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Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
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Straßen.
    Es war immer noch früh am Morgen, trotzdem wimmelte es in den Geschäften von Leuten, die den Januar-Schlussverkauf nutzen wollten. Ich zerrte Stuart in einen Campingladen und kaufte mir eine kleine blaue Mütze, zu der Handschuhe verschenkt wurden, sodass ich Stuart seine Mütze zurückgeben konnte. Wir bummelten eine Weile herum und gingen dann ins Laines-Shoppingzentrum. Auch hier war einiges los, aufgrund der engen Durchgänge zwischen den Geschäften wirkte das Gedränge sogar noch größer als draußen. Dafür war es hier weniger windig, und die Atmosphäre war entspannter.
    Ich fürchtete mich davor, Lee zu treffen.
    Ich hatte bereits ein paarmal geglaubt, ihn zu sehen: Im Zug war ein blonder Mann in einer blauen, unförmigen Jacke an uns vorbeigegangen. Ich hatte sein Gesicht zwar nicht erkennen können, doch seine Figur reichte aus, um mir einen Schauer über den Rücken zu jagen. Als wir am Strand gestanden und unsere Gesichter dem Wind zugewandt hatten, waren ein Mann und eine Frau mit einem Deutschen Schäferhund an uns vorbeigekommen. Das konnte er unmöglich gewesen sein – eine Frau und ein Hund, um Gottes willen! –, trotzdem machte es mich ganz krank.
    Es war fast zehn Uhr – Zeit für einen Tee. Wir fanden ein Café an einem kleinen Platz, auf dem ein Straßenmusiker mit fingerfreien Handschuhen in der Kälte Gitarre spielte und mit seiner rockigen Stimme dazu sang. Ein Kännchen Kaffee und ein Kännchen Tee standen zwischen uns auf einem kleinen, dunklen Holztischchen in einer Nische. Dann kam ein Mann herein und ging an unserem Tisch vorbei nach hinten. Ich duckte mich auf meinem Stuhl und wandte den Kopf ab.
    »Was ist?«, fragte Stuart.
    Ich kam wieder zu mir. »Tut mir leid. Es ist nichts. Was sagtest du gerade?«
    »Der Mann?«, fragte Stuart leise.
    Ich nickte. »Alles in Ordnung, ehrlich. Tut mir leid.«
    »Wie hieß er?«, fragte Stuart.
    Einen Moment lang konnte ich nicht antworten. Ich sah weg und horchte in mich hinein, ob ich bereit war, das jemandem anzuvertrauen. Er sah mich unverwandt an, sein Blick war fest und unerschrocken. Er würde die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Er würde mich auch nicht drängen, aber auf sich beruhen lassen würde er die Sache nicht.
    »Lee«, sagte ich. »Er heißt Lee.«
    Er nickte. »Lee. Und du glaubst, dass du ihn gesehen hast.«
    »Ja.« Ich blickte auf meine Hände in meinem Schoß, auf die Fingernägel, die sich in meine Handflächen bohrten.
    »Das ist in Ordnung, das gehört zum Heilungsprozess dazu«, sagte er.
    »Ich habe ihn sogar gesehen, als er noch im Knast saß. Deshalb gehe ich so selten aus.«
    Er lächelte mich an. »Du solltest diese Gedanken zulassen«, sagte er. »Das gehört dazu. Wenn du gegen sie ankämpfst, wird es nur schlimmer.«
    Er sah zu dem Mann hinüber, den ich gesehen hatte. »Er liest Zeitung«, sagte er. »Warum schaust du nicht hin?«
    Ich sah Stuart einen Augenblick an, als hätte er den Verstand verloren. Sein Gesichtsaudruck blieb gelassen. »Ich bin bei dir. Du bist in Sicherheit. Komm schon, sieh hin!«, sagte er.
    Ich konnte kaum glauben, dass ich es tat: Ich drehte mich um und spähte in den hinteren Teil des Cafés: Dort standen noch mehr dunkle Holztische, Pärchen tranken Tee genau wie wir, eine Familie mit zwei Kindern verdrückte verschiedene Eissorten, und dahinter saß ein blonder Mann mit einer dampfenden Tasse vor sich, der den Daily Express las.
    Mir blieb die Luft weg, ich hätte mich am liebsten versteckt. Doch ich wandte den Blick nicht ab. Er war es nicht. Das hatte ich bereits vorher gewusst, aber das hatte die Angst, die plötzliche Panik auch nicht verhindert. Jetzt sah ich deutlich, dass er es nicht war – er war älter, sein Haar war eher grau als blond, er hatte kleine Fältchen um die Augen, und sein Gesicht war schmaler. Er war nicht so kräftig wie Lee, im Gegenteil, ohne Jacke wirkte der Mann richtig schmal.
    Er spürte, dass ich ihn anstarrte, und sah von seiner Zeitung auf. Ein kurzer Blickkontakt entstand, und er lächelte. Er lächelte mich sogar an. Und plötzlich sah er Lee überhaupt nicht mehr ähnlich, er war einfach nur ein Fremder, ein freundlicher Mann, der seinen Kaffee genoss und mich anlächelte.
    Ich lächelte zurück.
    »Besser?«, fragte Stuart, als ich mich in meinem Stuhl zurücklehnte.

»Ja«, sagte ich.
    »Du weißt, dass du das kannst. Du bist mutiger, als du denkst«, sagte er.
    »Vielleicht«, sagte ich und trank meinen Tee. Er war heiß

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