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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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ausgreifenden Schritten davon. Sofort gaben die anderen Knochenreiter ihren Tieren die Zügel und sprengten hinter ihm her.
    Hätten sie es gewollt, so hätten sie ihn binnen weniger Schritte eingeholt, aber ganz im Gegenteil wuchs Derwalts Vorsprung für einige Augenblicke sogar, ehe die Reiter etwas mehr an Tempo zulegten und wieder aufholten. Jäger und Gejagter waren nur noch Schatten in der düsteren Nacht, als sich das Manöver, das Tobias schon einmal beobachtet hatte, wiederholte und sich die Gruppe der Verfolger teilte.
    Tobias sah, wie Derwalt unter dem Ansturm von zwei
    berittenen Gestalten auf die Knie fiel, ehe die Männer abermals einen Kreis um ihre Beute bildeten. Und auch diesmal griffen sie ihn nicht an. Das Geschehen war schon zu weit von Tobias' Versteck entfernt, als daß er noch Einzelheiten erkennen konnte, aber nach einer Weile begannen sich die Schatten wieder zu bewegen, und er ahnte, daß es Derwalt abermals gelungen war, seinen unheimlichen Verfolgern zu entwischen. Es war ein Spiel. Ein tödliches, unmenschliches Spiel, das sie mit ihm trieben. Die Toten waren aus ihren Gräbern emporgestiegen, um die Lebenden zu jagen, und er, Tobias, der vielleicht der einzige war, der etwas hätte tun können, tat nichts. Er hatte die Hände so fest zusammenge-preßt, daß das Blut aus seinen Fingern gewichen war, und bewegte die Lippen zu einem stummen Gebet, das kein Gebet mehr war, sondern nurmehr aus leeren, bedeutungslosen Worten bestand. Und so blieb er auch noch sitzen, als sich der entsetzliche Schattentanz in der Nacht verloren hatte und er längst wieder allein war.
    Es dauerte fast eine Stunde, bis er die Kraft fand, sein Pferd wieder aus dem Gebüsch am Flußufer herauszuführen und zitternd in den Sattel zu steigen, um nach Buchenfeld zurückzureiten.
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    Auch am darauffolgenden Morgen erwachte er erst Stunden nach Tagesanbruch. Das Zimmer war erfüllt von hellem Sonnenlicht und Wärme, als er die Augen aufschlug. Im allerersten Moment hatte er Schwierigkeiten, sich zurechtzu-finden. Er erinnerte sich kaum, wie er nach Buchenfeld zurückgekommen war. Alles, was zwischen jenen furchtbaren Momenten am Ufer und dem Moment, in dem er in dieses Haus taumelte, passiert war, erschien ihm wie ein böser, sinnloser Alptraum. Er hatte das Pferd erbarmungslos ange-trieben, um dem Irrsinn zu entkommen, der in der Nacht auf ihn lauerte, doch mit jeder Meile war das Entsetzen in ihm größer geworden, und mit jedem Mal, da er sich einzureden versucht hatte, er hätte nichts tun können, war die Überzeugung in ihm gewachsen, daß alles, was am Ufer des Flusses geschehen war, in seine Schuld fiele. Derwalt war vermutlich tot; doch er könnte wahrscheinlich noch leben, hätte er, Tobias, nicht versucht, ihm Geheimnisse zu entlocken, die er nicht preisgeben durfte. Er hatte ihm vertraut, denn er hatte in Tobias nicht einen Mann gesehen, der ihn um Hilfe bat, sondern die Macht der Kirche, die Macht Gottes, die ihn selbst vor jenen entsetzlichen Kreaturen der Hölle beschützen würde.
    Die Verantwortung für Derwalts Schicksal lastete auf Tobias' Gewissen. Und wenn der Tag kam, an dem er dem Herrn gegenübertrat und Zeugnis über sein Leben und Werk ablegen mußte, so würde er auch diese Schuld bekennen müssen.
    Tobias stand auf. Er fühlte sich schmutzig und ver-
    schwitzt, und als er einen Blick auf das Bett herabwarf, in dem er gelegen hatte, sah er, daß das Laken zerwühlt und feucht war. Er fühlte sich keineswegs erfrischt oder ausgeruht, noch immer steckte die Angst ihm in den Knochen, fast noch schlimmer als in der vergangenen Nacht. Er wußte, daß er die schrecklichen Bilder der vergangenen Nacht nie wieder vergessen würde. Und sein eigenes Versa-223
    gen. Denn wozu war er hergekommen? Er, nicht nur ein Geistlicher, nicht nur ein Prediger, sondern ein Inquisitor, der die einzige Macht auf dieser Welt repräsentierte, die der Hölle und ihren Abgesandten Einhalt gebieten konnte. Wozu war er gekommen, wenn nicht, um diese Menschen vor den Abgesandten der Finsternis zu schützen?
    Doch er hatte sie ihnen ausgeliefert.
    Tobias sah ein, daß solcherlei Überlegungen zu nichts führten, und zwang sich mit aller Macht, an praktischere Dinge zu denken. Es hatte keinen Sinn, wenn er sich in Selbstvorwürfen erging. Noch immer konnte er versuchen, Schlimmeres zu verhindern.
    Wie am Tag zuvor hatte Maria auch heute eine Schale mit frischem Wasser neben seinem Bett abgestellt. Er wusch sich

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