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Wolfgang Ambros - Die Biografie

Wolfgang Ambros - Die Biografie

Titel: Wolfgang Ambros - Die Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ambros
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gut«, sag ich, »ich bin jetzt auchwild entschlossen, ich für meinen Teil werde und bleibe Musiker.« Hat ihm sehr imponiert. Die Dringlichkeit, das Verlangen und die Möglichkeit einer kreativen Überschneidung.
    Weil die Eltern des Herrn Prokopetz auf Urlaub weilten, konnten wir uns in ihrem Haus in Wien-Ottakring besprechen. Dort im Liebhartstal überreichte er mir eines Nachts, saukalt, es hat geschneit draußen, ein paar Blätter Papier. Seine literarischen Ergüsse, unter ihnen der Hofa. Der ist ihm beim Bodenverlegen eingefallen während eines Ferienjobs in einem Krankenhaus, interessanterweise in der Semmelweisklinik, wo ich geboren bin. So schließen sich Kreise.
    Meine Gitarre war immer und überall dabei, ich hab sie mir geschnappt und begonnen, so aus dem Handgelenk zu zupfen. Den Blick nach rechts oben gerichtet, als stünden dort die Noten geschrieben. Und dann habe ich den Hofa vertont, genau so wie er bis heute besteht. Schau, da liegt a Leich im Rinnsal, ’s Bluat rinnt in Kanal. Der Hofa stirbt in dem Lied, für uns war er gerade geboren.
    Am Theseustempel im Wiener Volksgarten haben wir ihn zum ersten Mal öffentlich gespielt. Wir waren oft am Theseustempel, nachdem ich aus London zurück war, und haben von der Hand an der Gitarre in den Mund gelebt, wie ich es viel später aufgeschrieben habe im Lied Voom Voom Vanilla Camera: Was wir gewusst haben, wollt ma laut verkünden.
    Ich hab gespielt, der Joesi hat abgesammelt. Unterstützen Sie dieses junge Talent, hat er für uns gebettelt. War ganz schön was zu verdienen, muss ich schon sagen. Mit dem Reibach sind wir in den Zwölf-Apostelkeller oder den Esterhazykeller gegangen und haben uns drei Achterln gekauft, der Rest hat auch noch fürs Hawelka gereicht. Und fürs Voom-Voom.
    Der Name sagt schon sehr viel über die grundsätzliche Ausrichtung des Lokals. Voom-Voom aus den Boxen, Voom-Voom in der Birne. In jeder Eck’n Spinnen, Wanzen, die Luft geschwängert von Substanzen, und heiße Orgien am Klo hinterm Büro und anderswo. Man hat uns in der Hütte geduldet, obwohl wir nicht viel zum Umsatz beitragen konnten. Eines schönen Abends lümmelnder Joesi und ich auf der Bank, die sich rund um die Tanzfläche schlängelt. Von der aus hat man zuschauen können, wie sich die anderen wegshaken, oder aufhupfen und mittanzen, wenn es einen überkommen ist. Wie’s mich grad überkommt und ich aufspringen will, spüre ich irgendwas in meinem Rücken, greif nach hinten und hab eine schwarze Filmdose in der Hand.
    Ich mach sie auf, schau hinein und denk mir, komisch, lauter kleine gelbe Tabletten. Ich zeig sie dem Joesi und sage: »Schaut aus wie LSD.«
    War es auch. Ist einfach in dem Spalt zwischen den Polstern gesteckt. Das muss jemand versteckt haben, wahrscheinlich vor einer Razzia. Im Voom-Voom war man an Polizeieinsätze gewöhnt. Das Blaulicht passte gut zur Gesichtsfarbe der Gäste. Unsere Zeit war da, um stattzufinden, zum Handeln, ned zum Überlegen.
    Wie der Teufel also wollte, sind wir auf das LSD gestoßen. Die Droge der Siebziger, Timothy Leary und so weiter. Leonard Cohen war ihr Held. LSD ist die Abkürzung für Lysergsäurediethylamid, ein chemisch hergestelltes Derivat der Lysergsäure, die als Mutterkornalkaloid natürlich vorkommt. LSD ist eines der stärksten bekannten Halluzinogene. Es brennt dir die Synapsen durch. Eine gänzlich neue Erfahrung.
    Fünfzig Pulver waren in der Dose. Wer immer sie versteckt hatte, wird sie bald gesucht haben. Aber jetzt hab ich sie gehabt. Zwei haben wir uns gleich einmal genehmigt. Den einen oder anderen Trip haben wir dann auch verkauft, war ja eine rege Nachfrage. Es woa uns vollkommen egal, wos des fia Konsequenzen hot. Hat hundert, hundertfünfzig Schilling pro Stück gebracht, war ein Haufen Geld. Irgendwann war das Doserl leer, Gott sei Dank, weil man im Lauf der Zeit schon gemerkt hat, dass das schmeckt. Wenn jetzt einer sagt, Drogendealer war er auch, soll mir das recht sein. Mir ist heute wurscht, was die Leute über mich reden. Das Leben hat mich längst clean gemacht. Würde ich das Zeug heute nehmen, wäre ich auf der Stelle tot.
    Damals hat die Neugier alle Bedenken überwogen. Wir haben die Trips eingeworfen und auf das Abenteuer gewartet. Das Lebenneu erfunden, die finster’n Ecken ausgeräumt, a neues Weltbild uns gezimmert, an neuen Traum geträumt.
    Wenn du LSD schluckst, passiert zuerst gar nichts. Du bist gespannt auf die Wirkung, aber es tut sich nicht das Geringste. Du

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