Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
trinken wolle. Dann verfiel sie in Schweigen und grübelte ganz offensichtlich darüber nach, wie es nur dazu hatte kommen können, dass ausgerechnet er ihr auferlegt worden war.
Wegen dieses Zwischenstopps und weil der Verkehr immer dichter wurde, waren die beiden anderen dann doch vor ihnen da. Croft und Karonski logierten im zehnten Stock eines Hotels, das auf Suiten für Geschäftsreisende spezialisiert war. Das Wohnzimmer war auf hoteltypische, unpersönliche Art recht nett eingerichtet und verfügte über den üblichen Komfort, einschließlich eines runden Tischs mit vier Stühlen. Eine echte Verbesserung im Vergleich zu den Konferenzmöglichkeiten in Lilys Wohnung, dachte Rule lächelnd. Was die Sauberkeit anging, ließ das Hotel jedoch einiges zu wünschen übrig. Bereits beim Betreten der Suite hatte er einen unerquicklichen Geruch wahrgenommen, den seine menschlichen Begleiter wohl nicht bemerkten. Vielleicht eine tote Maus im Wandschrank.
„Wie ist es gelaufen?“, fragte Lily. „Und was für eine Verbindung gibt es zwischen Mechs Kirche und der Kirche der Glaubenstreuen?“
„Es gibt keine“, entgegnete Karonski mürrisch. „Wir haben uns geirrt.“
Rule trat an den Tisch und packte seine Einkäufe aus. „Wer möchte eine anständige Tasse Kaffee?“
„Ah … danke, ich nicht.“ Karonski hatte einen merkwürdigen Gesichtsausdruck. Er wirkte irgendwie verlegen.
Croft sah ihn missbilligend an. „Was mein Partner gerade nicht aussprechen will, ist, dass wir auf dem Holzweg waren. Die Azá haben mit den Morden nichts zu tun.“
„Was soll das heißen, auf dem Holzweg?“, fuhr Lily auf. „Hat Sie dieser Most Reverend etwa innerhalb von ein paar Minuten davon überzeugen können, dass er eine weiße Weste hat?“
Croft wirkte verärgert. „Wissen Sie, es gibt eben manchmal zufällige Übereinstimmungen. Und wir haben leider voreilige Schlüsse gezogen.“
„Zufällige Übereinstimmungen!“ Lily sah aus, als würde sie am liebsten irgendetwas kaputtschlagen. Crofts Nase zum Beispiel. „Natürlich gibt es da einen Zusammenhang! Und solche Zusammenhänge aufzudecken, darum geht es bei der Polizeiarbeit!“
Croft schüttelte nur den Kopf. „Wir haben das alles ganz falsch interpretiert.“
Rule ergriff das Wort, bevor Lily sich eine Anzeige wegen körperlicher Gewalt gegen einen FBI -Agenten einhandeln konnte. „Harlowe soll doch der Letzte gewesen sein, der mit Fuentes gesprochen hat. Wie hat er sich dazu geäußert?“
„Er hat hundertprozentig kooperiert.“
Rule starrte ihn an. „Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen? Nur, dass er kooperiert hat?“
„Sehen Sie.“ Karonski fuhr sich durchs Haar und zerzauste es nur noch mehr. „Wie Martin schon sagte, wir haben voreilige Schlüsse gezogen. Haben es ein bisschen übertrieben. Wir haben keine Beweise dafür, dass Therese Martin durch Zauberei getötet wurde und dass die Kirche der Glaubenstreuen irgendetwas damit zu tun hat. Ein paar alte Legenden, ein ähnlicher Name …“ Er zuckte mit den Schultern. „Das ist im Grunde genommen nicht viel.“
Rule traute seinen Ohren nicht. „Abel“, sagte er leise, „wie viel haben die Ihnen dafür gegeben?“
Karonski sah ihn finster an. „Ich werde so tun, als hätte ich das nicht gehört.“
„Moment, Moment!“, sagte Lily. „Immer mit der Ruhe. Wir wollen uns doch nicht von unseren Gefühlen beeinflussen lassen!“
Erstaunt über ihren plötzlichen Sinneswandel, sah Rule sie an.
Sie wirkte ganz gefasst. Aber sie roch nicht so. Und er hörte, wenn auch gedämpft: Pass auf! Kann sein, dass sie gleich ihre Pistolen ziehen!
Sie hatte sich ihm lautlos mitgeteilt. Ein Trick, auf den Lupi häufig zurückgriffen – doch er hatte nicht damit gerechnet, dass sie davon wusste.
Lily lächelte die beiden Special Agents an. „Rule und ich, wir waren nur überrascht, das ist alles. Ich dachte, wir seien alle auf derselben Seite des Buches, aber anscheinend sind Sie schon bei einem anderen Kapitel angekommen und wollen uns keine Einzelheiten verraten. Habe ich recht?“
„So sieht es aus.“ Croft sah sie bedauernd an.
„Okay. Ich teile zwar Ihre Ansicht nicht, aber Sie sind hier diejenigen mit den Marken. Wenn ich recht verstehe, brauchen Sie mich bei diesem Fall nicht mehr.“
„Wir reisen morgen früh ab. Es gibt hier keinen Fall für uns.“
„Nun.“ Lily zuckte mit den Schultern. „Dann nehmen wir unseren Kaffee und verschwinden. Aber wir gehen im Guten auseinander, nicht
Weitere Kostenlose Bücher