dir sehr gern zeigen, wie zivilisiert ich in Wahrheit bin. Nur ein Kuss, dann machen wir Schluss.« Er ließ eine ihrer Hände los, nur zur Probe.
Es war ein Fehler.
Ihre freie Hand landete mit so großer Kraft seitlich an seinem Kopf, dass er Sterne vor sich sah. Dann versetzte sie ihm einen bemerkenswert heftigen Stoß, warfihn um und kroch aus dem Kerker ihres Schlafsackes.
Sie knipste ein Licht an, und Ben starrte in die Mündung ihrer Flinte.
» Anziehen, Mr Sinclair. Wir machen uns auf den Heimweg.«
Ben spähte auf seine Uhr.
» Noch nicht mal fünf Uhr morgens!«
» Somit werde ich rechtzeitig da sein und meine Gäste auf ihre Tour führen. Los, Bewegung.«
Auf der Suche nach ihren Schuhen senkte sie die Flinte, und Ben sprang auf sie zu und hielt ihr den Mund zu, während er sie auf dem Boden festnagelte.
Ihre Augen weiteten sich, ehe er das Licht löschte– obwohl ihr Schock etwas mit dem Smith&Wesson-Revolver in seiner Hand zu tun haben mochte.
» Pst. Da draußen ist jemand.«
Sie hielt den Atem an und lauschte. Motorengeräusch erstarb, Stimmen drangen den Hang herunter zu ihrem Unterstand.
Emma versuchte sich freizukämpfen.
» Das sind die Holzarbeiter! Ich muss sie vor den Metallspießen warnen.«
» Das kann man nicht wissen. Wir können sie kaum hören, noch viel weniger erkennen, wer sie sind.«
Sie machte wieder Licht und brachte in ihrer Hast den Schlafsack total durcheinander.
» O mein Gott, die dürfen mich hier nicht so finden. Sicher würde es jemand Galen stecken…« Sie verstummte jäh, als Ben den Revolver auf seinen Schlafsack legte.
» Woher ist das Ding?«
» Mitgebracht.« Er grinste über ihr Erstaunen.
» Seien Sie nicht so geschockt. Für Sie mag ich ein Stadtmensch und ein Weichei sein, aber wehrlos bin ich nicht.«
» Für die Waffe braucht man eine Bewilligung.«
» Die habe ich.«
Sie kniff die Augen zusammen.
» Wo war die Knarre, als Durham Sie zusammengeschlagen hat?«
» Im Holster, hinten im Gürtel.«
» Und warum haben Sie sie nicht benutzt?«
Nun war es an Ben, erstaunt zu sein.
» Ich hätte ganz sicher nicht die Situation eskalieren lassen, indem ich eine Waffe ziehe.«
Als das Geräusch eines startenden Dieselmotors zu hören war, tastete sie wieder hektisch nach ihren Sachen.
Ben hielt es für besser, wenn er sich auch anzog.
» Ziemlich viel Betrieb hier mitten in der Wildnis.«
» Sie bleiben hier und brechen das Zelt ab, während ich hingehe und die Arbeiter vor den Spießen warne.«
» Ich komme mit.«
» Nein! Ich meine… nein danke, schon gut.«
Ben sah sie aus zusammengekniffenen Augen an.
» Sie werden Galen Simms nicht heiraten, Emma.«
» Was?«
» Michael befürchtet, Sie würden Simms heiraten, damit er sich frei fühlt und mit mir kommt. Sie werden den Mann nicht heiraten.«
» Sie haben kein Recht, mir zu sagen, was ich tun kann und was nicht.«
Ben senkte den Blick auf die Schlafsäcke, dann sah er wieder Emma an.
» Vielleicht noch…«– er näherte sein Gesicht dem ihren– » … nicht.«
Sie griff nach oben und packte die Stange, die das Segeltuch stützte, zerrte daran und zog die Leinwand mit dem schweren Schnee auf seinen Kopf, während sie durch das offene Ende hinausschlüpfte. Bis Ben das hinderliche Zeug los wurde, sah er von Emma nur die Atemwölkchen, die ihren Nasenlöchern entstiegen, während sie hügelauf zu den Holzarbeitern eilte und entschwand.
Ben blickte im Dämmerlicht des langsam anbrechenden Morgens um sich, als erwarte er, versengte Erde nach allen Richtungen um ihren Unterstand zu sehen. Die Hitze, die von dieser Frau ausging, hätte den Schnee bis Kanada zu schmelzen vermocht.
» Mikey, es wird nicht klappen.«
» Was wird nicht klappen?«
Emma, die ihre Ausrüstung zusammenpackte, hielt inne und ging um ihr Bett herum zu ihrem Neffen und berührte seinen Arm.
» Ich weiß, dass es für dich nicht leicht ist– schließlich ist dein Vater aus heiterem Himmel einfach so aufgetaucht. Und ich weiß auch, dass du immer von diesem Tag geträumt hast. Aber Ben Sinclair gehört zu der Sorte Mensch, die nach dem Motto lebt, › Wer rastet, der rostet‹. Er wirkt auf mich wie der sprichwörtliche rollende Stein, der nie Moos ansetzt.«
Er sah sie nur an. Seitdem sie und Ben am Vormittag zurückgekehrt waren, hatte der Junge sie wie ein Falke im Auge behalten, schweigend,
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