Wolf inside (German Edition)
Haus hatte auch schon bessere Tage gesehen. Im Erdgeschoss waren Graffitis aufgesprayt, es handelte sich um Reviermarkierungen, Bandenzeichen und reichlich Warnungen für andere.
Im ersten Stock waren die Fenster mit Brettern vernagelt, im Eingang, der nach unten, in den Keller zu führen schien, hing nur eine einzige trübe Lampe. Auf dem alten Schild, das über die Breite der Hauswand gemalt war, stand ‚La Tasquita’. Die ehemals gelbe Farbe war an einigen Stellen abgeblättert, der Putz bröckelte großflächig, es sah so richtig schön trostlos aus.
Wahrscheinlich war dieser Eindruck gewollt. Wer hier herkam, wollte bestimmt kein Feierabendbier. Wer hier herkam, hatte anderes im Sinn.
Vor dem Haus stand ein weißes Cabriolet. Ein fast neuer Mercedes, mit roten Sitzen, das Verdeck war heruntergelassen. Es war scheinbar unbeaufsichtigt. Doch ich wusste, irgendwo, hier im Dunkel, standen Wachposten. Die mich wahrscheinlich schon längst im Visier hatten.
Bingo. Da drüben an der Ecke sah ich eine Zigarette aufleuchten.
Ungefähr zehn Minuten blieb ich hier stehen, nichts rührte sich, kein Thomas, kein anderer Agent. Nicht gut. Überhaupt nicht gut. Doch was sollte ich machen, wenn ich was heraus kriegen wollte, musste ich hinein.
Langsam schlenderte ich über die Straße.
Während ich noch so auf den Eingang zu lief, schlugen alle meine Sinne Alarm. Ich sollte machen, dass ich nach Hause kam, sofort, und auf Cruiz warten. Meine Schritte stockten. Doch dann schüttelte ich das Gefühl ab. Der Kleine brauchte Hilfe. So schnell wie möglich.
Aus dem schwarzen Loch löste sich eine Gestalt. Die Funzel beleuchtete ihn nur schwach, ich sah lediglich, dass er schwarze Klamotten trug, und dass es sich vermutlich um einen dunklen Hispano handelte. Kubaner vielleicht.
Ich blieb stehen, vermied jede hastige Bewegung.
„ Wohin Jefe?“
„ Ich habe Informationen.“
„ Waffen?“
„ Ein Revolver. Im Schulterhalfter.“
Der Typ hielt nur die Hand auf. Shit, ich fühlte mich nackt ohne meinen Revolver. Trotzdem pulte ich die Knarre aus dem Holster und gab sie ihm. Wortlos ließ er mich durch die Tür eintreten.
Mit ziemlich mulmigen Gefühlen betrat ich die Bar. Schummeriges Licht empfing mich, Zigarettenqualm, so dicht wie Nebel, hing über dem Ganzen. Hinter dem Bartresen stand ein junger, knackiger Latino mit einem Gesicht wie von einem Gemälde und mischte ein paar Cocktails. Vor dem Tresen hockten ein paar Typen, die Wachposten. Sie waren es, die für diese Rauchentwicklung verantwortlich waren, die Aschenbecher vor ihnen auf dem Tresen quollen über.
Ich bleib stehen, zählte schnell durch, es waren vier, mit Visagen wie aus dem Verbrecheralbum. Einer, er saß auf Linksaußen, starrte mich an. In seinem Gesicht klebte eine lange rote Narbe, sie reichte von der schwarzen, buschigen Augenbraue bis fast zum Kinn herunter. Hatte seine Mutter ihm nicht beigebracht, dass man nicht mit Messern spielte?
Das Kerlchen daneben bleckte die Zähne, sollte das vielleicht ein Lächeln sein? Etwas funkelte mich an, der hatte doch nicht etwa einen Diamanten in der Kauleiste? Mit seinem schmierigen Grinsen und der pomadigen Frisur sah er aus wie ein Kinderschänder. Mir juckten die Fäuste, ich wollte ihm gerne die Fresse polieren. Einfach nur so.
Nummer drei und vier waren auch nicht besser, sie waren ziemlich hellhäutig, sahen aus wie Brüder. Dem schlechten Wetter zum Trotz trugen sie ärmellose dünne Lederwesten, und sonst nichts, ihre Haut sah aus wie ein Bilderbuch. Tattoos, dicht an dicht. Meine Nerven kribbelten, ich war mir sicher, dass mindestens eine Knarre ständig auf mich gerichtet war.
„ Hallo Jungs“, grüßte ich freundlich und ging langsam über einen Teppich, auf dem sich Flecken tummelten, mit denen ich nicht nähere Bekanntschaft machen wollte. Noch eine Woche weiter, und intelligentes Leben würde entstehen. Ich überlegte kurz – wie war es um meinen Tetanusschutz bestellt? Über eine Stelle, die aussah wie ein Blutfleck, stieg ich demonstrativ hinweg.
Es roch irgendwie komisch in diesem Puff. Muffig, ich bildete mir ein, irgendwas Chemisches zu riechen, und es stank nach kaltem Rauch, verschüttetem Alkohol, hatten die hier noch nie was von frischer Luft gehört?
Ich hätte gerne mein Handy rausgeholt und mit diesem Dämonenaufspürdings die Umgebung geprüft. Doch ich hatte keine Lust, diese Aktion erklären zu müssen. Oder mir wegen einer unbedachten Handbewegung eine Kugel
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