Wolfsdunkel -7-
Gebieten schlängelten sich Alligatoren durch das Schilf. Aber nicht hier. Im Winter waren diese Berge schneebedeckt. Nicht übermäßig stark, aber ausreichend, um Krokodile fernzuhalten.
Dummerweise hatte das Platschen mehr nach einem Alligator als nach einem Fisch oder einer Schildkröte geklungen. Ich guckte wieder zu den leeren Käfigen. Hatten sich die Zigeuner auf die Suche nach ausgebrochenen Raubtieren gemacht? Würde Grace mehr finden als nur einen Wolf?
Plötzlich bedauerte ich, nicht um ein Funkgerät und in diesem Zusammenhang auch gleich noch um eine Schusswaffe gebeten zu haben.
Vom See magisch angezogen, lief ich an den Quartieren vorbei, bis ich auf der sandigen Anhöhe stand, die zum Ufer führte.
Der Mond war noch nicht aufgegangen, und falls doch, war sein silbriger Schimmer durch die Bäume nicht zu erkennen. Die Wasseroberfläche ähnelte einer schwarzen Glasscheibe.
Dann begann sich der See in der Mitte zu kräuseln; winzige Kreise dehnten sich ringförmig aus und strebten auf das Ufer zu.
Panik erfasste mich, und ich musste mich beherrschen, nicht zurück zum Auto zu rennen und davonzurasen.
„Hör auf!“, ermahnte ich mich. In dem See gab es nichts, das mir etwas tun konnte.
Es sei denn, er beherbergte ein Seeungeheuer.
Dieser Gedanke hätte mich zum Lachen bringen sollen. Die meisten Augenzeugenberichte über derartige Kreaturen hatten sich als Sichtungen von Muskellungen oder Barschen entpuppt, die so riesig waren, als hätten sie auf einer Atommülldeponie das Licht der Welt erblickt.
Aber wie ich da verloren in der Dunkelheit an einem Ort stand, an dem ich nichts zu suchen hatte, konnte ich sehr gut verstehen, warum manche Menschen an Monster glaubten.
Was auch immer das Kräuseln verursacht hatte, brach in diesem Moment durch die Oberfläche. Mindestens einen Meter achtzig lang, glitt es so geschmeidig auf das Ufer zu wie ein Delfin, der seinen scheinbar wirbellosen Körper schlängelnd und rudernd unter einem Sommerhimmel durchs Wasser schnellen ließ.
Das Monster erreichte die seichteren Bereiche und hob sich Zentimeter für Zentimeter aus dem See, bis es zu einem Mann wurde. Wasser strömte über breite Schultern und eine glatte Brust, rann über einen muskelbepackten Bauch und dann tiefer.
Malachi Cartwright hob die Hände und strich sich das feuchte Haar aus den Augen, dabei spannten sich sein Bizepse und sein Waschbrettbauch an.
Ich konnte nicht sprechen, konnte mich nicht rühren, konnte ihn nur anstarren. Es war lange her, seit ich zuletzt einen nackten Mann gesehen hatte, und so einen hatte ich überhaupt noch nie gesehen.
Er legte den Kopf in den Nacken und atmete so tief ein, als wollte er die pure Essenz der Nacht in sich aufsaugen.
Ich kauerte auf der Anhöhe; ohne Mond, Sterne oder eine Straßenbeleuchtung verhüllte mich die Nacht. Reglos und fasziniert beobachtete ich ihn.
Dann tauchte der Mond hinter den Bäumen auf und warf seine Strahlen auf das Wasser. Als sie Cartwright streichelten, seufzte er so beglückt, als wäre er inmitten der Wüste auf eine Oase gestoßen.
Der silberne Glanz brach sich in den Wassertropfen, die noch immer über seine Haut rannen, und verlieh ihnen das Aussehen geschmolzenen Wachses, das von einer schneeweißen Kerze lief.
Ich weiß nicht, wie lange wir dort standen – er im Mondlicht badend, ich ihm dabei zusehend –, aber irgendwann senkte er den Kopf und watete durch das kniehohe Wasser zum Ufer, als er mich plötzlich entdeckte. Nun, da der Mond am Himmel stand, erhellte sein silberner Schein die ganze Lichtung.
Ich war unfähig, etwas anderes zu tun, als in seine dunklen, endlos tiefen Augen zu starren, während er den Strand überquerte, den Hang hochkam … und mich küsste.
Es hätte mich nicht überraschen sollen. Was hatte ich erwartet, nachdem er mich dabei erwischt hatte, wie ich ihn angaffte, während er … badete? Oder schwamm? Irgendein heidnisches Ritual im Mondschein vollzog?
Was auch immer es war, ich hätte ihn nicht beobachten dürfen, aber nachdem ich ihn erst einmal gesehen hatte, hatte ich den Blick nicht mehr abwenden können.
Seine Lippen waren kühl. Feucht und süß nahmen sie die meinen in Besitz. Wassertropfen fielen von seinem Körper und prasselten um uns herum zu Boden, als küssten wir uns in einem Frühlingsregen.
Malachi Cartwright zog die Klammern aus meinen Haaren und vergrub die Hände in ihrer Fülle. Er verstärkte den Druck seiner Finger um meinen Kopf und beugte ihn nach
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