Wolf Shadow Bd. 4 - Finstere Begierde
tauchte aus dem Wasser neben dem Kahn auf. Er war rund, orangefarben und kaute etwas.
„Fängst du viele Fischlis?“, rief Cynna.
Gan machte sich nicht die Mühe zu schlucken, bevor sie antwortete und gewährte beiden einen hübschen Blick auf halbzerkauten rohen Fisch. „Sie sind nicht so lecker wie Lilys kleine Fischlis, aber es macht Spaß, sie zu fangen. Ich schwimme gerne.“
So eine Überraschung.
Am ersten Tag auf dem Kahn hatte jemand aus der Besatzung Gan das Schwimmen beigebracht. Sie lernte schnell und wollte bald gar nicht mehr aus dem Wasser heraus. Die Besatzung hatte nicht immer Zeit für sie, also hatte sich Cullen ihrer erbarmt. Sehr oft. Niemand stieg allein in diesen Fluss, nicht einmal Tritonen, frühere Dämonen oder unruhige Werwölfe.
Cynna war überhaupt nie ins Wasser gegangen. Sie hatte die Krokodile gesehen, und angeblich gab es noch größere, gefährlichere Tiere im Fluss. Deshalb hatte sie nicht protestiert, als Wen ihr gesagt hatte, dass Menschen am besten nicht darin schwimmen sollten.
Vor allem schwangere Menschen. Ihr Geheimnis war längst keins mehr. Zu viele Leute erkannten sofort, wenn eine Frau schwanger war – am Geruch, mithilfe von Magie oder anderer Mittel. Sie vermutete, dass Ruben es noch nicht wusste. Zumindest hatte er nichts gesagt. Jedenfalls schienen alle Bewohner von Edge Bescheid zu wissen.
Außer miteinander zu reden, hatte es auf dem Boot für sie nicht viel zu tun gegeben. Aber da sie über diese Welt noch viel zu lernen hatten, war ihnen das ganz recht gewesen. Niemand war bereit, ihnen noch etwas mehr über das Medaillon zu erzählen, aber es gab genug andere Fragen. Ruben hatte jeden Einzelnen gebeten, sich einer davon anzunehmen. Cynnas Aufgabe war es gewesen, mehr über die verschiedenen Rassen in Erfahrung zu bringen, und Wen und Tash hatten sich bereitwillig ausforschen lassen.
Außerdem hatte sie den Zauber für das magische Licht gelernt und Cullen beigebracht, wie er seinen Diamanten so mit sich vereinen konnte, dass kein anderer ihn benutzen konnte … und war dann sehr geschmeichelt gewesen, als er ihn auch mit ihr vereint hatte. Und sie hatte Steve besser kennengelernt, mit dem sie viele, viele Partien Poker gespielt hatte mit einem Kartenspiel, das sie aus den Tiefen ihrer alten Jeanstasche gefischt hatte.
„Komm mal lieber zurück in den Kahn“, sagte Cullen zu Gan. „Wir sind bald da, dann wird dein Schwimmkumpel …“
Aber Gan war schon wieder untergetaucht.
Cullen schüttelte den Kopf. „Wahrscheinlich kommt sie erst zusammen mit dem Tritonen raus. Er muss an Deck, bevor wir vor Anker gehen.“
„Was nicht mehr lange dauern kann.“
Cullen seufzte. „Eine Badewanne.“
„Heißes Wasser, das reicht mir schon. Und saubere Klamotten.“
„Schuhe. Hosen. Dass ich mich mal so sehr nach einer Hose sehnen würde! Und einer Zahnbürste.“
„Oh Mann, hoffentlich gibt es Zahnbürsten.“ Die Ekiba hatten ihnen kleine Schwämme gegeben, die man erst nass machen musste, um dann darauf herumzukauen, damit sie einen schleimigen Stoff absonderten. Damit rieb man sich über die Zähne, doch schmeckte er ganz und gar nicht nach Zahnpasta. Mit ihren Gedanken ganz bei Zahnbürsten, seufzte sie und ergänzte: „Gemüse. Tash sagt, in der Stadt gibt es viele frische Sachen.“
Cullen sah sie fragend an. „Du hast tatsächlich Lust auf pfannengerührtes Gemüse, nicht auf Pizza?“
„Nein, es ist nur … schließlich bekommt es ja auch das, was ich esse, oder? Das Baby, meine ich. Ich atme an seiner Stelle, und ich esse an seiner Stelle. Es ist irgendwie wie ein Parasit, nur dass …“
Cullen gab ein ersticktes Geräusch von sich. Er zog seinen Arm zurück. „Ein Parasit.“
Sie fühlte, wie sie errötete und war froh, dass er es nicht sehen konnte. „Vielleicht habe ich mich nicht richtig ausgedrückt. Manche Parasiten sind ja auch nützlich. Wie Bakterien. Wir haben viele Bakterien im Körper, die wir zum Leben brauchen, und sie brauchen uns. Es gibt einen Begriff dafür, aber ich kann mich im Moment nicht daran erinnern.“
„Symbiose.“ Cullen brachte das Wort kaum heraus. Er schien keine Luft mehr zu bekommen. „Du meinst Symbiose.“
„Genau. Das Baby und ich leben in einer Art … Symbiose. Es kann nicht ohne mich überleben, und ich … na ja, ich weiß zwar nicht recht, was ich davon habe, aber ich nehme an, es soll sich irgendwann auf emotionaler Ebene auszahlen. Noch merke ich nichts davon, aber …“
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