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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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mehr«, sagte Katrin. »Keinen Laut.«
    Tobias schluckte. »Verzeih. Meine Nerven sind nicht die besten.«
    »Schon gut«, sagte Katrin. »Ich glaube nicht, daß sie uns gehört haben. Aber bitte sei vorsichtig.«
    »Aber sie ... sie sind hier«, stammelte er. Er spürte, wie ihn schon wieder Panik erfaßte. Sein Verstand schien nicht mehr richtig zu arbeiten. Angst übermannte ihn, teuflische Angst, Angst, die alles möglich machte, Haß, Wahnsinn, Mordgedanken. Mein Gott, dachte er in einem winzigen hellen Moment, welchen Weg bin ich gegangen? Der Inquisitor in einem Höllenloch.
    »Sie werden uns nicht finden«, sagte Katrin erneut. Auch in ihrer Stimme schwang ein angstvoller Ton. »Bitte, Tobias!
    Ich . . . ich weiß, was du fühlst. Mir erging es nicht anders.
    Aber du mußt dagegen ankämpfen. Wenn du nicht dagegen kämpfst, sind wir verloren. Sie werden uns beide töten, wenn sie uns erwischen.«
    »Töten?» Er hätte beinahe gelacht. Der Tod erschien ihm eine Erlösung, nach dem, was er erlebt hatte und erlebte. Es gab wirklich Schlimmeres als den Tod. Seine Hände zitterten immer heftiger. Er spürte, wie ihm kalter, klebriger Schweiß am ganzen Körper ausbrach. Die unsichtbaren Wände rings 346
    um ihn herum schienen sich zusammenzuziehen, ihn zu erdrücken.
    »Kann ich dich einen Moment allein lassen?« fragte Katrin besorgt.
    Tobias nickte, obwohl ihn die bloße Vorstellung, allein in dieser höllischen Finsternis zurückzubleiben, schon wieder fast an den Rand des Wahnsinns trieb.
    Katrin konnte die Bewegung unmöglich gesehen haben, doch er hörte, wie sie sich raschelnd erhob und zum zweiten Mal den steilen Hang zum Höhlenausgang hinauf kroch. Es dauerte eine Weile, bis sie zurückkam.
    »Es ist alles ruhig«, sagte sie. »Ich glaube nicht, daß sie uns gehört haben.«
    Tobias blickte in die Richtung, aus der ihre Stimme kam.
    Er strengte seine Augen an, ohne auch nur einen Schatten von ihr zu erkennen. Katrin blieb eine Stimme mit Geruch und Wärme, aber ohne ein Gesicht, eine Erinnerung ohne Körper.
    »Sie?« fragte er nach einer Weile. »Wen meinst du damit?«
    Katrin antwortete nicht. Aber er konnte fühlen, wie sie zusammenzuckte. Es war erstaunlich, wie rasch seine übrigen Sinne die Funktionen der Augen ersetzten, die nun nutz-los geworden waren.
    »Du weißt, wer sie sind, nicht wahr?« fragte er.
    Wieder antwortete Katrin nicht. Sie bewegte sich raschelnd in der Dunkelheit neben ihm und versuchte, ein kleines Stück von ihm wegzurücken, aber die Höhle war einfach nicht groß genug dazu. So wenig wie er aus ihrer Nähe entfliehen konnte, die ihn mit unsagbarem Glück und unbeschreiblicher Qual zugleich erfüllte, so wenig war es umgekehrt ihr möglich.
    Seine Hand berührte ihren Arm, glitt daran herab und hielt ihr Handgelenk fest. Katrin versuchte, sich seinem Griff zu entziehen, aber diesmal ließ Tobias nicht los.
    »Bitte, Katrin«, sagte er, fast flehend. »Sag mir, was du weißt.«
    »Nicht jetzt«, antwortete Katrin. »Bitte, Tobias! Ich ...
    ich werde dir alles erzählen, aber nicht jetzt und nicht hier.
    Später, wenn wir in Sicherheit sind.«
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    »In Sicherheit?« Tobias kreischte fast und fuhr im gleichen Moment erschrocken zusammen. »In Sicherheit?« wiederholte er sehr viel leiser, aber noch immer in einem Tonfall, der an Hysterie grenzte. »Wie meinst du das? Wohin willst du?«
    Katrin schwieg eine Weile. Dann antwortete sie: »Ich dachte, du wärst derjenige von uns beiden, der unsere Flucht geplant hat.«
    Er schwieg betroffen. Katrins Worte erinnerten ihn daran, wie vollkommen närrisch er sich benommen hatte. Sie hatte völlig recht - er hatte sie aus dem Turm befreit; aber nun gestand er sich ein, daß diese Handlung nicht nur überstürzt, sondern vielleicht sogar dumm gewesen war. Ohne Katrins Hilfe hätte man sie wohl schon wieder gefaßt - und getötet.
    Er ließ ihre Hand los. »Es tut mir leid«, sagte er. »Du hast recht.«
    »Was tut dir leid?« fragte Katrin noch immer in diesem spöttischen, vielleicht sogar bewußt verletzenden Ton. »Daß du mir das Leben gerettet hast?«
    »Ich habe mich wie ein Tor benommen«, sagte Tobias
    ernst. »Aber bei Gott, ich hatte einfach nur Angst um dich.
    Ich wollte dir helfen. Jetzt werden sie dich töten, wenn sie dich wieder einfangen.«
    »Das hätten sie so oder so getan«, antwortete Katrin leise.
    Tobias schüttelte den Kopf. »Nein. Ich . . . hätte es verhindern können. Ich hätte es ... ich hätte es

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