Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
Vom Netzwerk:
Grace uns in einem nicht gekennzeichneten Streifenwagen an den See beförderte.
    „Haha-komisch oder seltsam-komisch?“
    „Definitiv nicht haha“, antwortete ich. „Ein Heulen. Aber es war kein Kojote, zumindest nicht beim ersten Mal. Die Kojoten kamen erst später.“
    „Soll davon irgendetwas Sinn ergeben?“
    Rasch erzählte ich ihr, was letzten Abend passiert war; dabei ließ ich nichts aus, abgesehen von der plötzlichen und überwältigenden Anziehungskraft, die Cartwright auf mich ausgeübt hatte. Dieses Detail war nicht relevant.
    „Könnte ein Hund gewesen sein“, murmelte sie. „Verdammt, wahrscheinlich steckt auch hinter unserem angeblichen Wolf ein Hund.“
    „Wie kommst du darauf?“
    „Lassen wir mal außer Betracht, dass in diesen Bergen schon seit Urzeiten keine Wölfe mehr leben, dann gibt es immer noch keinen einzigen dokumentierten Fall von einer Wolfsattacke auf einen Menschen, ohne dass das Tier am Verhungern, tollwütig oder ein Wolf-Hund-Mischling gewesen wäre.“
    „Hast du dir unsere Trivial-Pursuit-Karten mal wieder vorgeknöpft?“
    „Wozu die Mühe, schließlich warst du ja nicht hier, um dich von mir schlagen zu lassen.“
    „Jetzt bin ich hier.“
    „Du wirst nicht bleiben.“
    Ich runzelte die Stirn. „Warum sagst du das ständig?“
    „Du bist nicht dafür gemacht, in Lake Bluff zu versauern, Claire. Du gehörst in die Fifth Avenue.“
    Ich schaute aus dem Fenster, wo hinter den Bergen die Sonne unterging und rote, orange- und pinkfarbene Streifen auf Gottes Große Blaue Berge malte.
    „Ich mochte die Fifth Avenue nie.“
    „Wirklich nie?“
    „Na ja, vielleicht ganz am Anfang. Ich hab dort ein paar wirklich tolle Schuhe entdeckt.“
    „Schuhe“, schnaubte Grace. „Du bist so ein Mädchen.“
    „Du sagst das, als ob das etwas Schlechtes wäre.“
    „Kann schon sein.“ Sie musterte mich mit einer Mischung aus Sympathie und Verständnis, die mich rätseln ließ, ob sie das Gedankenlesen wohl von ihrer Urgroßmutter geerbt hatte.
    Ich verdrehte im Geist die Augen. Gedankenlesen war ebenso unrealistisch wie Hellseherei und glücklich endende Liebesgeschichten.
    Sekunden später hielten wir vor dem Camp und stiegen aus dem Auto. Die Planwagen wirkten so verlassen wie das Land, das sie umgab. Die Feuerstellen waren mit frischen Kohlen abgedeckt, was auf eine baldige Rückkehr schließen ließ, doch im Moment schien weit und breit keine Menschenseele zu sein.
    „Warte hier, für den Fall, dass jemand zurückkommt“, wies Grace mich an und machte ein paar Schritte auf den Waldrand zu.
    „Und was dann?“
    „Halte sie hin. Ich werde nicht lange brauchen.“
    Bevor ich Einwände erheben konnte, trat sie zwischen zwei Kiefern und verschwand in der zunehmenden Dämmerung.
    Ich war noch keine zwei Minuten allein, als mich die Unruhe packte. Wo waren all die Menschen hingegangen? Wann würden sie zurückkommen? Was würden sie denken, wenn sie mich hier vorfänden? Was würden sie tun?
    Um mich abzulenken, wanderte ich durch das Camp und sah mir die Planwagen an. Mit ihren Darstellungen von Feuer, Mond und Sternen, die die meisten zierten, waren sie wahre Prachtexemplare der Schnitz- und Malkunst.
    Ich erreichte den letzten der kreisförmig angeordneten Wagen. Jenseits davon befanden sich die Tierkäfige, deren Gitter in die andere Richtung zeigten. Vielleicht, damit ihre Insassen den Blick auf einen Wald genießen konnten, den sie nie würden durchstreifen dürfen.
    Während meiner Erkundungstour war die Sonne untergegangen, und auf dem Land lagen nun spinnenbeinartige Schatten. Der westliche Horizont spendete noch genügend Licht, dass es auf der Lichtung nicht vollständig dunkel war, doch das würde sich bald ändern.
    Gleichzeitig gespannt und ein wenig ängstlich, was ich vorfinden würde, hielt ich auf den ersten der Käfige zu.
    „Womöglich Löwen, Tiger und Bären.“ Aber solche Tiere würden sie doch nicht mit auf Wanderschaft nehmen, oder?
    Mit einem erwartungsvollen Kribbeln im Bauch lugte ich um die Ecke.
    Der Käfig war leer.

8
    Genau wie der daneben. Was hatte das zu bedeuten?
    Eine Lücke klaffte zwischen dem zweiten Käfig und dem dritten, der auf den ersten Blick ebenso verlassen wirkte. Ich machte einen zögerlichen Schritt darauf zu, dann wirbelte ich herum, als ich ein Platschen im See hörte.
    Nicht viele Lebewesen konnten ein Platschen im Wasser erzeugen. Fische, die sprangen. Schildkröten, die sich hineinplumpsen ließen. In manchen

Weitere Kostenlose Bücher