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Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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verschwinden.“
    „Wie zum Beispiel mein Leben ?“
    „Man weiß nie, wann das Ende bevorsteht. Und das Ende, wie wir es kennen, ist nicht das Ende. Nichts stirbt, ohne wiedergeboren zu werden. Der Tod ist eine Tür.“
    Ich nehme an, das sollte tröstlich sein, nur leider war es das nicht.
    „Der Page der Schwerter.“ Stirnrunzelnd wies Edana mich auf die letzte Karte hin. „Jemand beobachtet Sie.“
    Balthazar und seine Speichellecker vermutlich. Die ließen mich nie in Frieden.
    Sie murmelte etwas auf Romani, das verdächtig nach einem Fluch klang; ich schaute auf. Sie starrte wie hypnotisiert in ihre Kristallkugel. Im Inneren des Glases zirkulierte grauer Rauch, wie Dunst- oder Nebelschwaden.
    „Nicht schon wieder“, entfuhr es mir. Was hatte ich nur seit Neuestem mit Nebel am Hut?
    „Nimm dich in Acht vor dem Teufel … “ Edanas Blick und Stimme waren so dumpf geworden, als wäre sie in Trance. „… der ein Gestaltwandler ist.“
    Ein Gestaltwandler?
    Als ich wieder nach unten schaute, lichtete sich in der Kristallkugel gerade der Nebel. An den Rändern waberten Schemen unterschiedlicher Form und Größe, keiner davon klar genug, um als Mensch oder Tier identifiziert werden zu können.
    Bis dann der schlanke schwarze Wolf im Zentrum der Kugel auftauchte, eine Pfote erhoben, als hätte er eben das Rascheln von etwas Kleinem und Schmackhaftem gehört. Als das Tier seinen gigantischen Kopf zurücklegte, trafen sich unsere Blicke.
    Der Wolf hatte menschliche Augen.

25
    „Was zur Hölle ist das?“
    Meine Stimme war so laut, dass sie Edana aus ihrer Benommenheit riss.
    „Was?“ Sie schüttelte den Kopf, um wieder zu sich zu kommen.
    „Da drinnen.“ Ich deutete mit dem Finger.
    Die Kristallkugel war leer.
    Die Frau blinzelte mich neugierig an. „Sie haben etwas gesehen?“
    „Sie etwa nicht?“
    „Ich … “ Sie brach ab und rieb sich die Augen. „Ich erinnere mich nicht.“
    „Nimm dich in Acht vor dem Teufel, der ein Gestaltwandler ist“, rezitierte ich.
    Ihre Hände sackten nach unten; ihre Brauen schossen in die Höhe. „Das habe ich gesagt?“
    Sie guckte beunruhigt an mir vorbei. Ich folgte ihrem Blick. Hinter mir war nichts.
    „Ja, das haben Sie. Da waren überall diese Schatten; dann ist in der verdammten Kugel ein Wolf aufgetaucht.“ Ich hob die Decke an und guckte unter den Tisch. „Wie haben Sie das gemacht?“
    Unter dem Tisch war nichts außer ihren von einem Rock verhüllten Beinen.
    Auf der Suche nach einer Kamera oder einem Projektor spähte ich zur Decke, dann ging ich zu den Vorhängen und zog sie beiseite. Dahinter befanden sich nur eine Art Strandliege, die schon bessere Zeiten gesehen hatte, sowie ein mit Wasser und Gatorade bestückter Getränkekühler.
    Gatorade?
    Ich kehrte in den vorderen Bereich des Zelts zurück. „Was ist hier los?“
    „Meine Magie erlaubt mir, die Zukunft und die Vergangenheit zu sehen. Ich kann keine Dinge herbeirufen, die nicht existieren.“
    Ich hatte da meine Zweifel. Ebenso wie ich hinsichtlich ihrer hellseherischen Fähigkeiten meine Zweifel hatte. Zuvor war ich überzeugt gewesen, dass sie ein Scharlatan war; nun war ich mir nicht mehr so sicher. Was bedeutete, dass alles, was sie gesagt hatte, der Wahrheit entsprechen konnte.
    „Was wissen Sie über den Wolf in den Bergen?“
    Sie hob die Hände, ließ sie wieder sinken. „Ich weiß nur das, was die Karten, die Handflächen, die Kugel mir erzählen.“
    „Und trotzdem erinnern Sie sich weder an das, was in der Kugel passiert ist, noch an Ihre Worte?“
    „Ich bin eine alte Frau; manchmal erinnere ich mich nicht mal mehr an meinen Namen.“
    Ich kniff die Augen zusammen. Sie log. Aber warum? Wusste sie wirklich nichts? Oder hatte sie Angst? Was auch immer es war, ich glaubte nicht, dass ich weitere Informationen von ihr bekommen würde.
    Diese Leute zu befragen, war wie eine in der Luft schwebende Feder zu fangen. Man konnte unermüdlich danach hangeln, trotzdem würde sie einfach immer weiter knapp außer Reichweite bleiben.
    „Edana?“ Jemand rüttelte an der Zeltklappe. „Ich bringe dir dein Abendessen.“
    Ich öffnete und ließ eine mit einem Tablett beladene junge Frau herein. Ich hatte sie noch nie gesehen. Ihre Haare waren eine interessante Mischung aus Blond und Hellbraun – ein Ton, der wie Spülwasser hätte wirken müssen, im Licht der Öllampe tatsächlich aber dunkelgold schimmerte. Ihre Augen waren hell – mehr grün als blau – und leicht schräg. Je mehr

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