Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade
Morgennachrichten von dem Überfall auf Lily erfahren – ein gefundenes Fressen für die Medientypen – , und nun wollten die, die an dem bevorstehenden Zirkel teilnahmen, Rule mitteilen, dass sie so lange warten würden, bis seine Auserwählte so weit genesen war, dass sie reisen konnte. Außerdem boten sie ihm ihre Unterstützung an. Die Rhos würden vermutlich Isen anrufen, um ihm ungefähr das Gleiche zu sagen. Eine Auserwählte war von der Dame geschickt, wie eine Rhej. Und wie eine Rhej wurde sie von allen Clans in Ehren gehalten.
Doch Rule hatte nicht damit gerechnet, von einem Rho zu hören. Zwar war er selbst jetzt auch einer, aber da Lily eine Nokolai war, hatte er erwartet, dass die anderen Clans ihn behandelten, wie es seinem Status bei den Nokolai entsprach – als Thronfolger. Wenn er ehrlich war, hätte er lieber mit dem Lu Nuncio der Wythe gesprochen als mit ihrem Rho. Er mochte den stets gut aufgelegten Brian, der sein engster Freund und sein Altersgenosse unter den Thronfolgern war. Edgar war … schwierig.
Wie alle anderen auch wünschte Edgar Lily gute Genesung und stellte die üblichen Fragen. »Ich freue mich, dass es ihr gutgeht«, sagte er dann. »Die Wythe stehen stets bereit, um den, der einer Auserwählten etwas zuleide tut, zur Rechenschaft zu ziehen. Sag uns Bescheid, wenn wir dir in irgendeiner Weise helfen können.«
»Die Leidolf danken dir. Die Nokolai wissen deine Sorge und dein Angebot zu schätzen.«
Edgar schnaubte. »Ist gar nicht so einfach, so ein Spagat, was? Ich will dich nicht länger am Telefon halten, wenn du woanders gefragt bist. Aber ich muss wissen, dass die Nokolai es nicht als einen Vorwand nutzen werden, um den Zirkel der Thronfolger zu verschieben.«
In einem kurzen Anflug von Ärger sagte Rule kalt: »Ich werde versuchen, mich nicht durch deine Worte beleidigt zu fühlen. Die Nokolai haben vertrauensvoll mit den Wythe zusammengearbeitet, um den Zirkel zu organisieren.« Trotz zahlreicher Widersprüche und Beleidigungen, vor allem von Seiten der Wythe und der Ybirra.
Weniger als ein Jahr war es her, dass Rule den letzen Zirkel der Thronfolger einberufen hatte – aller Thronfolger, nicht nur der aus Nordamerika – , um die anderen persönlich davon zu unterrichten, dass sie wieder in dieser Welt aktiv war. Damals waren sie von überallher gekommen, ohne vorher lange zu debattieren. Der Gegensatz zu heute war deutlich und schmerzlich.
Edgar schnaubte wieder. »Wenn ich glauben könnte, dass den Nokolai Vertrauen wichtiger ist als ihr Ehrgeiz, müssten wir uns nicht treffen. Auch die Wythe haben die Verhandlungen in gutem Glauben geführt.«
Edgar, der Rho der Wythe, hatte sich in Wahrheit wie ein paranoider Mistkerl aufgeführt. Zunächst hatte Edgar Rule sogar das Recht abgesprochen, einen Zirkel der Thronfolger einzuberufen, mit der Begründung, er sei nun ein Rho.
Womit er auch recht hatte. Gewöhnlich waren Rhos bei dieser Zusammenkunft der Thronfolger nicht zugelassen, denn dadurch würden die Machtverhältnisse gestört. Aber die Leidolf hatten keinen Thronfolger. Alex trug den Titel des Lu Nuncios, ohne aber die damit verbundenen Rechte zu haben. Alex entstammte nicht der Blutlinie des Clangründers und konnte deswegen nicht die Macht des Thronfolgers übernehmen. Eine gefährliche Situation für einen Clan, doch sie war nicht ohne Präzedenzfall. Und diese Präzedenzfälle gaben einem Rho, der keinen Thronfolger hatte, das Recht, an einem Zirkel der Thronfolger teilzunehmen.
Die Behauptung war besonders bitter, weil sie von den Wythe kam. Denn die waren in einer ähnlich prekären Lage wie die Leidolf. Edgars jüngerer Bruder Brian war sein Lu Nuncio, weil Edgars einziger Sohn vor drei Jahren in einem Kampf mit einem Herausforderer ums Leben gekommen war. Der Einzige, der außer Edgar und Brian blutsverwandt mit dem Clangründer war, war Brians Sohn, der erst seit Kurzem aus den Windeln raus war. Wenn Brian etwas zustieß, wären die Wythe, bis der Junge erwachsen war, in der gleichen Lage wie die Leidolf.
Rule sagte nichts. Schweigen war besser, als Edgar zu sagen, was er wirklich dachte. Außerdem fühlte sich der andere so genötigt, die Gesprächspause zu füllen.
»Du zweifelst an mir, nicht wahr, Junge?«, wollte Edgar wissen. »Das solltest du nicht. Ich möchte, dass der Zirkel stattfindet, und ich bin bereit, umzudisponieren, damit es keine Verzögerung gibt. Deine Auserwählte sollte jetzt nicht nach St. Pau l gebracht werden – und
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