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Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Whitley Strieber
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Fakten vor.«
    »Seien Sie still und gehen Sie. Von jetzt an werden sich Ihre Vorgesetzten darum kümmern.«
    »Bedeutet das, es wird einen Ausschuß geben?«
    »Seien Sie still und gehen Sie!«
    Sie gingen, weil selbst Wilson gemerkt hatte, daß die Versammlung beendet war. »Ich gehe nach Hause«, sagte Becky zu ihrem Boß, während sie im Fahrstuhl nach unten fuhren. »Soll ich dich mitnehmen?«
    »Nee. Ich fahr nach Chinatown, was essen. Wir sehen uns morgen.«
    »Bis dann.«
    Soviel für heute. Ein weiterer reizender Tag im Leben einer Polizistin.
    Es herrschte dichter Verkehr, und als sie zu Hause war, hatte sie die Abendnachrichten verpaßt. Einerlei, die Erklärung des Chief würde frühestens um elf gesendet werden.
    Als sie in ihrer kleinen Wohnung in der Upper East Side ankam, stellte sie enttäuscht fest, daß Dick nicht da war. Sie hörte mechanisch den Anrufbeantworter ab. Dicks Stimme sagte, daß er gegen drei Uhr heimkommen würde. Großartig. Eine einsame Nacht wenn man sie am dringendsten brauchte.
    Um elf wurde die lakonische Presseerklärung des Chief ausgestrahlt: - Kohlenmonoxid, wilde Hunde, Ausrottung der Hunde durch die TEG, Fall binnen eines Tages abgeschlossen.
    Den Teufel ist er, dachte sie. Den Teufel ist er.

3
    Diesen Teil seiner täglichen Reise haßte Mike O'Donnell am meisten. Die Straßen hier in der Gegend waren düster, gefährlich und verlassen. Aus Öffnungen in den verfallenen Gebäuden drang der Gestank von Fäulnis und Urin. O'Donnell gefielen die emsigen Menschenmassen ein paar Blocks weiter, aber mit dem Geld, das man als Blinder verdiente, konnte man sich kein Taxi durch diese Gegenden leisten - man mußte zu Fuß gehen. Die Totenstille war im Lauf der Jahre wie ein Krebsgeschwür gewachsen und hatte das lärmende, freundliche Treiben verdrängt, an das sich Mike noch aus Kindertagen erinnerte. Mittlerweile war es fast überall so, abgesehen von dem Block, wo Mike mit seiner Tochter wohnte, und dem Block an der U-Bahn-Haltestelle, zwanzig Minuten zu Fuß entfernt.
    Diese zwanzig Minuten waren stets übel und wurden immer schlimmer. Auf diesem Weg hatte er schon Süchtige, Diebe, Perverse kennengelernt - alle Arten von menschlichem Abfall. Und er hatte überlebt. Er ließ sich von ihnen ausplündern. Was hatte er zu verlieren - ein paar Dollar? Er war nur einmal geschlagen worden, von ein paar Teenagern, eigentlich noch Kindern. Er hatte an ihre Männlichkeit appelliert und sie so beschämt, daß sie ihren Plan aufgegeben hatten, ihn in einem der verlassenen Gebäude zu quälen.
    Mike war zäh und entschlossen. Nach sechzig Jahren als Blinder in der Bronx hatte er gar keine andere Wahl. Er und seine geliebte Tochter lebten von der Fürsorge und der Wohlfahrt. Sie war ein gutes Mädchen mit einem schlechten Geschmack, was Männer betraf. Weiß Gott, diese Art Männer... Sie rochen nach Parfum und Pomade, schlichen wie Katzen durch die Wohnung, hatten Stimmen, die jedes Wort zischelten... Schauspieler, sagte sie. Und sie war Schauspielerin, sagte sie... Er tastete sich mit dem Stock voran und versuchte, nicht an seinen Ärger zu denken, weil er nicht damit nach Hause kommen und einen Streit vom Zaun brechen wollte.
    Dann hörte er ein leises Geräusch, bei dem sich ihm die Nackenhärchen aufstellten. Es schien nicht menschlichen Ursprungs zu sein - aber was sollte es sonst sein? Kein Tier - zu sehr wie eine Stimme, zuwenig für ein Knurren.
    »Ist da jemand?«
    Das Geräusch ertönte erneut, direkt vor ihm und unten. Er spürte die Anwesenheit von etwas. Jemand war da und kauerte offenbar dicht am Boden. »Kann ich Ihnen helfen? Sind Sie verletzt?«
    Etwas glitt über den Gehweg. Das seltsame Geräusch wurde sofort an anderen Stellen aufgegriffen - hinter ihm, in dem verlassenen Gebäude neben ihm, auf der Straße. Eine Andeutung langsamer, kreisender Bewegungen.
    Mike O'Donnell hob den Stock und fing an, ihn vor sich hin und her zu schwingen. Die Reaktion erfolgte sofort; Mike O'Donnell starb so schnell, daß er nur noch Verblüffung empfinden konnte.
    Sie arbeiteten routiniert und zogen den Leichnam in das verlassene Gebäude. Es war ein schwerer, alter Leichnam, aber sie waren fest entschlossen, und sie waren zu sechst. Sie arbeiteten gegen die Zeit, gegen die stete Gefahr, in einem verwundbaren Augenblick entdeckt zu werden.
    Mike O'Donnell hatte nicht begriffen gehabt, wie vollständig diese Gegend in den letzten Jahren verlassen worden war, bis nur noch Junkies und

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