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Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Sind Sie verrückt, dieses geistig verwirrte Kind mit einer giftigen Schlange durch die Gegend spazieren zu lassen?“
    „Sie ist weder geistig verwirrt, noch ist sie ein Kind, außerdem wurden der Schlange die Giftzähne schon vor Langem gezogen. Sabina ist eine begabte Beschwörerin, trotzdem wollten wir auf Nummer sicher gehen.“
    „Eine Schlangenbeschwörerin?“, wiederholte Mrs Charlesdown in einer Lautstärke, die einem Schrei gleichkam. „Als Nächstes erzählen Sie uns noch, dass Sie eine fette Dame, zwei Zwerge und einen tätowierten Mann in Ihrer Truppe haben .“
    „Wenn Sie einen Wanderzirkus möchten, haben Sie die falschen Leute angeheuert.“ Sein Blick glitt von der Gattin des Apothekers zu mir. „Ich habe Ihnen gesagt, dass wir nach Art der alten Zigeunerkarawanen auftreten.“
    „Es tut mir leid, aber ich hatte noch nie mit alten Zigeunerkarawanen zu tun. Dies ist mein erstes Mal.“
    „Ihr erstes Mal?“ Sein Lächeln war so anzüglich, dass mir die Röte ins Gesicht schoss.
    Mrs Charlesdown ließ ein Schnauben hören, und ich bedeutete Cartwright, mir nach draußen zu folgen. Auf dem Gehsteig drängten sich noch immer ein paar verbliebene Kunden.
    „Das Problem ist gelöst“, verkündete ich, woraufhin die Leute mit vorsichtigen Blicken in Richtung Sabina einer nach dem anderen wieder hineingingen.
    Das Zigeunermädchen stand einige Schritte entfernt und streichelte mit ihrer intakten Hand die silbrige Mähne eines schneeweißen Pferdes.
    „Sie sind mit dem Pferd hergeritten?“, fragte ich verdutzt.
    Cartwright zog eine Braue hoch. „So was kommt häufig vor.“
    „Ja, im neunzehnten Jahrhundert.“
    „Eine einfachere, bessere Zeit.“
    Wenn man die heutigen Benzinpreise bedachte, hatte er vermutlich recht.
    Ich beobachtete Sabina und das Pferd, das trotz der Kobra die Nüstern an ihr rieb. „Pferde hassen doch Schlangen, oder nicht?“
    Dieses schien sich jedenfalls nicht daran zu stören, dass in seiner unmittelbaren Nähe eine Kobra war. Es schien sie gar nicht zu bemerken.
    „Ich habe Benjamin selbst ausgebildet. Er ist Teil der Show und darf keine Angst vor den anderen Tieren haben, die darin auftreten.“
    „Sie sind Pferdetrainer?“
    „Ja“, bestätigte er. „Und zwar der beste.“
    „Und dazu noch so bescheiden.“
    „Es ist nun mal die Wahrheit. Niemand kann mir bei der Dressur von Pferden das Wasser reichen.“
    „Wie kommt das?“
    Er zögerte so lange, dass ich schon glaubte, er würde nicht antworten. Schließlich richtete er den Blick auf die fernen Berge. „Ich hatte viel Übung. Anfangs bildete ich unsere Zugpferde, die Percherons, aus. Dann ging ich zu den Showpferden über, was Zeit und Geduld erfordert.“
    „Sie trainieren Pferde, und Sabina beschwört die Schlange.“ Ich sah wieder zu dem Mädchen. „Diese hier scheint nicht viel Beschwörung nötig zu haben.“
    „Sabina ist sehr gut im Umgang mit ihnen.“
    „Ihnen?“ Meine Stimme überschlug sich.
    „Denken Sie, dass eine einzige Schlange ein Publikumsmagnet wäre?“
    Über die erforderliche Anzahl hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Meiner Auffassung nach sollte eine Kobra mehr als ausreichend sein.
    „Wie viele genau?“
    „Schwer zu sagen. Sabina gabelt Schlangen auf, wo immer es uns hinverschlägt. Eine Klapperschlange in Texas, eine zweite in New Mexico. Dann war da dieser zahme Python, der für das Haus seines Besitzers in Mississippi zu groß wurde.“
    „Allesamt gefährliche Reptilien.“
    „Welchen Sinn sollte es haben, sie zu beschwören, wenn es gar nichts zu beschwören gäbe?“ Er kam näher und drang, wie am Vorabend Balthazar Monahan, in meine private Zone ein.
    Nur dass ich ihm, anders als bei Balthazar, nicht das Knie in einen empfindlichen Körperteil rammen wollte.
    Cartwright roch wie Wasser im Sonnenlicht, wie regennasse Erde und eine mondbeschienene Nacht. Das plötzliche Bedürfnis, ihm noch näher zu sein, veranlasste mich, einen hastigen Schritt nach hinten zu machen. Ich blickte mich um, aber niemand schien meine plötzliche Schwäche für einen Fremden zu bemerken; alle gingen mit einer Emsigkeit ihren Geschäften nach, die zu besagen schien: Das Festival steht bevor, das Festival steht bevor .
    Auch ich sollte mich an die Arbeit machen. Ich öffnete den Mund, um mich zu verabschieden, doch was mir stattdessen herausrutschte, war: „Warum spricht sie nicht?“
    Cartwrights Blick huschte zu Sabina, die noch immer das Pferd streichelte. „Es ist ihre

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