Wohin die Liebe führt
auf ein paar Tage mehr oder weniger nicht an.«
»Vielleicht hast du nicht verstanden, was ich sagte.« Sam sprach ruhig. »Luke ist zu Hause.«
Nora starrte ihn an. »Großartig! Und wann wird die Parade abgehalten?«
Plötzlich wurde sie weiß im Gesicht. Sie rannte ins Badezimmer. Sam hörte sie stöhnen und würgen, dann rauschte die Spülung. Wasser floß in ein Becken.
Nach ein paar Minuten kam sie heraus. Sie hielt noch das nasse Handtuch an ihr Gesicht. »Ich bin krank, Sam. Sehr krank.«
»Das weiß ich.«
»Nein, das weißt du nicht. Das weiß niemand. Weißt du etwa, was es heißt, Nacht für Nacht allein ins Bett zu gehen? Danach zu hungern und es nicht haben zu können?«
»So wichtig ist das nicht.«
»Dir vielleicht nicht!« sagte sie wütend. »Aber wenn ich den ganzen Tag gearbeitet habe, bin ich fertig. Und überwach. Ich kann nicht einschlafen. Ich muß etwas haben, das mich entspannt.«
»Hast du’s mal mit einer kalten Dusche versucht?«
»Du Witzbold! Denkst du denn, all die Dinge, die ich schaffe, kommen hier heraus?« Sie schlug gegen ihre Stirn. »Nein, das tun sie nicht. Hierher kommen sie!« Nora schlug auf ihren nackten Leib. »Hierher kommen sie, mein Lieber, und jedesmal fühle ich mich leerer. Und dann muß ich etwas tun, um mich wieder aufzufüllen. Kannst du das verstehen, du. du Mister Kunstkritiker?!«
Sam deutete auf ihre Kleider, die auf dem zerwühlten Bett lagen. »Zieh dich an. Deine Mutter wünscht, daß du Luke sofort anrufst.«
Sie warf ihm einen sonderbaren Blick zu. »Weiß meine Mutter denn.?«
Er sah sie fest an. »Deine Mutter weiß alles. Immer. Sie hat es mir gesagt, als ich damals zusagte, dein Agent zu werden.«
Sie sank auf das Bett. »Zu mir hat sie nie ein Wort davon gesagt.«
»Hätte das etwas genützt?«
Jetzt stiegen Nora die Tränen in die Augen. »Ich kann es nicht. Ich kann nicht. Ich kann nicht zurück.«
»Doch, du kannst. Ich habe Auftrag von deiner Mutter, dich in ein Flugzeug zu setzen, sobald du Luke angerufen hast.«
Sie sah zu ihm auf. »Hat sie das gesagt?«
»Ja.«
»Und Luke? Weiß er es auch?«
»Soweit ich’s beurteilen kann, weiß er nichts. Ich glaube, deine Mutter wünscht, daß er nichts erfährt.«
Nora saß einen Augenblick schweigend da, dann atmete sie tief auf. »Meinst du, ich bringe es fertig? Jetzt, da Luke zu Hause ist, werde ich nachts nie mehr allein sein.«
Sie griff nach ihren Kleidern und begann sich anzuziehen. »Meinst du, du kannst mich noch heute nacht ins Flugzeug setzen?« Es klang wie die Frage eines atemlosen, aufgeregten Kindes.
»Ja, in das erste, das heute nacht fliegt.«
Sie lächelte. Jetzt war sie glücklich. »Ich werde ihm eine gute Frau sein. Du wirst es erleben!« Sie schlüpfte in ihren Büstenhalter und drehte ihm den Rücken zu. »Bitte, hak ihn mir zu, Sam!«
Er trat zu ihr hin und hakte den Büstenhalter zu. Dann schlüpfte sie in ihr Kleid und ging nochmals ins Badezimmer. Als sie ein paar Minuten später herauskam, sah sie so frisch und sauber aus, als käme sie aus dem Morgenbad.
Sie ging auf Sam zu und küßte ihn plötzlich auf die Wange.
»Danke, Sam, daß du mich gesucht hast. Ich hatte Angst zurückzugehen. Angst, ihm gegenüberzutreten. Aber jetzt weiß ich, es wird alles gutgehen. Ich hab’ mir gewünscht, daß du mich finden solltest. Und du hast mich gefunden.«
Einen Augenblick sah er sie an, dann zuckte er die Achseln. »Wenn du wolltest, daß ich dich finden sollte - warum hast du mir dann keine Nachricht hinterlassen?«
»Nein, es mußte gerade so sein«, sagte sie. »Sonst wäre es nicht das Richtige gewesen. Es mußte noch ein Mensch wissen -außer mir selbst.« Er öffnete die Tür. »Komm, wir gehen«, sagte er.
Sie ging in das andere Zimmer und durch die Ausgangstür, ohne auch nur einen Blick für den jungen Mann, der auf einem Stuhl saß.
Charles stellte mir den Orangensaft auf den Tisch. Es war ein paar Monate später. Ich nahm das Glas und trank, als meine Schwiegermutter ins Zimmer trat.
Sie lächelte mir zu. »Guten Morgen, Luke.« Dann setzte sie sich und entfaltete ihre Serviette. »Wie geht’s ihr heute?«
»Anscheinend gut. Sie hat gut geschlafen, und ich glaube, mit ihrer Morgenübelkeit ist es schon vorbei.«
Sie nickte. »Nora ist gesund und kräftig. Eigentlich sollte sie keine Beschwerden haben.«
Zustimmend nickte ich. Kaum sechs Wochen war ich zu Hause, als Nora entdeckte, daß sie schwanger war. Eines Abends kam ich aus dem
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