Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
genesen ist, dass er selbst an der Zeremonie teilnehmen kann.“
„Selbstverständlich muss der Lu Nuncio die Unterwerfung im Namen der Nokolai annehmen. Jasper ist vor einer Stunde mit sieben Kyffin und zwei Angehörigen anderer Clans als Zeugen eingetroffen. Die Zeremonie ist für zwei Uhr angesetzt. Rule kehrt mit uns zum Clangut zurück.“
„Jetzt gleich?“, fuhr Rule überrascht auf. „Darf ich fragen, warum du das alles organisiert hast, ohne es vorher mit mir abzusprechen?“
„Du hast eine seltsame Vorstellung von meinen Befugnissen. Nicht ich habe es organisiert, sondern der Rat.“
Natürlich. Rule kam sich dumm vor. Hatte ihm die Sehnsucht, Lily wiederzusehen, das Hirn benebelt? Er musste sie anrufen und das Date verschieben. Das Date? Sie würde es wohl kaum so nennen … „Schlechtes Timing, aber da kann man wohl nichts machen.“
„Du hast etwas vor, das du für wichtiger hältst, als die Unterwerfung der Kyffin anzunehmen?“, fragte ihn Benedict.
„Wenn ich es tatsächlich für wichtiger hielte, würde ich den Rat um einen Aufschub bitten!“, schnauzte er zurück. „Zufällig versuche ich gerade, einer Festnahme wegen Mordes zu entgehen. Von meiner Meinung dazu mal ganz abgesehen – Kalifornien gehört zu den Staaten mit Todesstrafe. Es wäre nicht gut für den Clan, wenn der Nachfolger des Rho hingerichtet würde.“
Ein Hauch von Betroffenheit zeichnete sich auf Benedicts Zügen ab. „Wen hast du denn umgebracht?“
„Niemanden in letzter Zeit. Verdammt noch mal, ihr habt nichts davon mitbekommen, was? Verfolgt eigentlich niemand auf dem Gut die Nachrichten?“
„Wir waren ziemlich beschäftigt“, entgegnete Benedict trocken.
Rule fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Seine Frage war eigentlich rhetorischer Natur gewesen. Viele von denen, die das Glück hatten, auf dem Clangut leben zu dürfen, interessierten sich nicht für das, was in der Welt der Menschen vor sich ging. Der Rat konnte sich eine solche Ignoranz natürlich nicht leisten, aber derzeit hatte man andere Dinge im Kopf. „Man versucht anscheinend, mir etwas anzuhängen“, sagte er und fasste die Geschichte kurz zusammen.
„Dann sind sie also auch hinter dir her.“ Mick blickte finster drein. „Sie wollen die Nokolai vernichten. Und wir wissen auch, warum, nicht wahr? Isens verdammte politische Manöver! Warum kann er nicht einsehen, dass es sich nicht für uns auszahlt, wenn er sich in die Politik der Menschen einmischt?“
Rule sagte nichts. Als Lu Nuncio war ihm der Luxus der freien Meinungsäußerung nicht vergönnt.
Benedict schwieg ebenfalls, aber das war typisch für ihn. Er hätte einen perfekten Lu Nuncio abgegeben, wenn die Dinge anders gelaufen wären. „Du brauchst Bodyguards“, sagte er zu Rule.
„Mich zu töten würde ihre Pläne durcheinanderbringen.“
„Sie ziehen es vermutlich vor, dass du festgenommen wirst, aber was geschieht, wenn es gar nicht dazu kommt?“
Rule nickte. In diesem Punkt musste er seinem Bruder recht geben. Wenn sie ihn auf diese Weise nicht loswurden, dann versuchten sie es vielleicht auf direkterem Wege. „Hab schon verstanden. Aber ich kann nicht tun, was ich tun muss, wenn ich ständig Bodyguards um mich habe. Und es ist ja nicht so, als wäre ich leicht zu töten.“
Benedict sah ihn missbilligend an, ließ das Thema aber auf sich beruhen. Er war zwar für die Sicherheit auf dem Gut des Clans zuständig, aber außerhalb hatte er Rule nichts zu sagen. Er konnte ihn nicht dazu zwingen, sich mit Bodyguards zu schützen. Er kramte in seiner Tasche und warf Mick einen Schlüsselbund zu. „Ich muss allein mit Rule sprechen. Fahr du mit meinem Jeep nach Hause!“
Micks Gesicht verfinsterte sich, aber es hatte keinen Sinn, mit Benedict zu streiten. Er zuckte mit den Schultern und nickte Rule zu. „Bis dann“, sagte er und ging zu dem Jeep.
Benedict wartete, bis Mick losgefahren war. „Also, was ist los? Diese kryptische Warnung von heute Morgen musst du mir erklären.“
„Deshalb sind wir ja hier.“ Benedict war für die Sicherheit des Rho verantwortlich. Er musste wissen, was unter Umständen auf ihn zukam. „Erinnerst du dich an Cullen Seabourne?“
„Seabourne …“ Benedict runzelte die Stirn. „Du hast dich früher mit ihm rumgetrieben, als du noch jung und dumm warst. Aber … ist er nicht ein Clanloser?“
„Ja. Und mein Freund.“
„Du hast komische Freunde.“ Eine gewisse Verblüffung spiegelte sich in Benedicts düsterer Miene.
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