Wohin du auch fliehst - Thriller
Toiletten, wo er mich abrupt losließ und durch die Tür schubste.
Dort war es überraschend still, die Musik war nur noch ein dumpfes Hämmern in weiter Ferne. Mädchen drängten sich um Spiegel und Waschbecken und trugen Feuchtigkeitspflege auf, obwohl die Luft schon feucht war.
Die letzte Kabine war frei, ich taumelte hinein, schloss die Tür hinter mir und verriegelte sie. Ich ging schluchzend auf die Knie und wiegte mich hin und her.
Die Minuten verstrichen, vielleicht waren es auch nur Sekunden. Ich wäre am liebsten sonst wo gewesen, nur nicht hier drin. Ich riss ein wenig Toilettenpapier ab und tupfte mir damit die Wangen ab. Ich starrte auf die schwarze Wimperntusche, den Eyeliner und die Nässe und merkte, wie meine Hand zitterte. Was war nur mit mir los? Seit wann ging alles so schief?
»Catherine!«, hörte ich Louise und dann ein Klopfen an der Tür. »Bist du da drin, Süße? Lass mich rein. Alles in Ordnung?«
Ich griff nach oben und entriegelte die Tür. Sie kam herein, sah mein Gesicht und verriegelte die Tür hinter sich. Sie ging neben mir in die Hocke, nahm meine Hand, hielt sie und versuchte das Zittern zu stoppen. »Was hast du, Süße? Was ist los?«
»Ich – ich fühle mich einfach nicht wohl«, sagte ich und begann erneut, heftig zu schluchzen.
Sie nahm mich in den Arm, und ich vergrub mein Gesicht in ihrem Haar. Sie duftete nach Parfüm, Haarspray und Schweiß. Ich liebte sie und sehnte mich gleichzeitig nach Sylvia.
»Es ist gut, es ist alles gut!«, summte sie und wiegte mich sanft. Sie riss noch mehr Toilettenpapier ab und wischte mir damit das Gesicht ab. »Soll ich Lee holen, damit er dich nach Hause bringt?«
Ich schüttelte so heftig den Kopf, dass sich die Kabine um mich zu drehen begann. »Nein«, sagte ich. »Es wird schon wieder. Ich brauche nur noch eine Minute.«
Sie strich mir das Haar aus dem Gesicht und versuchte, mich dazu zu bringen, ihr in die Augen zu sehen. »Was ist nur los mit dir, Liebling? Du bist gar nicht mehr du selbst. Was ist passiert?«
»Alles geht schief«, stammelte ich, und dann kamen mir wieder die Tränen. »Ich kann – ich kann … nicht mehr.«
Wieder klopfte es an der Tür. »Lou? Ich bin’s. Lass mich rein.«
Es war Claire. Louise entriegelte die Tür, und auch Claire kam herein, quetschte sich hinter die Tür und schloss sie wieder. Wir drängten uns zu dritt in einer Kabine, die eigentlich für nur eine Person gedacht war. Es war schon eine Weile her, seit wir das letzte Mal so etwas getan hatten. Der Gedanke, mit meinen Mädels zusammen zu sein, zauberte ein schwaches Lächeln auf mein Gesicht.
»Schau, schon geht es dir besser«, sagte Claire. »Du hast mich gebraucht, was, Süße? Louise, du warst auch schon mal besser. Komm her, Liebling.«
Sie stieß Louise beiseite und presste mich an ihren üppigen Busen, bis ich im wahrsten Sinne des Wortes kaum noch Luft bekam.
»Hör auf, sie erstickt ja gleich, siehst du das nicht?«
Am Ende mussten wir alle drei kichern. Ich hörte auf zu weinen, und mir war auch nicht mehr schlecht. Wir umarmten uns, entriegelten die Tür und gingen hinaus.
»Hier sind ein paar Schönheitsreparaturen nötig«, sagte Loui se und kramte in ihrem kleinen Täschchen nach ihrem Notfall-Make-up. Sie musterten mein abgekämpftes Gesicht.
»Also, was ist?«, fragte Claire. »Du weißt, du kannst uns alles erzählen. Egal, was es ist, Süße. Gemeinsam kriegen wir das schon hin.«
»Es ist – ach, ich weiß nicht. Ich bin mir nicht sicher. In der Arbeit läuft es nicht so gut. Ich bin ständig müde. Schlafe schlecht. Ihr wisst schon … Und Lee. Ich bin mir bei ihm nicht sicher.«
»Was ist denn das?«
Claire hielt meine Hände und betrachtete im kühlen Neonlicht die roten Abdrücke an meinen Handgelenken. Dort, wo er mich gegen den rauen Stein gepresst hatte, waren ein paar lange Kratzer und dünne Blutspuren zu sehen.
»Keine Ahnung«, sagte ich. »Ich muss mich irgendwo aufgeschrammt haben.«
Louise und Claire warfen sich einen kurzen Blick zu, während ich brav stillhielt und mir von Louise Eyeliner auftragen ließ.
»Na also – so schön wie immer!«, sagte sie nach einer Weile und drehte mich zum Spiegel.
Für einen Augenblick erkannte ich mich kaum wieder.
»Komm, Lee wird sich schon fragen, was wir hier treiben«, sagte Claire. »Ich habe ihm gesagt, dass ich kurz nach dir sehe.«
»Wartet er etwa draußen?«, fragte ich.
»Ja, er steht direkt vor der Tür. Er hat mich gesucht und mir
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