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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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ich Euch ein paar Stunden allein lassen müssen«, sagte Theowulf bedauernd. »Aber wir werden sehen.
    Vielleicht gelingt es mir, mich unter einem Vorwand wegzu-schleichen. Ihr mögt die Jagd nicht?«
    »Ich habe noch nie gejagt«, sagte Tobias. »Ich glaube nicht, daß ein Diener Gottes sich an einer Jagd beteiligen sollte.«
    »Aber manchmal ist die Jagd notwendig«, sagte Theo-
    wulf. »Es bereitet mir keine Freude, das Blut einer unschuldigen Kreatur zu vergießen, die mir nichts getan hat und die im Grunde wehrlos gegen mich ist. Wenn ich jage, dann ziehe ich Wölfe oder Bären als Beute vor, keine wehrlosen Rehe oder Hasen. Aber es ist schon so, wie Ihr sagt -
    manchmal muß man Dinge tun, die man im Grunde seines Herzens verabscheut.«
    Er sprach ganz ruhig, in fast beiläufigem Ton und ohne den Mönch dabei anzusehen, und doch begriff Tobias fast zu spät, daß Theowulf alles andere tat, als nur so dahinzu-plappern, wie es den Anschein hatte. Er wußte ganz genau, 179
    warum der Inquisitor gekommen war. Tobias mahnte sich in Gedanken zur Wachsamkeit. Er hatte Theowulf schon wieder unterschätzt.
    »Ja«, sagte er vorsichtig. »Der Mensch ist die Krone der Schöpfung, und daher versteht er es, zu jagen und sich die Erde Untertan zu machen.«
    Theowulf sah ihn unter nur halb gehobenen Lidern hervor, aber sehr aufmerksam an. Dann lächelte er, stützte sich auf den Armlehnen seines wuchtigen Thronsessels in die Höhe und beugte sich vor, um nach seinem Bierkrug zu greifen, führte die Bewegung aber nicht zu Ende, als er bemerkte, daß Tobias vor dem benutzten Geschirr eines der Gäste saß, sondern setzte den Becher wieder ab und gab dem Diener einen befehlenden Wink.
    Der Mann beeilte sich, den Teller fortzutragen und einen frischen Becher vor Tobias zu stellen. Tobias wollte abwin-ken, als er ihn füllte, aber Theowulf sah ihn fast strafend an.
    »Ihr beleidigt mich, Pater«, sagte er. »Und vor allem meinen Braumeister. Trinkt wenigstens einen Schluck nach dem langen Ritt.« Er sah auf. »Und du, Bresser - warum gehst du nicht in die Küche hinunter und läßt dir auch etwas zu essen geben.«
    Bresser verstand den Wink und entfernte sich, und Tobias griff resignierend nach dem Becher und trank einen kleinen Schluck. Das Bier dieser Gegend war gut, aber er mußte vorsichtig sein. Er hatte schon zu viel getrunken für einen Mann, der nur gelegentlich ein wenig Wein gewöhnt war.
    »Ihr wart also bei Temser«, begann Theowulf von neuem, als auch der Diener gegangen und sie allein waren.
    »Und beim Müller.«
    »Dann habt Ihr einen weiten Weg hinter Euch - für einen Tag. Ein Grund mehr, hierzubleiben.«
    »Wir werden sehen«, antwortete Tobias ausweichend.
    »Habt Ihr erfahren, was Ihr wissen wolltet?« fragte Theowulf.
    Tobias zögerte. Warum traute er diesem Mann nicht?
    »Ich . . . bin nicht sicher«, antwortete er ausweichend. »Was der Müller mir gezeigt hat, war schlimm. Aber Temser . . .«
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    »Hat das genaue Gegenteil behauptet«, fiel ihm Theowulf ins Wort. »Bresser ist ein Narr, Euch an einem Tag zu diesen beiden Männern zu führen.«
    Tobias sah ihn fragend an.
    »Der Müller haßt Katrin«, erklärte Theowulf. »Und nicht erst, seit sie sein Korn verdorben hat - verzeiht«, korrigierte er sich. »Seit er glaubt, daß sie sein Korn verhext hat.«
    »Warum?«
    »Hat er Euch erzählt, daß er kinderlos geblieben ist, seit sein erster Sohn gestorben ist? Nun, er ging zu Verkolt und ließ sich ein Pulver nach dem anderen mischen, um diesen Makel zu beheben. Und ich habe ihn im Verdacht, daß er zu mehr als einem Quacksalber gelaufen ist. Schließlich wandte er sich in seiner Verzweiflung an Katrin - Ihr wißt, daß sie oft den Kranken auch ohne Lohn geholfen hat?«
    Tobias nickte abermals, und Theowulf zog eine Grimasse.
    Dann lachte er. »Er ist impotent«, sagte er. »Das ist das Geheimnis seiner Kinderlosigkeit.«
    »Und Katrin hat es ... herumerzählt?« fragte Tobias ungläubig.
    »Natürlich nicht«, antwortete Theowulf. »Jedermann
    wußte es. Aber Katrin war die letzte, der er sich anvertraut hat - wie er meinte. Und als auch sie ihm nicht helfen konnte, da begannen die Leute allmählich über ihn zu lachen. Ihr wißt, wie die Leute sind. Und er seinerseits gab ihr die Schuld an seinem Schicksal. Er hätte auch Hexenwerk geschrien, wenn der Sturm seine Mühle zerstört hätte oder ein Hochwasser. Bei Temser verhält es sich anders. Vor drei Jahren stürzte sein ältester Sohn vom Pferd und

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