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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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allein Euer Todesurteil besiegeln«, sagte er, während er sich zu Theowulf herumdrehte.
    Der Graf lächelte. »Eine Drohung, Pater?«
    Tobias hielt seinem Blick stand; aber es fiel ihm schwer.
    »Glaubt Ihr denn, daß ich das nötig hätte - Euch zu drohen?«
    »Kaum«, antwortete Theowulf. »Schließlich stehen wir auf derselben Seite - oder?«
    Und für einen ganz kurzen Moment brach die Feindschaft zwischen ihnen beinahe offen aus. Aber sie beherrschten sich beide.
    »Das weiß ich nicht«, gestand Tobias schließlich. »Nicht sicher.«
    »So?« Theowulf lachte, trat nun doch neben ihn und
    nahm scheinbar wahllos einen der schweren Folianten vom Regal. Das Pergament der Seiten knisterte zwischen seinen Fingern. Wunderschöne Illustrationen und kunstvolle Schriftzeichen huschten vorüber und verschwammen zu einem sonderbaren Bild, das wiederum eine eigene, gänzlich andere Bedeutung zu haben schien. Plötzlich war Tobias gar nicht mehr so sicher, daß Theowulf nur zufällig nach diesem Band gegriffen hatte, denn es war eines der Bücher über Hexerei.
    »Und ich dachte, Euer Auftrag hier in Buchenfeld wäre ganz eindeutig«, fuhr Theowulf nach einer Weile fort.
    »Das ist er«, antwortete Tobias. »Ich wurde hierher gesandt, weil Verkolt vor seinem Tod einen Brief abschickte, in dem er schwere Beschuldigungen wegen Hexerei erhebt.«
    »Und?« fragte Theowulf. »Hattet Ihr Gelegenheit, Euch zu überzeugen, was an diesen Beschuldigungen wahr ist und was nicht?«
    »Noch nicht«, antwortete Tobias. »Es gibt ein paar Dinge, die mich zutiefst verwirren, Graf. Und ein paar Leute.«
    »Und ich gehöre zu diesen Leuten«, vermutete Theowulf.
    Tobias antwortete nicht, aber sein Schweigen war Antwort genug. Plötzlich klappte Theowulf das Buch zu und warf es achtlos auf das Regal zurück. Sein Gesicht wirkte mit einem Male kalt.
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    »Ich verwirre Euch«, vermutete er. »Aber das beruht ganz auf Gegenseitigkeiten, Tobias. Auch Ihr verwirrt mich. Und das ist etwas, was ich selten erlebe. Ich habe nie von einem Inquisitor wie Euch gehört.«
    »Einem Mann, der die Wahrheit sucht?« fragte Tobias.
    »Einem Mann, der sie nicht sehen will«, sagte Theowulf scharf. »Bresser hat Euch den Pfuhl gezeigt, nicht wahr? Er hat Euch zum Müller gebracht, und Ihr habt gesehen, in welchem Zustand sich die Stadt befindet. Die Menschen dort haben Angst, Tobias! Die letzten Ernten waren Mißernten.
    Was nicht verdarb, das wurde zerstört, auf die eine oder andere Weise. Es geschehen . . . Dinge.«
    »Dinge?«
    »Man sagt, daß der Tod nachts über die Felder rings um die Stadt wandelt«, antwortete Theowulf mit großem Ernst.
    »Und das ist nicht alles. Habt Ihr denn bisher gar nichts getan, außer Euch um Katrins Gesundheit zu kümmern?«
    »Doch«, sagte Tobias. »Das habe ich. Ich habe mit einigen Leuten gesprochen. Aber ich habe noch nichts gehört, was mich überzeugt hätte, daß hier wirklich Hexerei im Spiel ist!«
    »Habt Ihr nicht?« fragte Theowulf böse. »Dann kommt mit!«
    Er fuhr mit einer zornigen Bewegung herum und stürmte zur Tür. »Kommt«, rief er noch einmal. »Ich werde Euch einen der Beweise zeigen, an denen Euch ja so sehr gelegen ist!«
    Sie verließen den Saal und wenige Augenblicke später den Turm, und Theowulf stürmte, ohne auch nur im Schritt innezuhalten, auf die beiden Pferde an der ausgetrockneten Tränke zu. Der Torwächter folgte ihnen, aber Theowulf scheuchte ihn mit einer unwilligen Geste fort und schrie ihn an, den Gästen auszurichten, daß sie in einer Stunde zurückkehren würden. Dann drehte er sich ungeduldig im Sattel um und wartete darauf, daß auch Tobias aufsaß.
    Tobias folgte ihm wie betäubt. Der plötzlich, jähe Stim-mungswandel Theowulfs hatte ihn vollkommen überrascht.
    Er überlegte angestrengt, ob er irgend etwas gesagt - oder 185
    auch unterlassen - hatte, um ihn so zornig zu machen, fand aber keine Antwort.
    Der Graf galoppierte so schnell vor ihm durch den Wald, daß Tobias Mühe hatte, ihn nicht aus den Augen zu verlieren, und sich mit aller Kraft am Zügel festhalten mußte. Er war kein geübter Reiter. Ein Pferd in schnellem Galopp dahinjagen zu lassen sah leicht aus, war es aber nicht.
    Gottlob lag ihr Ziel nicht allzu weit entfernt. Der Weg gabelte sich, und Theowulf bog in die rechte, schmalere Abzweigung ein, wo aus der Wagenspur bald ein unkraut-
    überwucherter Trampelpfad wurde, der manchmal kaum
    mehr zu erkennen war, so daß der Graf zu einer langsame-ren Gangart

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