Wolfsdunkel -7-
der Sekunde, bevor sie einrastete, hörte ich ihn murmeln: „Noch nicht.“
Ich packte den Griff, stieß sie auf, verhedderte mich in den Vorhängen und zerrte sie ungeduldig beiseite; ich starrte auf eine leere Terrasse, den verlassenen Garten, den stillen Wald.
Um derart schnell zu verschwinden, hätte Cartwright über das Geländer springen und zwischen die Bäume sprinten müssen. Selbst dann hätte er ein irrsinniges Tempo vorlegen müssen. Wahrscheinlich konnte er es nicht erwarten, von mir wegzukommen.
Ich ging nach drinnen und überprüfte sämtliche Fenster und Türen. Als ich endlich in meinem Zimmer ankam und mein allabendliches Oprah-vom-Kissen-befördern-Ritual hinter mich gebracht hatte, war ich um einiges ruhiger.
Malachi hatte recht gehabt, Nein zu sagen. Ich war noch nicht bereit. Obwohl …
Als ich aus meinen Klamotten schlüpfte und mein Nachthemd überstreifte, ließ ich meine Hände über meine Brüste, dann meine Finger zwischen meine Beine gleiten.
Ich fühlte mich bereit.
Aber mein Körper tickte anders als mein Kopf. Auch wenn ich ihn physisch mehr begehrte als je einen Mann zuvor, sagte mir mein Verstand … ich wusste es nicht genau.
Das Aufwachen fiel mir schwer am nächsten Morgen. Mein Kopf war dumpf, meine Lider wollten sich nicht öffnen lassen; ich fühlte mich benommen und merkwürdig aufgeputscht zugleich.
Als das Duschwasser auf meinen Körper prasselte, wimmerte ich, als ob die Tropfen elektrisch aufgeladen wären. Der Wasserdruck hatte mich nie zuvor gestört – außer wenn er fehlte –, aber heute ging mir der harte Regen durch und durch.
Ich wollte kein Wasser über meine Haut strömen fühlen; ich wollte, dass Malachis Hände über meine Arme, meine Rippen streichelten, sich um meine Brüste wölbten und mit den Daumen meine Brustwarzen liebkosten.
Ich legte den Kopf in den Nacken; die Tropfen hämmerten auf meine Kehle; meine Hände folgten dem Weg meiner Gedanken. Es war schon sehr lange her, dass ich das zuletzt gemacht hatte.
Als meine Haut wieder auf dieselbe Weise prickelte wie in der Nacht zuvor, schob ich die Finger zwischen meine Beine und begann zu Ende zu bringen, was ein bloßer Kuss entfacht hatte.
Die Kombination aus Erinnerungen, dem Prasseln der Dusche und den rhythmischen Bewegungen meiner Hand brachte mich in weniger als einer halben Minute zum Höhepunkt.
Zu meinem Erstaunen trug der selbst verschaffte Orgasmus wenig dazu bei, die Frustration zu lindern, mit der ich aufgewacht war – ein Gefühl, das mich den Tag über einhüllte wie Pig Pens Staubwolke und bewirkte, dass ich gereizt war und viel zu barsch mit den Leuten umsprang, denen ich begegnete.
Das Vollmondfestival wurde um neun Uhr morgens im Rahmen eines kurzen Festakts auf dem Stadtplatz offiziell eröffnet. Ich hatte die Aufgabe, eine Begrüßungsrede zu halten; die Highschool-Band würde „Georgia on My Mind“ spielen. Das Ganze würde in einen Straßenverkauf aller ansässigen Händler übergehen, und am Abend sollte dann die erste Vorstellung der Zigeuner folgen.
Anstelle eines Hosenanzugs oder Kostüms entschied ich mich für ein lindgrünes Kleid, dass mit seiner engen Taille und dem schwingenden, ausladenden Rock, der gerade meine Knie bedeckte, meine Figur hervorragend zur Geltung brachte. Nachdem ich mein Outfit mit den Perlen meiner Großmutter und farblich passenden Pumps aufgepeppt hatte, sah ich aus wie June Cleaver mit Hochsteckfrisur.
Ich hatte meine Rede gerade beendet und unter dem leisen Applaus der circa fünfzig Anwesenden, die sich die Mühe gemacht hatten zu erscheinen, das Podium verlassen, als ein Windstoß unter meinen Rock fuhr und ihn fast bis zur Taille hochwirbelte.
Die warme Luft an meinen nackten Beinen, die Brise, die über den noch immer feuchten Schritt meines Höschens strich, entlockte mir einen leisen Schrei, bei dem sich Erschrecken mit Erregung mischte. Ich schlug die Hände auf den flatternden Stoff und hob den Kopf, um festzustellen, wie viele Menschen die Szene verfolgt hatten.
Glücklicherweise hatte die Band im Anschluss an meine Ansprache sofort den Ray-Charles-Klassiker angestimmt, sodass niemand meinen Aufschrei gehört hatte. Ein paar Zuhörer lächelten angesichts meiner Notlage, aber es war nicht schadenfroh. Jeder hatte in seinem Leben den einen oder anderen peinlichen Moment zu verbuchen.
Dann bemerkte ich einen schwarz-weiß gekleideten Mann, der sich von der Zuschauermenge löste. Selbst ohne das lange dunkle Haar und
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