Wolf
gab ihm erstaunlicherweise Sicherheit, wie er so stumm und still da war. Als wäre er für ihn da.
Am dritten Abend schließlich kam er an den Zaun, was Julian ziemlich verblüffte.
„Na mein Schöner“, murmelte er, setzte sich im Schneidersitz gegenüber.
„Du bist auch so eigenartig, wie alles in letzer Zeit“, murmelte er weiter. Der Wolf blickte ihn nur ruhig an, erneut das Gefühl auslösend, als würde er ihm zuhören. Julian dachte sich nichts weiter dabei.
Am folgenden Tag war er noch immer nervös, was ihn mittlerweile selbst ärgerte. Doch egal wie sehr er sich zusammenriss, es wurde nicht besser.
Am Abend setzte er sich wieder an den Zaun, da trottete sein Wolf herbei. Lächelnd erwartete Julian ihn. Er hatte nicht einmal ein schlechtes Gefühl, weil er am Zaun lehnte, der Wolf somit unmittelbar neben ihm.
„Du tust mir nichts, nicht wahr mein Schöner? Du hast mich beschützt. Lächerlich, aber so ist es nun mal“, begann Julian. Der Wolf sah ihn reglos an und Julian fuhr fort. Er konnte gar nicht anders, vielleicht würde es ja helfen, wenn er das alles aussprach. Und sein Wolf würde ihn nicht auslachen.
„Valerion sagte, dass sie weg sind, diese irren Kinder. Ich kann es nicht so recht glauben. In Luft aufgelöst? Das ist doch lächerlich, nicht wahr?“
Julian hielt inne, seine Hand hob sich wie von selbst. Als der Wolf wegzuckte, wurde er sich dessen erst bewusst. Mit einem Seufzen ließ Julian die Hand wieder sinken.
„Ich red mit einem Wolf, das ist lächerlich. Irre Kinder sind lächerlich. Alles erscheint mir lächerlich. Vielleicht sollte ich mich doch mal wieder unter Menschen wagen.“
Julian hielt inne, nicht sicher, wo dieser Gedanke hergekommen war.
„Vielleicht gar keine so schlechte Idee. Mal wieder ein bisschen Normalität? Weg von dem Mystischen? Schließlich bist du ja auch ziemlich mysteriös, nicht wahr? Kommst nur in der Nacht, versteckst dich sonst. Kommst freiwillig wieder ins Gehege. Mysteriös. Alles“, fuhr Julian murmelnd fort. Der Wolf legte sich nieder, jedoch ohne den Blick von ihm zu wenden. Wie ein Hund wirkte er jetzt wahrlich, wie er den Kopf auf die Vorderpfoten gebettet hatte.
„Menschen. Vielleicht sollte ich das wirklich machen. Ja, ich werd ausgehen. Gleich heute. Unter Meinesgleichen. Nicht immer nur die Tiere. Vielleicht bringt mich das wieder zu mir.“
Julian nickte, wie um es sich selbst noch einmal zu bestätigen. Er stand auf, was auch den Wolf aufspringen ließ. Julian lächelte und wandte sich ab. Dabei murmelte er noch: „Bis morgen, mein Schöner.“
Julian ging nach Hause, duschte und zog sich um. Dann machte er sich auf den Weg. Nur drei Gassen weiter gab es ein Lokal, das er aufsuchen wollte. Es musste nichts Besonderes sein. Er wollte nur etwas trinken, die Menschen beobachten - Normalität aufsaugen.
Es klappte nicht wirklich. Er saß zwar an der Bar, umgeben von Leuten, die sich amüsierten, doch er starrte nur vor sich hin, während sich seine Gedanken immer noch im Kreis drehten. Darum, was passiert war. Die Eigenheiten, die in letzter Zeit in seinem Leben passierten. Er konnte das einfach nicht stoppen.
Ewig saß er da, starrte in sein Glas, das er in den Händen drehte, bis es endlich leer war. Dass er getrunken hatte, hatte er nicht einmal wirklich mitbekommen. Mit einem tiefen Seufzen stand Julian wieder auf. Er zahlte und ging nach draußen. Er sollte sich einfach damit abfinden und basta!
„Hey, pass auf, wo du hin latschst“, war da eine Stimme und gleich darauf wurde er angerempelt. Erschrocken blickte Julian auf. Soweit, dass er wusste, dass der andere das absichtlich gemacht hatte, war er mit seinen Gedanken noch anwesend. Er hätte den andere nicht gestreift, wenn der nicht einen Seitenschritt gemacht hätte.
„Sorry“, sagte er trotzdem, als er die beiden Kumpane von dem Typen realisierte. Alle drei waren nicht mehr nüchtern, um nicht zu sagen stockbesoffen. Leicht schwankend standen sie da.
„Nix da sorry“, lallte der eine, gab ihm einen Rempler an die Schulter. Genau deswegen mied Julian andere Menschen in der Regel. Gerade, als die Kumpane nicht gerade sehr unauffällig die Position veränderten, sich in einer Reihe vor ihm aufbauten, ertönte hinter Julian ein Knurren. Die drei erstarrten, rissen die Augen auf. Julian glaubte nicht, was er dachte, drehte sich langsam um. Sein Wolf stand keinen Schritt seitlich hinter ihm, hatte die Lefzen hochgezogen, die drei im Blick.
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