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Wolf Shadow Bd. 6 - Blutmagie

Wolf Shadow Bd. 6 - Blutmagie

Titel: Wolf Shadow Bd. 6 - Blutmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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anderen Worten: Wenn er Wolf war, würden seine Leute ihn nicht als Richter sehen, und er hatte sie mit dem, was er eben gesagt hatte, irreführen wollen.
    „Was hast du wirklich dagegen einzuwenden?“
    Er seufzte wie ein Lehrer, der von seinem Schüler enttäuscht war. „Mittlerweile müsstest du das alleine herausfinden können.“
    Sie schnaubte ungeduldig. „Du willst wirklich, dass ich rate, was? Na gut. Ich glaube, es ist eine Statusfrage. Du findest, ein Rho sollte nicht die Arbeit eines Lu Nuncio tun.“
    „Mit Status hat es nichts zu tun.“
    „Dann Autorität. Aber du hast die Clanmacht. Die Nokolai wissen , dass du ihr Rho bist, auf eine Weise, wie ich sie mir kaum vorstellen kann.“
    „Ah, aber Rule trägt auch die Macht eines Rho.“
    „Nicht die Macht der Nokolai, und Rule würde niemals deine Autorität über die Nokolai infrage stellen. Nicht für eine Sekunde.“
    Er nickte. „Das ist wahr. Aber er und ich werden die Nokolai nicht davon überzeugen, nur weil wir es einfach verkünden. Unsere Taten müssen es ihnen zeigen. Wenn ich seine Verantwortung übernehme, wird ihnen das kein Gefühl von Sicherheit geben.“
    „Warum hast du das nicht einfach gesagt?“
    Er lächelte und tätschelte ihre Wange. „Frag deine Großmutter.“
    Die Berge, die das Clangut umschlossen, waren im Vergleich zu ihren größeren Brüdern im Norden und Süden kaum Berge zu nennen, aber sie waren ebenso zerklüftet wie diese. Wie von der Hand eines Riesen wütend zusammengedrückt, türmten sich Erde und Felsen in Graten, Hügeln, Zacken und Schluchten – ein raues, zerstörtes Land, durch Hitze und Dürre gehärtet.
    Trotz der Trockenheit wuchsen Bäume und Sträucher – Eiche und Platane, Bärentraube, Wacholder und Kiefer. Doch der Grat, auf dem ein einzelner Mann auf und ab ging, war unbewachsen. Vielleicht blies der Wind hier zu stark, als dass Samen sich hätten festsetzen und Wurzeln schlagen können. Auch dieses Gebiet gehörte zum Clangut, aber zwischen ihm und den Lichtern der unterbrochenen Feier lag ein weiterer Gebirgskamm, der jedoch jetzt, im Dunkel der Nacht, nicht mehr zu sehen war.
    Es war ruhig, aber nicht still; wenn der Wind mit den Ästen der Bäume spielte und die Gräser kitzelte, erhob sich ein Flüstern auf dem Hang. Die Sportschuhe des Mannes wirbelten kleine Staubwolken auf.
    Er blieb stehen und blickte in die Nacht, als ein neues Geräusch zu hören war – das bedächtige Schlagen von Flügeln, das den Wind verstummen ließ. Sein Blick suchte, aber es war nichts zu sehen – kein Flimmern in der Dunkelheit, keine Sterne, die erloschen. Trotzdem hielt er weiter Ausschau, unruhig von einem Bein auf das andere tretend. Freudig.
    Nichts landete auf dem Bergkamm – und dennoch wirbelte Staub auf wie von unsichtbaren Schwingen. Er lief los und rief auf Chinesisch: „Und? Er ist tot, ja? Er muss tot sein.“
    Die Luft erzitterte. Wo eben noch nichts gewesen war, stand jetzt eine Frau.
    Sie war groß, dünn und nackt. Ihre Haut war weiß – richtig weiß, nicht blassbeige. Weiß wie das Weiße des Auges. Selbst die flauschige Kappe auf ihrem Kopf war weiß, aber es war eine Kappe aus Daunen, nicht Haar. Doch ihre Scham war nackt wie die eines Kindes.
    Dabei war sie kein Kind. Ihre Brüste auf dem gewölbten Brustkorb waren voll und rund, die Brustwarzen nur rosa, weil das Weiß ihrer Haut so rein war. Ihre Arme und Beine waren dünn und seltsam lang, ihr Torso im Verhältnis dazu aber kurz.
    Ihr Gesicht war schön. Asiatische Züge, perfekt symmetrisch, irgendwie kindlich, tief unter einer hohen, runden Stirn. Die Augen waren das Auffälligste an ihrem Gesicht. Sie waren schwarz, von einem solch reinen Schwarz, wie ihre Haut weiß war.
    „Er lebt.“
    Ihre Stimme war kaum lauter als ein Flüstern und doch so klar und lieblich, dass die Worte mehr ein luftiges Streicheln waren als zu Sprache geformte Laute. Ihre Worte hatten eine tiefe Wirkung auf den Mann, der laut aufschrie. Er warf sich auf die Erde zu ihren Füßen. „Ich habe versagt! Oh meine Schöne, meine Liebste, strafe mich. Tu mir weh. Er ist eine Gefahr für dich, und ich habe versagt.“
    Sie strich ihm über den Rücken. „Ach, mein kleiner Mann, mach dir keine Vorwürfe. Du hast nicht versagt. Dein Messer hat sein Ziel nicht verfehlt, vielleicht stirbt er noch. Doch diese Wolfsdämonen haben mehr Magie, als wir gedacht haben.“
    Langsam setzte sich der Mann auf und erhob sich dann. Er ergriff ihre Hand. „Es ist

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