Wolf Shadow Bd. 6 - Blutmagie
darauf aus sei, ihre Mutter zu schockieren. Das war auch Gegenstand ihres ersten Streites gewesen, wurde dann aber schnell zu einem privaten Scherz. „Das war nur ein angenehmer Nebeneffekt.“
Er lachte leise. „Hat sie dir wegen deiner Verlobung die Hölle heißgemacht?“
„Er ist kein Chinese“, sagte sie trocken. „Was glaubst du wohl?“ In Wahrheit war Julia Yu gar nicht auf herkömmliche Weise voreingenommen. Sie hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, spendete an Bürgerrechtsorganisationen und wählte stoisch demokratisch. Und sah keinen Widerspruch zwischen all dem und ihrem Beharren darauf, dass ihre Tochter einen anständigen chinesischen Jungen heiraten sollte.
Jetzt hatten sie den Abschnitt A12 erreicht und gingen hinter einem dunkelblauen Kastenwagen vorbei. Ein Trio von Mädchen im Teenageralter schlenderte plaudernd in der Mitte der Fahrspur, sehr zum Ärger eines weißen Mustang, der im Schritttempo hinter ihnen her kriechen musste. Und des Buick hinter ihm. Und des VW hinter dem Buick.
Vier oder fünf Parkplätze weiter vor ihnen stand ein roter Pick-up, aber aus diesem Winkel konnte sie das Nummernschild nicht sehen. „Ist das der Wagen?“, fragte sie.
„Ich glaube ja.“
Eine kurze Bewegung im Augenwinkel, mehr warnte sie nicht. Nur den Bruchteil einer Sekunde später – noch bevor sie wusste, was sie da gesehen hatte – rief sie: „Runter!“, machte einen Schritt nach links und wirbelte herum.
Die schwere Stahlkette peitschte durch die Luft, dort, wo eben noch Codys Kopf gewesen war. Er hatte sich zu Boden fallen lassen – und rollte jetzt gegen die Beine des hispanischen Brutalos, der mit der Kette nach ihm geschlagen hatte.
Der zu Boden ging. Die zwei, die hinter ihm standen, nicht. Einer hatte ein Messer, der andere einen Baseballschläger. Sie stürzten sich auf Cody, der mit dem, den er zu Boden geschlagen hatte, rang. „Polizei!“, brüllte Lily und zog ihre Waffe. „Waffen fallen lassen!“
Der Schuss eines Gewehrs antwortete ihr – hinter ihrem Rücken. Glas splitterte. Lily ging in Kauerstellung und sah sich hektisch um.
„Lass deine Waffe fallen, Schlampe!“, rief eine Männerstimme aus dem Buick. Ohne Zweifel gehörte sie zu dem, der auch den Gewehrlauf durch das halb geöffnete getönte Hinterfenster hielt. Lily versuchte, etwas zu erkennen, aber sie konnte kaum die Gestalt hinter dem Gewehr sehen.
Die Mädchen schrien und stoben auseinander – eine rannte direkt zwischen Lily und ihrem Ziel hindurch, verdammt. Der Mustang, der jetzt freie Bahn hatte, gab Vollgas, und der VW schoss mit einem Ruck zurück.
„Lass sie fallen!“, schrie es aus dem Wagen. „Du bist so was von tot, Schlampe, wenn du deine Waffe nicht sofort fallen lässt!“
Aber ihre Waffe lag Lily gerade jetzt sehr am Herzen, deswegen gab sie einen schnellen Schuss ab. Er ging daneben, verschaffte ihr aber eine Sekunde, um sich umzudrehen und – oh, Scheiße.
Eigentlich hatte sie sich zwischen den Kastenwagen und den Honda daneben werfen wollen, aber der Platz war schon besetzt – von drei weiteren Gangstern, die in einer Reihe auf sie zukamen. Und grinsten. Einer hatte eine Pistole – eine Glock vielleicht. Ob und wie die anderen bewaffnet waren, konnte sie nicht mehr erkennen.
Der schwarze Wolf schien aus dem Nichts zu kommen, so schnell war er. Sie warf sich zu Boden. Er sprang über sie hinweg, direkt auf die Männer zu. Zwei Schüsse fielen – einer aus dem Gewehr, einer von der anderen Seite des Kastenwagens. Sie hoffte inständig, dass das bedeutete, dass Cody es geschafft hatte, seine Waffe zu ziehen.
Schreie – von der anderen Seite des Kastenwagens, hinter ihr. Sie überließ es dem Wolf, ihr Rückendeckung zu geben, erhob sich auf ein Knie und spähte wieder nach der schattenhaften Gestalt in dem Buick. Sie drückte den Abzug.
Glas splitterte. Ein erstickter Laut, nicht laut genug, um ihn einen Schrei nennen zu können. Ruhig schwenkte sie den Lauf auf den Fahrer. „Lass es. Glaub nicht, du kommst hier weg. Öffne die Tür und steig ganz langsam aus.“
„Hol ihn runter“, schrie jemand. „Hol ihn runter von mir!“ Jemand anders fluchte und schluchzte. Und jemand knurrte, tief in der Brust.
Nein, es waren zwei. Auf jeder Seite des Kastenwagens einer.
„Cody!“, rief sie, ohne den Buick aus den Augen zu lassen, dessen Fahrertür nun langsam aufging. „Bist du verletzt?“
„Ein paar blaue Flecken und ein bisschen Blut, aber einsatzfähig. Dein
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