Wolf Shadow Bd. 4 - Finstere Begierde
bereits dort. Mit einem Wedeln der Hand und einem gemurmelten Wort löschte sie die Lichter. Die Dunkelheit umfing sie dicht und warm – wie eine Decke im Winter.
Sein Atem ging gleichmäßig und leise, aber er schlief nicht. Als sie sich hinlegte, hob er den Arm und zog sie dicht zu sich heran. Fantasie Nummer drei , dachte sie und schloss die Augen. Früher hatte sie sich oft ausgemalt, wie es wäre, immer mit demselben Mann zu schlafen … nicht mit ihm Sex zu haben, sondern mit ihm nachts zusammen zu sein. Als sie noch jung und dumm gewesen war, hatte sie manchmal Männer aufgerissen, nur weil sie nicht alleine schlafen wollte.
Die Fantasie war immer schöner als die Wirklichkeit gewesen. In der Wirklichkeit hatte sie der Ellbogen des Fremden gestoßen, wenn sie sich auf die Seite drehte. In der Wirklichkeit zog man sich gegenseitig die Decke weg, fühlte sich beengt und hatte schlechten Atem. Ein Mann, den sie kaum gekannt hatte, hatte sogar nach dem Aufwachen als Erstes mit ihr reden wollen, herrje! Die Wahrheit war, dass sie sich manchmal sogar noch einsamer fühlte, wenn sie nicht allein war.
Aber jetzt lag sie neben Cullen. Der gestorben war, weil er sie beschützt hatte. Der keinen Herzschlag mehr gehabt, nicht mehr geatmet hatte. Das hieß, er war tot gewesen, auch wenn der Zustand nur vorübergehend gewesen war.
Er hat das Baby beschützt , sagte sie sich … aber es klang irgendwie falsch. Glaubte sie wirklich, er hätte zugelassen, dass der Schneckenmann sie tötete, wenn sie nicht schwanger gewesen wäre?
Er roch vertraut und angenehm. Er fühlte sich warm und lebendig an. Sie brauchte ihn. Ihre Augen brannten.
Schon gut, Dame, sagte sie der, von der sie wusste, dass sie existierte, auch wenn ihre Existenz Cynnas Leben komplizierter machen würde. Du hast ihn zurückgebracht. Und jetzt?
Obwohl sie noch lange lauschte, hörte sie nichts als seinen ruhigen Atem, das sanfte Klatschen der Wellen gegen den Schiffsrumpf und den leisen Chant in einer Sprache, die sie nicht verstand. Aber irgendwie beruhigte er sie.
Dann schlief sie ein.
25
Magische Lichter hingen in großer Zahl und dicht gedrängt über dem Tisch und machten das Frühstück so fröhlich, wie es ohne Sonne nur sein konnte. An dem langen, niedrigen Tisch saßen die Gnome auf flachen Bänken, alle anderen auf Kissen. Und alle außer Gan, die offenbar immer noch schlief, waren bei dem Mahl anwesend.
Und trotzdem herrschte keine besonders heitere Stimmung.
Das Schiff lag immer noch vor Anker. Wellen leckten sanft an seinen Seiten, als es sich auf dem Fluss wiegte wie ein Mann in einer Hängematte an einem Sommertag. Sonst erinnerte nichts an den Sommer. Die Luft war kalt und nebelig. Sie roch nach dem Fluss, dem Rauch des Grills, den die Gnome auf dem Deck aufgestellt hatten, und dem wunderbaren Duft von frisch gebackenem Brot.
Es hatte sich herausgestellt, dass der Titel „Dritter Assistent des Roten Jaspisbandes“ bedeutete, dass der Gnom ein Bäcker der magischen Art war. „Band“ meinte einen Ring aus rotem Jaspis, der anstatt eines Ofens benutzt wurde. Gerade hatte Cynna zwei dicke, warme Scheiben des magisch gebackenen Brotes gegessen, dick mit einer Art Marmelade bestrichen.
Sie schlürfte ihren Tee. Auch den würde sie austrinken. Er war ganz speziell für schwangere Frauen gedacht und sollte die morgendliche Übelkeit von ihr fernhalten, von der sie bisher auch ohne Tee verschont geblieben war. Aber Übelkeit war eines der Dinge, die sie am allerwenigsten mochte, deswegen wollte sie es lieber nicht darauf ankommen lassen. Der leicht blumige Geschmack des Gebräus behagte ihr zwar nicht, aber das hieß nicht, dass es schlecht schmeckte.
Lily hätte es hier nicht ausgehalten. Ohne Kaffee.
Sie vermisste Lily. Sie vermisste auch Autos und Handys und Radio und Pop-Tarts. Und Sonnenschein. Sie war erst wenige Tage hier – auch wenn es keine echten Tage waren. Und schon vermisste sie die Sonne ganz schrecklich.
Wie lange war sie schon hier? Auf einmal beunruhigt, als ob sie, wenn sie sich an die Zahl nicht erinnerte, auch etwas weniger Fassbares, aber sehr viel Wichtigeres vergessen würde, zählte sie nach. „Sind wir erst sechs Tage hier?“
„Könnte hinkommen.“ Cullen saß auf dem Kissen neben ihr. Heute Morgen hatte er schon wieder laufen können … wenn auch langsam. „Wenn du von unserem Aufenthalt hier sprichst.“
„Das tue ich.“ Cynna warf ihm einen Blick zu. Er hatte sein Fasten mit einem
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