Wolf inside (German Edition)
und stand vor mir. Ich musste Cruiz etwas Zeit verschaffen, ich hoffte, ihm würde etwas einfallen, um dieses Theater zu beenden. Also versuchte ich, sie in ein Gespräch zu verwickeln, sie hinzuhalten.
„ Was haben Sie mit Sha`yla zu schaffen? Wieso arbeiten Sie für eine Dämonin?“
Sie lachte. „Zuerst wollte ich nur, dass sie Alessandro vor Raimondo beschützt, ich hatte herausgefunden, was er war. Und als Gegenleistung dafür wollte sie, dass ich jemanden töte. Leben für Leben.“ Sie zuckte die Achseln. „Wo ist mein Sohn?“, fauchte sich mich jetzt ungeduldig an.
„ Alessandro? Er ist in Sicherheit. So wie du es wolltest.“ Cruiz sprach jetzt mit ihr, bevor ich antworten konnte. Er war aus seiner Deckung herausgekommen und stand mir quasi gegenüber. Die Tanzfläche lag dazwischen und Bree auf ihrem Strohstapel.
„ Du!“ Sie wirbelte herum, Unglaube stand auf ihrem Puppengesicht. „Ich will, dass er zu mir kommt. Ich will ihn sehen, ich muss ihn sehen!“
„ Das geht nicht.“
„ Ich habe nicht vor, ohne ihn zu gehen. Ich werde nicht auf ihn verzichten. Ich brauche ihn.“ Es fehlte nur noch, dass sie wie ein kleines Kind mit dem Fuß auf die Erde stampfte. „Fast hätte ich ihn ja schon gehabt. Wenn der da“, sie zeigte auf Cruiz und ihr Gesicht verzerrte sich vor Hass, „sich nicht eingemischt hätte.“
Mir schwirrte der Kopf, und ein furchtbarer Verdacht drängte sich auf. „Victoria, haben Sie Sandro entführen wollen?“
Eisiges Lachen war die Antwort.
„ Entführen? Die zwei Idioten sollten ihn zu mir bringen! Ich bin seine Mutter, ich habe ein Recht auf ihn. Und wenn er erst mal die Fähigkeit der Wandlung beherrscht, dann wird er uns sehr nützlich sein.“
Shit. Verflucht.
Die ganze Zeit war ich auf dem falschen Dampfer gewesen. Nicht Raimondo war der Bösewicht, nein, Mom war die Hexe. Sie war es, die den Jungen ausfindig gemacht hatte, ihn aus seinem Versteck gelockt hatte. Mit dem Medaillon und dem Brief.
„ Du wirst den Jungen nur über meine Leiche bekommen“, Cruiz klang immer noch sehr ruhig, hatte sich keinen Inch von seinem Platz gerührt. Doch ich konnte die unterdrückte Wut spüren, wie heiße Wellen schwappte sie zu mir herüber.
„ Oh, da wären wir doch schon beim Thema.“ Jamie mischte sich wieder ein. Er zeigte auf mich. „Du wirst ihn töten.“ Jetzt zeigte er auf Cruiz.
„ Bestimmt nicht“, entfuhr es mir.
„ Nein? Nun … dann muss die Kleine hier wohl dran glauben. Vicky Lou.“ Jamie machte nur eine kleine, fast unsichtbare Handbewegung.
Und sie gehorchte, wandte sich um, ohne mit der Wimper zu zucken, ich konnte beobachten, wie sie sich konzentrierte. Bree begann zu jammern und angstvoll zu stöhnen, sie hob die Hände, wollte abwehren, was nur sie wahrnehmen konnte. Thomas, der die ganze Zeit nur da gestanden und geschwiegen hatte, mischte sich ein. „Vicky Lou, bitte, lass das Mädchen in Ruhe!“, flehte er. „Sie hat doch mit dieser Sache überhaupt nichts zu tun.“
Victoria starrte ihn an, ihre grünen Augen funkelten trotzig. „Dann überzeug deinen Freund, dass er meinen Bruder tötet.“
Thomas schaute mich an, durch seine dicken Brillengläser wirkten seine Eulenaugen doppelt besorgt. „Das ist keine gute Situation. Vicky Lou ist eine Vollstreckerin. Sie beherrscht die Kunst, per Gedanken zu töten. Und sie wird es tun. Wir wissen, dass sie den armen Billy auf dem Gewissen hat. Sein Tod war sehr qualvoll.“
„ Weiß Leach das auch?“
„ Ja. Aber Sie sehen ja … Wer wollte sie schon verhaften und anklagen? Wir vom DIPI …“
„ Und wenn du nicht willst, dass sie genauso stirbt wie dieser Schwachkopf, dann wirst du meinen Bruder töten. Sha`yla will es!“, kreischte sie laut dazwischen.
Ich war langsam ein wenig genervt von ihr. Ihre emotionale Reife schien sich im Gegensatz zu ihren anderen Charakterfehlern nicht groß entwickelt zu haben.
„ Warum? Was soll das? Er ist dein Bruder, Victoria.“ Ich versuchte, an die Familienbande zu appellieren, die beiden hatten sich doch mal so nahegestanden.
„ Mein Bruder? Ha! Er hat mich im Stich gelassen, hat mich vergessen …“ Victoria hatte begonnen, theatralisch an ihrem Kleid zu zerren, knetete den leichten Stoff gnadenlos durch. Es war eigenartig, je mehr sie sich aufregte, um so mehr schien Bree zu leiden. Wieder zuckte sie zusammen, so als habe sie heftige Stöße bekommen.
„ Victoria, beruhige dich, es muss nicht sein, dass Bree leidet.“ Ich legte
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